Mara und der Feuerbringer Band 2 - Das Todesmal

dass er wohl absichtlich so aussah wie ein besonders schlechtes Graffiti.
    Aber dann hätten die sich doch jemanden geholt, der so was kann, überlegte sie dann. Nein, wer auch immer diesen Schriftzug da oben in dunkelroter Farbe hingesprüht hatte, war bei der Benutzung von Spraydosen wohl nie über das Umlackieren von Mülltonnen hinausgekommen.
    Außerdem machte es für dieses Museum wohl kaum Sinn, sich selbst über den Eingang zu sprühen:

    »Ich habe ja schon viele Geschichten über diesen Streit gehört, aber das ist wirklich eine ganz neue Qualität«, sagte der Professor gerade und schüttelte ungläubig den Kopf.
    Offensichtlich sahen das die versammelten Reporter und Fotografen genauso, denn die Schmiererei über dem Eingang wurde von allen möglichen Seiten und Perspektiven fotografiert, gefilmt und kommentiert.
    Da plötzlich ging ein Raunen durch die Menge und steigerte sich schnell zu hektischem Gelärme: Die Glastür öffnete sich und drei Personen traten vor die Presse.
    Ah, die Bundeskanzlerin, die Queen und der Kaiser von China, dachte Mara amüsiert.
    Zumindest verhielten sich die Reporter so, drängten auf die zwei Frauen und den Mann zu und riefen dabei wild durcheinander.
    Da bemerkte Mara, dass die Frau mit den kurzen Haaren und der Brille zu ihnen herübersah und verwundert die Augenbrauen hochzog. Sieht ja überhaupt nicht aus wie Mama, überlegte Mara und fragte sich kurz, ob das jetzt irgendwas zu bedeuten hatte.
    Der Professor winkte nett zurück. »Das ist meine Exfrau, Dr. Warnatzsch-Abra, und die Dame daneben ist die Pressefrau des Museums, Frau Rösler. Der große Mann mit dem grauen Bart ist der Museumsleiter, Dr. Janssen.«
    »Ok, und was ist hier los?«, fragte Mara. »Ist was passiert?«
    »Ach nein, ich denke, es geht mal wieder um das, um was es meistens geht.«
    »Um was geht es denn meistens?«
    Doch statt einer Antwort winkte der Professor Mara nur näher an die Reporter heran, sodass sie hören konnte, um was es ging.
    »Herr Dr. Janssen, war Varus also doch not here, wie viele Kritiker nach wie vor behaupten?«, rief gerade ein besonders lauter Reporter nach vorn und streckte sein kleines Aufnahmegerät dem Museumsleiter direkt unter die Nase.
    Der rümpfte selbige und antwortete dann in einem sachlichen Tonfall: »Zunächst einmal möchte ich sagen, dass wir das Beschmieren von Gebäuden nicht für die adäquate Form einer wissenschaftlichen Diskussion halten. Und lassen Sie mich eins in aller Deutlichkeit sagen: Schmierereien wie diese ändern nichts an den zahlreichen Indizien für die Theorie, dass hier Überreste der Varusschl…«
    »Indizien!«, rief eine Reporterin laut dazwischen. »Aber keine Beweise!« Einige in der Gruppe pflichteten ihr lautstark bei.
    Die Pressesprecherin des Museums ergriff das Wort. Ihr war anzumerken, dass sie diese Diskussion nicht zum ersten Mal führte: »Die Archäologie ist eine Wissenschaft der Indizien. Und die Chance, zweitausend Jahre nach einer Schlacht handfeste Beweise auszugraben, ist gering.«
    »Also schmücken Sie dieses Museum mit dem Namen ›Varusschlacht im Osnabrücker Land‹, obwohl Sie keinerlei Beweise haben?«
    Der Museumsleiter Janssen war um Fassung bemüht, als er antwortete: »Niemand schmückt sich hier mit irgendetwas, noch geschah die Namensfindung leichtfertig. Seit zweiundzwanzig Jahren wird hier gegraben und bisher lassen sich die Funde am besten mit der Varusschlacht in Einklang bringen. Wir haben eine Wallanlage nachgewiesen, wie sie bei den Geschichtsschreibern erwähnt wird, ebenso Massengräber für Legionäre. Wir konnten außerdem nachweisen, dass die Leichen vorher eine lange Zeit oberirdisch gelegen hatten. Hinzu kommen Münzfunde mit dem Stempel des Varus un d … «
    Dr. Janssen verstummte, als sich der Kombi-Mann mit einem Kameramann im Schlepptau nach vorn drängelte. »Karl-Heinz Hering von TV NRW, Tag, das kennen wir ja alles, vielen Dank. Aber Frau Dr. Wanasch-Arba, Sie haben selbs t … «
    »Warna tz sch-A br a«, korrigierte diese den Mann trocken, doch der ging gar nicht darauf ein und redete einfach weiter: »Sie haben selbst bestätigt, dass die Kalkriese-Theorie nur eine von siebenhundert Theorien ist, wo die Varusschlacht stattgefunden haben könnte.«
    Stille kehrte ein und alle warteten auf die Antwort der archäologischen Leiterin. Frau Dr. Warnatzsch-Abra sah den Typ mit hochgezogenen Augenbrauen an, sagte aber nichts. Schließlich schnaufte der genervt. »Wollen Sie mir nicht