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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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es ist offensichtlich außerordentlich mächtig und gefährlich. Es passt nicht in den Plan.«
    »Das werden wir sehen.« Guskow lächelte und winkte sie vor sich aus dem Raum.
    Natalie holte ihren Vater im Korridor ein. Er blickte sie an und wisperte: »Bobby X ist noch am Leben?«
    »Ich glaube, ja.« Sie spürte, wie seine Finger nach ihrer Hand tasteten und sie zart umfassten.
    »Gut«, sagte er und drückte ihre Finger.
    Auf dem ganzen Weg ins Kontrollzentrum saß ihr ein tiefer Schmerz in der Kehle, und sie musste um Atem kämpfen. Calum hatte nicht gedacht, dass Bobby überleben würde. Und ihr hatte er ebenfalls keine Chance eingeräumt.
     
    Aus dem Flugzeugfenster sah Utah unter dem wolkenlosen Himmel orange aus, weitläufig und öde. In geringer Höhe näherten sie sich dem kleinen Landefeld von Dugway, und Jude betrachtete den dahinrasenden Schatten der Maschine, der immer länger wurde. Als das Fahrwerk den Boden berührte, flitzten zwei Hasen aus der Deckung und rasten springend und hakenschlagend davon. Ihre hektischen Pfoten hinterließen Staubfahnen, die sich im Wind ausbreiteten und dann rasch herabsanken. In der Ferne schimmerten Fata Morganen von Seen. Das Flugzeug schwenkte zur Seite und rollte auf die Baracken am Ende der Piste zu.
    Jude wandte sich unwillkürlich ab und beobachtete Mary, die im Sitz gegenüber die Jacke überzog. Dabei lächelte er unbewusst. Sie war ihm so lang eine solch gute Freundin gewesen, er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie eine verschlagene, schamlose Lügnerin sein sollte. Sein Lächeln verblasste.
    »Woran denkst du gerade?«, fragte sie.
    »Wenn sich herausstellt, dass wir mit diesem Projekt schon zu tun hatten, sagen wir, in Florida … müssten wir doch unser Material dem Projektleiter übergeben und alle anhängigen Untersuchungen einstellen, oder?«
    Mary verzog ihren glänzenden, makellosen Korallenmund zu einem Lächeln, während sie zur Bestätigung die Stirn senkte.
    »Aber wenn es aussieht wie ein internationaler …«
    »Dann können wir die Sache dem Internationalen Ausschluss übergeben«, sagte sie. »Das ziehst du doch wohl nicht ernsthaft in Betracht?«
    »Ich bin sicher, dass dieses Projekt gegen eine ganze Anzahl von Sperrverträgen und Konventionen verstößt, ohne auch nur zu wissen, worum es geht.« Er löste den Sicherheitsgurt und streckte die Beine. Sein Körper fühlte sich alt an.
    »Wir brauchen ein verlässliches Abschreckungsmittel.«
    »Damit ein Vertrag funktioniert, müssen sich beide Seiten daran halten«, entgegnete er. »Wenn die anderen Wind davon bekommen, besteht er noch etwa zwei Sekunden, dann ist Schluss.«
    »Glaubst du ernsthaft, dass andere Länder nicht ebenfalls schon in dieser Richtung geforscht hätten?« Er gähnte. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll.« Sie stieß ihn mit dem Fuß am Schienbein an und legte die Beine gerade. »Warte nur ab.«
    Draußen hatte die Sonne den Morgen in einen Backofen verwandelt. Von jeder Fläche strahlte Hitze ab, und Jude musste in der trockenen Luft husten. Mary und er gingen zwischen den Begleitsoldaten zum Parkplatz, dort stieg die Gruppe in zwei Pkw und fuhr zum Versuchsgelände. Der Übergang von Ofenhitze zu Klimaanlagenkälte kam als Schock, den Jude ebenso sehr verabscheute wie ein Loch im Kopf. Als er ausstieg, zitterte er, und dann, innerhalb von Sekunden, durchquerten sie eine erneute Wand aus Rotglut und gelangten in einen kühlen Raum, der ihm vorkam wie eine Gefriertruhe.
    »Wie wär’s jetzt mit einer Sauna zur Abwechslung?«, murmelte er Mary zu, und sie grinste.
    Trotz seiner Dienstzeit bei der Marineinfanterie hatte Jude das Militärische nie wirklich gemocht; im Moment machten die Formalitäten ihn gereizt. Ihm war, als hätte er ein Jucken im Kopf, doch das lag wohl mehr an seiner Einbildung als am tatsächlichen Ausbreiten von NervePath. Nur half es leider nichts, das zu wissen.
    Das Versuchsgelände umfasste gewaltige vierundsechzig Quadratmeilen. Unbewohnt außer von Eidechsen, Nagern, Hasen und gelegentlich einem Hirsch, testete die USA hier seit über sechzig Jahren biologische und chemische Kampfstoffe. Auf dem Gelände lebten Tiere, die gegen Krankheiten immun waren, welche man hier getestet hatte, darunter Q-Fieber und Pferdeenzephalitis. Dass das Leben sich selbst solchen Umständen angepasst hatte und noch existieren konnte, flößte Jude trotz allem, was Natalie über Guskows Pläne erzählt hatte, ein wenig Hoffnung ein. Nie war alles so

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