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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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an. Seine Augen tränten noch immer von ihrem Schlag.
    »Dieses Verfahren wird unsere Lebensweise auf dem ganzen verdammten Planeten völlig umkrempeln. Es gehört in feste Hände. Hast du mal darüber nachgedacht, oder hast du die ganze Zeit damit verbracht, mich hassen zu lernen?«
    Jude hob den Kopf und blinzelte. »Ich weiß nicht mal, wie ich es anstellen soll, dich zu hassen«, entgegnete er, und das war die Wahrheit. Er war bis ins Mark erschüttert, vom Hals abwärts wie gelähmt.
    Sie nickte und blickte auf die Straße. »Ich wollte nie, dass es so kommt. Das ist das Letzte, was ich wollte. Warum musstest du mit dieser Geheimniskrämerei anfangen? Ich hätte dir geholfen.«
    »Das bezweifle ich«, sagte er.
    Nachdem sie eine Zeit lang marschiert waren, ging die sanft gekrümmte Straße in einen Waldweg über. Sie folgten einer Biegung und fanden sich auf einer Lichtung mit einem abgenutzten alten Haus wieder. Die Laborlaster parkten ordentlich vor der Garage. Mary stieg vor ihm die Klappleiter am Heck eines der Lkw hinauf, und er folgte ihr in den Laborlaster. Kaum sah er die Einzelheiten im Innern, als er eine Idee hatte. Er trat auf Mary zu, fasste ihre Schulter und drehte sie zu sich herum.
    »Nun warte mal. Hier geht es doch vor allem um persönliche Rache, oder nicht?«
    Sie schüttelte seine Hand ab und starrte ihn an.
    »Die Sache ist rein beruflich«, sagte sie und drückte ihn in den Stuhl, der für ihn bestimmt war. »Das ist alles. Du bist ein guter Unterhändler. Wenn du deine Arbeit machst, wird dir und den anderen nichts geschehen.«
    Jude blickte die Techniker hinter ihr an. Die Laborausrüstung genügte den Micromedica-Spezifikationen für die Bio-Sicherheitsstufe 4. Jude hatte einen nahezu ungehinderten Blick in eine der abgetrennten Steuerkabinen; der Mann, der darin stand, bereitete etwas vor, was sehr nach einer Spritze aussah.
    »So.« Jude bemühte sich um Gelassenheit. »Sie haben beschlossen, deine Pläne zur Erlangung der Weltherrschaft doch nicht zu unterstützen. Walt Disney muss sich im Grabe umdrehen.«
    Sie schnaubte herablassen. »Wie in It’s a small world wird das hier nicht, Jude«, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir werden es nur auf diejenigen Menschen anwenden, die am wahrscheinlichsten Probleme bereiten werden. Im Gegensatz zu unserem Russen da drin. Er hat einen Plan für eine völlige Lebensform. Du bekommst eine Chance, ihn danach zu fragen.«
    Jude blickte durch die Tür. Die Soldaten hatten sich draußen mit schussbereiten Waffen aufgestellt. Mary sprach mit dem Techniker im weißen Kittel und trat zur Seite. Sie blickte Jude an, während der Mann näher trat.
    »Es wird nicht wehtun. Jedenfalls nicht lange. Sechsunddreißig Stunden. Du hast die Wahl. Bring sie dazu, alles zu übergeben und zu kooperieren, und jeder lebt glücklich und in Frieden. Versagst du, stirbt jeder Einzelne da drin.«
    Der Techniker rollte Judes Ärmel hoch. Jude starrte die Spritze an. Die farblose Flüssigkeit darin konnte alles Mögliche sein, doch plötzlich glaubte er zu wissen, was es war. Hätte er nicht gesessen, hätten die Beine unter ihm nachgegeben.
    Die Kanüle durchstach seine Haut. Er spürte, wie die Flüssigkeit in seinen Deltamuskel drang, dann war es vorüber, als wäre nichts gewesen.
    »In einer Stunde bist du ansteckend«, sagte sie und blickte ihn mit erhobenem Kinn an, die Finger so heftig um die Arme verkrampft, dass sie sich die Zirkulation abklemmen musste. »Um Mitternacht ist jeder infiziert. Deine Nutzlast wird in zweiunddreißig Stunden freigesetzt, bei den anderen zweiunddreißig Stunden nach Ansteckung. Dir bleiben dann noch höchstens zwei Stunden, um wieder rauszukommen; solange können wir dich dann noch retten. Danach geht nichts mehr.«
    »Was ist die Nutzlast?« Ihm war schwindlig vor Übelkeit. Deliverance. Sie hatte ihn mit Deliverance geimpft. Er war ihre Testperson, ihr Versuchskaninchen. Ohne Zweifel würde es funktionieren.
    »Das Marburg-Virus«, sagte sie tonlos. »Vergeude keine Zeit.«
    Jude zwang sich aufzustehen. Er ging näher zu ihr, während sie dem Verlangen widerstand, zurückzuweichen, bis nur noch ein paar Zoll Abstand ihre Gesichter trennte.
    Er blickte ihr in die klaren blauen Augen und sagte, als sein Atem ihr übers Gesicht streifte: »Es hätte alles ganz anders kommen können.« Es war nur ein Spiel, mehr nicht, und er hatte verloren. Trotzdem bekam er die Befriedigung zu sehen, wie sie zusammenzuckte,

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