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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bert Saurbier
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Ausdruck bringen, dass man in dem Augenblick, in dem der Abt in die Runde schaute, mit dem Zeigefinger auf seinen Mund deutete. Legte der Abt ebenfalls seinen Finger auf seine Lippen, ergab sich in der Zeit der Mittagsruhe die Gelegenheit zu einem Gespräch in der Zelle des Klostervorstehers.
    Am nächsten Tag saß Bruder Mauritius seinem Chef Dom Domenic gegenüber und berichtete, was er in der Nacht erlebt hatte und welche Bedenken er hegte.
    „Mein lieber Mauritius“, erwiderte der Abt, nachdem er wortlos zugehört hatte. „Kann es nicht sein, dass du dich getäuscht hast? Bedenke die Umstände. Mitten in der Nacht. Deine schwachen Augen ohne Brille. Vielleicht hast du alles nur geträumt?“
    So gar nicht nach Art eines gehorsamen Ordensmannes stand Bruder Mauritius abrupt auf. „Dass ich alt bin, ist mir bekannt. Aber ich bin noch so beisammen, dass ich genau weiß, was ich gesehen habe und was nicht. Ich wollte nur meiner Pflicht nachkommen und dir von meiner nächtlichen Begegnung berichten. Danke für das Gespräch und auf Wiedersehen.“
    Der Abt glaubte nicht an Gespenster. Er wurde immer unsicherer. Jetzt war er es, der anfing zu grübeln. Die Beschreibung der nächtlichen Erscheinung machte ihm zu schaffen. Wenn es keiner seiner Leute war, wer dann? Und was sucht ein vermeintlich Fremder mitten in der Nacht im Klausurbereich? Handelte es sich möglicherweise um einen Einbrecher auf der Suche nach sakralen Wertgegenständen.
    Dom Domenic beschloss, trotz immer noch vorhandener Zweifel an Mauritius‘ Bericht, der Sache mit großer Aufmerksamkeit nachzugehen.
    Er lud umgehend Pater Raimund und Pater Aloisius zu einem Gespräch ein. Beide versprachen, sich um die Sache zu kümmern und ihn auf dem Laufenden zu halten.
    „Mir kam dieser Feldkamp bislang nicht verdächtig vor“, meinte Pater Raimund. „Er wirkt so seriös und sympathisch. Übrigens hat unser Albrecht, wie er das bei allen Gästen zu tun pflegt, ihn auch im Internet überprüft. Es hatten sich keinerlei Auffälligkeiten ergeben. Auch ich selbst habe Herrn Feldkamp beobachtet, soweit sich die Gelegenheit bot. Dabei habe ich mich darüber gewundert, dass unser Gast fast alle im Mönchsschiff stattfindenden Gottesdienste, Andachten, Gesänge und Lesungen von der Empore aus miterlebt hat. Außerdem: Woher sollte ein Firmenchef aus Nürnberg etwas von dem Manuskript erfahren haben? Nein, nein, ich meine, wir sollten die Integrität von Herrn Feldkamp nicht in Frage stellen.“
    „Immer vorausgesetzt“, dachte Pater Aloisius laut nach, „unser alter Bruder Mauritius hat sich geirrt. Aber wer könnte denn überhaupt von den Ausführungen meines Freundes D’Aubert wissen? Das Manuskript haben nur ich und unser Abt gelesen. Der Aachener Bischof und auch der Vatikan wurden ausschließlich mündlich informiert. Nur diese beiden Stellen wissen, dass das Manuskript bei uns aufbewahrt wird. Hinzu kommt, dass das Versteck genial ausgewählt wurde. Niemals mehr wird das gefürchtete Manuskript die Mauer des Klosters ohne unsere Zustimmung verlassen. Oder gibt es irgendwo eine undichte Stelle?“
    „Sollten wir nicht die Kripo einschalten?“
    „Da müsste sich erst der vage Verdacht erhärten. Ich schlage aber vor, nicht in Hektik zu verfallen.“

12
    Pater Jordan hatte in den ersten Tagen völlig unbehelligt seinen nächtlichen und der Orientierung dienenden Streifzügen durch das Kloster nachgehen können. Jedoch erschien ihm die Abtei immer noch wie ein undurchdringliches Labyrinth. Majestätische Mauern, lange Flure, dunkle Ecken, gespenstische Gänge.
    Jetzt wurde es höchste Zeit, die verbleibenden eineinhalb Wochen dem intensiven Aufspüren des Manuskriptversteckes zu widmen. Also galt es, einen Strategieplan zu erstellen, um die anstehende Arbeit mit der zur Verfügung stehenden Zeit in Einklang zu bringen.
    Zu diesem Zweck erstand er im klösterlichen Buchladen einen ‚Führer durch das Kloster und das Leben der Weißen Mönche‘, der einen groben Gebäudegrundriss enthielt, jedoch architektonische Details vermissen ließ. Aber er reichte aus, um einen Neuntageplan zu entwerfen. Er nahm sich von nun an jede Nacht einen begrenzten Klosterbereich vor.
    Der als großes Quadrat an die Klosterkirche angelehnte Kreuzgang war das räumliche Kernstück der gesamten Anlage. Der vor mehreren hundert Jahren im gotischen Stil mit seinen typischen Spitzbögen erbaute Kreuzgang umfasste einen kleinen Innenhof mit einer schlichten parkähnlichen

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