Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
»In jedem Fall bedeutet es, dass mit Argumenten hier im Moment wenig zu machen ist, Herr Doktor Riese.«
»Ich denke, Sie liegen auch hier falsch«, antwortete dieser scheinbar völlig entspannt und deutete auf die Tafel, wo Maras Mutter zusammen mit Steffi und den anderen Teilnehmerinnen schlief. »Es sei denn, ihr wollt, dass sie alle niemals mehr aufwachen und hier an diesem Tisch ganz elendig verenden.«
Er lachte bösartig und schlug mit einer abfälligen Handbewegung den Stab vor seinem Kehlkopf weg. Bevor Mara blindwütig zustoßen konnte, hatte der Professor bereits den Stab mit beiden Händen gepackt und rief: »MARA! STOPP!«
»Hör auf ihn, bitte! Oh bitte«, rief die verzweifelte Mädchenstimme in ihren Gedanken und Mara bemerkte, dass das Mädchen weinte. Es weinte um seine Mutter, die da neben ihr am Tisch lag.
Mara zog an dem Stab, aber längst nicht mit der ihr zur Verfügung stehenden Kraft. Durch den roten Schleier über ihren Augen sah sie kaum etwas. Aber als sie sich umdrehte, blickte sie direkt in die sorgenvollen braunen Augen von Professor Weissinger.
Es kostet Mara weit mehr Kraft, den Griff um den Stab zu lockern, als sie vorhin gebraucht hatte, um die schwere Tür aus den Angeln zu reißen. Sie atmete hörbar, und immer wieder wanden sich Geräusche aus ihrer Kehle, die man am ehesten mit »wutschnaubend« beschreiben konnte. Trotzdem schaffte sie es, sich wenigstens so weit zu beruhigen, dass ihr der Professor den Stab aus den Händen nehmen konnte.
»Erstaunlich, ganz erstaunlich dieses Mädchen«, sagte Thurisaz. »Schade, dass wir Gegner sein müssen. Aber so ist das nun mal.«
»Also, was haben Sie mit den Leuten hier getan?«, fragte der Professor.
Die beiden Polizisten waren inzwischen neben ihn getreten, und Frau Gassner schien sich den Umständen entsprechend im Griff zu haben. »Antworten Sie«, befahl sie und sah Thurisaz auffordernd an.
»Ach, wie soll ich das erklären?«, antwortete der und grinste wieder so breit, dass Mara sich am liebsten in seinem Gesicht verbissen hätte. »Ich sag’s mal so: Ihre Seelen befinden sich an einem Ort, der euch bekannt vorkommen dürfte. Ein Tipp: Ist ziemlich warm da.«
»In Loges Vulkan. Die Seelen sind Gefangene des Feuerbringers. So wie Lokis Frau Sigyn es war«, murmelte Professor Weissinger leise.
Du verdammte Mistfliege!, dachte Mara und funkelte Thurisaz wütend an.
»Was? In wem seinem was? Und welche Seelen?«, fragte Frau Gassner genervt dazwischen, doch keiner antwortete ihr.
Die Angst um Mama drang tief in Maras Seele ein, breitete sich aus wie eine Flutwelle und drängte den blindwütigen Zorn aus ihren Gedanken zurück. Sie spürte auch, wie sich die Vernunft wieder leise schimpfend in ihr aufrappelte und ihren Platz in Maras Gehirn einnahm.
»Und was wollen Sie jetzt von uns?«, sprach der Professor nun leise.
»Um ehrlich zu sein, das weiß ich noch gar nicht so genau«, gab Thurisaz seltsam überdreht zurück. »Im Moment genügt mir, dass ich euch in der Hand habe. Und jetzt können wir zusammen ein hübsches Brainstorming machen, wie wir mit der Situation verfahren. Setzt euch doch bitte.«
Thurisaz deutete auf die freien Plätze zwischen den Schlafenden an dem Tisch vor sich und wartete.
»Was soll das! Wir sind nicht für einen verdammten Stuhlkreis hergekommen, sondern um einen Fall aufzuklären!«, schimpfte Frau Gassner los.
Thurisaz sah sie kurz an. Dann zeigte er nachlässig mit dem Zeigefinger auf ihren Kollegen.
»Mir is warm«, stöhnte der plötzlich und nestelte an dem Reißverschluss seiner Lederjacke. »Aba wia warm scho…«
Kaum hatte er sie geöffnet, schrie er auf wie am Spieß, und auch alle anderen erschraken, als plötzlich Flammen aus seiner Jacke emporschlugen!
Der arme Mann warf sich zu Boden und wälzte sich in Panik, doch das Feuer ließ sich nicht löschen! Seine Kollegin hatte blitzschnell die Uniformjacke ausgezogen, und wollte sich gerade bücken, um die Flammen damit zu ersticken, doch da traf Kornbichel schon ein großer Schwall eiskaltes Wasser aus Maras Stab. Sie hatte ihn dem Professor aus den Händen gerissen und dann das Wasser aus dem Boden emporgeholt. Sie war erschrocken, wie schwer es ihr im Gegensatz zu sonst fiel, den Strom nicht abreißen zu lassen, schaffte es aber doch, die Flammen restlos zu löschen.
Der arme Polizist hatte bereits schwere Verbrennungen davongetragen. Stöhnend lag er auf dem Boden und zitterte vor Schmerz.
»Nur zu, nur zu.
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