Mara und der Feuerbringer Band 2 - Das Todesmal
den Käfig. Erstaunt starrten auch die anderen auf das Mädchen hinter den knöchernen Gittern, das da mit einem Stab auf sie zielte.
Ihr gurgelt gleich noch viel mehr, dachte Mara und drückte das untere Ende des Stabes gegen den Holzboden. Mit dem anderen Ende zielte sie durch die Gitterstäbe und ließ ihrer Wut freien Lauf.
Ein armdicker Wasserstrahl schoss aus dem Stab und er traf überallhin, nur nicht auf ihre Angreifer. Dafür verwandelte Mara ihr Gefängnis in eine Nasszelle und der Wasserdruck ließ sie durch den Raum tanzen, als würde sie mit einem wild gewordenen Feuerwehrschlauch kämpfen.
Frustriert biss Mara die Zähne zusammen und stoppte das Wasser für einen Moment. Patschnass rappelte sie sich auf und zwang sich zu einem festen Stand. Gleichzeitig drückte sie sich mit dem Rücken gegen die Gitterstäbe, um nicht umzufallen. Die Wächter aber hatten Maras Moment der Schwäche sofort erkannt und blitzschnell reagiert. Schon standen sie an der Zellentür, einer zückte den Schlüssel und zwei andere ihre Schwerter. Der vierte stand direkt an den Gitterstäben und hob seinen Speer zum Wurf. Mara ließ sich in die Hocke fallen und der Speer schlug krachend an der Stelle ein, wo eben noch ihr Brustkorb gewesen war.
Sie musste allen Mut zusammennehmen, um sich jetzt nicht einfach zitternd in einer Ecke zusammenzurollen. Stattdessen verkantete sie den Stab zwischen zwei dicken Bodendielen.
Bitte wer-immer-der-mir-immer-diese-Kraft-ein-und-ausschaltet, jetzt nicht abschalten!, schrie Mara innerlich, während sie das Ende des Stabes auf die sich öffnende Zellentür schwenkte. Kaum hatte der vorderste Fischmann ihr Gefängnis betreten, ließ sie dem Wasser wieder freien Lauf. Im nächsten Moment war von den Wachen nichts mehr zu sehen außer dem großen Schlüsselbund und den Waffen, die scheppernd zu Boden fielen. Deren Besitzer vermischten sich mit allem, was nicht niet- und nagelfest war, in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes unter Maras eisigem Wasserstrahl.
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit ließ Mara das Wasser versiegen und wagte es, die Augen zu öffnen. Der Raum war völlig verwüstet. Außerdem zeigten dunkle Verfärbungen in den Bodenbrettern ganz genau, wo Mara gestanden und Wasser gezogen hatte. Sie fühlte sich bei dem Anblick irgendwie an eine Tanzanleitung erinnert, es fehlten eigentlich nur noch die Nummern und eine Anweisung, mit welchem Fuß man anfangen sollte. Mara verdrängte die Frage nach der richtigen Musik schneller, als sie ihr in den Sinn gekommen war, und atmete einmal ganz tief durch.
Dann erst trat sie aus der offenen Käfigtür und näherte sich mit gezücktem Stab dem Sperrmüllhaufen in der Ecke. Dieser beinhaltete unter anderem vier verdatterte Fischwesen, die Mara stumm mit ihren kleinen Augen verfolgten. »Ich vermute mal, ihr versteht mich nicht, oder?«, fragte Mara.
Die Wächter schüttelten eilig den Kopf.
»Aha, aber das habt ihr schon verstanden?«
Die vier sahen sich kurz an und einer machte ein Geräusch, das genauso gut ein leiser Fluch hätte sein können. War es wohl auch.
»Gut, nachdem wir das geklärt haben, möchte ich wissen, wie ich meinen Begleiter da hinten wieder heilen kann von dem Fischgift, und zwa r … «
Mara stockte, als sie eine Veränderung bemerkte. Einer der vier hatte doch gerade hinter sie gesehen, oder?
Nicht noch einmal der gleiche Trick!
Sie fuhr herum, den Stab im Anschlag, und vor ihr stand tatsächlich ein weiterer Wächter. Er trug eine Rüstung aus dickem Leder und in der Hand hatte er einen verzierten Speer, der fast so dick war wie Maras Arm. Wie konnte sie auch nur so dämlich sein, anzunehmen, dass ihre kleine private Sturmflut hier unten lange unbemerkt bleiben würde. Verdammt!
Sofort schickte Mara ihm einen besonders dicken Schwall Wasser mitten ins Gesich t … oder hatte es zumindest vor. Denn gleichzeitig spürte sie, dass ihre Gabe sie ausgerechnet jetzt kurz vor dem Sieg im Stich ließ.
Nein, nicht jetzt, bitte, bitte nicht jetzt, bettelte Mara innerlich, während der Wächter wütend zischte und mit seinem Speer zu einem geraden Stoß ausholte.
Okay, das war’s, dachte Mara, mir fällt nix mehr ein. Tut mir leid, Mama, tut mir leid, Herr Professor, Loki, Weltuntergang und all e … ich hab’s versucht. Mist.
Wie schockgefroren stand Mara mitten im Raum des Kerkers von Nóatún und bewegte sich keinen Zentimeter. Es war aus und alles, was sie jetzt noch tun konnt e – schreien, betteln,
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