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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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aber vergiftet waren von seiner eigenen Schuld und Komplizenschaft, die er jetzt erkannte – und von dem Verrat, den Mary an ihm begangen hatte.
    Er hatte versucht, von seinen Wärtern mehr zu erfahren, doch sie demonstrierten ihm nur zu gern, wie effizient er festgesetzt war, oder erzählten ihm Klatsch über die Einheimischen, die an den Fenstern vorbeigingen. Die Ansässigen glaubten, dass die Gebäude in ihrer Ortschaft, die der Army gehörten, der Ausbildung zur Terrorbekämpfung im Häuserkampf dienten. Jude wunderte sich über die Naivität der Leute.
    Das Geräusch schwerer Motoren verkündete Marys Rückkehr. Jude las gerade einen Flughafenkrimi – sein Verstand war nicht in der Lage, sich auf etwas Anspruchsvolleres zu konzentrieren – und stand bei dem Geräusch auf, um einen Blick aus dem Schlafzimmerfenster zu werfen. Auf der Main Street erblickte er einen Schützenpanzer der Marineinfanterie, mehrere große, lange Laster, die vermutlich Gerät oder womöglich ganze Labors geladen hatten, und schließlich eine Reihe von Personenwagen. Der schwarz-graue BMW hielt an der gleichen Stelle wie beim ersten Mal, vor dem Waschsalon. Mary stieg aus und blickte zum Haus.
    Jude trat vom Fenster zurück. Trotz seiner Schicksalsergebenheit schlug sein Herz schneller, als er hörte, wie der Soldat unten die Tür öffnete und seinem Vorgesetzten Meldung machte. Sie holten Jude und führten ihn zwischen sich aus dem Haus. Die Luft roch frisch; den ganzen Tag hatte es geregnet. Die Wolken brachen gerade erst auf, als Mary ihnen auf dem Asphalt entgegenkam. Diesmal nahm sie die Sonnenbrille ab und sah ihm direkt ins Gesicht.
    Sie blickte nach links und rechts und befahl dem bewaffneten Soldaten: »Verschwinden Sie.«
    Als sie allein am Straßenrand standen, sagte sie: »Ich möchte dir versichern, dass es nichts Persönliches ist. Rein beruflich. Es hieß entweder du oder das Land. Du kamst nicht an erster Stelle.«
    Jude nickte. »Na, das erklärt natürlich einiges.«
    Ihr Gesicht verzerrte sich von einem Schmerz, den sie anscheinend nicht unterdrücken konnte. Sie hob das Kinn, und in dieser Sekunde fing die Sonne sich in ihrem Haar und verlieh ihm die Farbe geschmolzener Bronze. Mary war wunderschön. Jude erinnerte sich, weshalb er sie gemocht, sogar bewundert hatte. Sie war stark und hätte nie zugelassen, dass ihre Ängste oder ihre Gefühle ihr in den Weg gerieten. Das hatte er einmal cool gefunden.
    »Das Projekt ist beendet«, sagte sie und kniff die Augen zusammen, als plötzlich grelles Sonnenlicht durch die Bäume strahlte. »Wir sind hier, um die Anlage zu schließen. Deine Freundin, Doktor Armstrong, ist mit drin.«
    Jude begriff, dass sie vom Projekt Mappa Mundi sprach, und an dem Tonfall, wie sie Natalies Namen aussprach, bemerkte er ihre Eifersucht. Die Situation schien ihm nicht ohne eine Spur von Humor, doch es war nicht von Dauer. Er verstand nicht, was er hier sollte.
    Mary machte eine abgehackte Armbewegung. »Gehen wir.«
    Er ging mit ihr am Imbisslokal an der Ecke vorbei, und über eine Landstraße, die er nicht kannte. In diskretem Abstand folgten ihnen Soldaten. Er bezweifelte nicht, dass jeder Fluchtversuch aussichtslos gewesen wäre.
    »So«, sagte er. »Du hast also für das NSC gearbeitet.«
    Eine Brise spielte mit den Blättern, die Herbstfarben anzunehmen begannen – gelb, kastanienbraun, rot. Wie friedlich es hier ist, dachte er. Ideal für einen Feiertagsausflug.
    »Nicht ganz.« Sie hielt den Blick starr geradeaus.
    »Du weißt doch genau, Em, dass dieses Spielchen nicht zu dir passt.«
    »Nein?«
    »Nein. Ich hab dich mal gut leiden können.«
    »Ehrlich?«
    »Ja.«
    »Und jetzt nicht mehr.«
    »Du hast White Horse ermordet.«
    Sie sagte nichts.
    »Du kaltblütiges Miststück.«
    Sie blieb stehen, fuhr auf dem Absatz zu ihm herum und schlug ihm viel härter auf den Mund, als er ihr je zugetraut hätte. Von dem Schlag flog ihm der Kopf zur Seite, und er musste einen Schritt zurück machen, sonst hätte er das Gleichgewicht verloren. Der Schmerz schoss ihm durch den Kiefer und in die Zähne. Seine Augen brannten.
    Mary sah ihn hasserfüllt an. »Ich habe dich geliebt«, fauchte sie und warf einen befangenen Blick auf die Soldaten hinter ihnen. »Sonst wärst du zehnmal tot gewesen!«
    »Dann danke ich dir sehr.«
    »Hör zu, du Klugscheißer. Ist dir je der Gedanke gekommen, dass mehr auf dem Spiel stand als die verletzten Gefühle deiner verdammten Verwandten?«
    Jude blickte sie

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