Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
Katastrophe! Am Ende der Welt! Und das nur, weil ich … «
»Mara Lorbeer!«, unterbrach sie der Professor scharf. »Du wirst jetzt bitte nicht auf Loge und seinen durchschaubaren Plan hereinfallen! Er will doch nur, dass du das denkst!«
»Ganz genau«, pflichtete Steffi ihm bei. »Er sagt, dass du schuld bist an allem, weil du dich ihm entgegenstellst bei seinen göttlichen Eroberungsplänen? Also bitte, das ist einfach nur widerlich.«
»Außerdem habe ich ein paar Dinge gesehen, die so unmöglich eintreten können«, ergänzte der Professor. »Zum Beispiel diese Aschewolken. Also bitte, das sah ja aus wie eine kommende Eiszeit. Dafür müsste der Feuerbubi schon einen Vulkan zünden oder einen Meteoriteneinschlag inszenieren. Er wollte dich erschrecken, Mara, um dich aufzuhalten. Aber den Gefallen werden wir ihm nicht tun, oder?«
Mara überlegte. Es war einfach, so zu argumentieren und alles, was die beiden sagten, klang auch vernünftig. Aber sie selbst hatte die Gesichter der verzweifelten Menschen gesehen, ihre Hände gespürt, die zu allem bereit gewesen wären, wenn nur dieser Horror ein Ende hätte.
Sie wendete sich schweigend ab und trat alleine durch das große Tor in die Parkanlage. Sofort spürte sie, wie sie ruhiger wurde. Die symmetrischen Wege, die akkuraten Hecken … all das strahlte eine Art stille Ordnung aus, die ihr deutlich zeigte, dass die Herrschaft des Feuerbringers noch nicht angebrochen war. Vielleicht hatte er wirklich nur geblufft? Mara hoffte es sehr.
»Lass uns doch einmal kurz hier im Kreis laufen, und du erzählst uns, was wir noch nicht wissen. Es könnte sonst sein, dass ich demnächst vor Neugier platze, und dann will es wieder niemand gewesen sein«, hörte sie den Professor hinter sich, und Mara nickte. Natürlich, das war ja längst überfällig! Die beiden wussten ja noch gar nichts von … und von … ach du liebe Zeit!
»Boah, wo fang ich denn da an«, stöhnte Mara und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Sie entschloss sich allerdings recht schnell, einfach am Anfang anzufangen, und als sie einmal in Fahrt war, rasselte sie alles herunter, als hätte sie ein Referat auswendig gelernt. Als es um Thumelicus ging, hatte sie sofort einen dicken Kloß im Hals, der dann auch die ganze Zeit über dort blieb. Mara tat ihr Bestes, um das Ding im Hals herum zu sprechen, aber es wollte nicht so recht gelingen. Schließlich blieb sie stehen und fing an zu weinen. »Tut … tut mir leid«, schniefte sie. »Hat wer ein Taschentuch, bitte?«
»Dir muss gar nichts leid tun, uns tut es leid, dass wir es nicht verhindern konnten«, sagte Steffi sanft, und der Professor reichte Mara ein Papiertaschentuch. »Hier, kaum gebraucht, da oben links ist noch Platz.«
Mara musste grinsen und war ihm dankbar für die kleine Aufheiterung. Darin war der Professor wirklich einsame Spitze.
Als sie mit ihrem Bericht geendet hatte, waren sie auch wieder am alten Hofgartentor angekommen. Sie blieben im Schatten des Torflügels stehen und sahen auf den Odeonsplatz. Direkt vor ihnen auf der anderen Seite leuchtete das ungewöhnliche Gelb der Theatinerkirche zu ihnen herüber. Links davon und senkrecht dazu prangte die Feldherrnhalle mit ihren Denkmälern von Feldherrn, Soldaten und Löwen. Mara lehnte sich gegen die Mauer und stützte die Hände auf ihren Stab.
»Da hat sich unser Freund Dr. Riese ja wirklich einen geschichtsträchtigen Ort ausgesucht«, murmelte der Professor.
»Warum?«, fragte Mara, die das Bauwerk irgendwie seltsam fand. Es sah auch gar nicht aus wie eine Halle, vielmehr wie eine überdachte Steinbühne, und die Denkmäler waren die Schauspieler.
»Ludwig der Erste hat diese sogenannte Loggia zu Ehren des Bayerischen Heeres erbauen lassen, neunzehntes Jahrhundert muss das wohl gewesen sein, aber die genaue Jahreszahl weiß ich nicht«, antwortete der Professor. »Dieses Ding hat vor allem dadurch zweifelhafte Berühmtheit erlangt, weil Adolf Hitler hier 1923, während eines Putschversuchs, durch die bayerische Polizei gestoppt und verhaftet wurde. Das hat er dann später zu einer Art heldenhaften Niederlage aufgebauscht, und es wurde sogar eine Gedenktafel aufgehängt, die jeder mit dem Hitlergruß grüßen musste, wenn er daran vorbeiging.«
Mara sah den Professor verwundert an. »Was sollten die grüßen? Eine Gedenktafel ?«
»Ganz genau.«
»Und die Leute haben das gemacht?« Mara war fassungslos. So lange war das mit dem Dritten Reich doch noch gar nicht her, oder?
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