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Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Krappweis
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ein Referat halten musste, bekam sie oft nicht einmal einen zusammenhängenden Satz heraus. Und jetzt hatte sie so schnell gesprochen, dass ihr Mund kaum den Worten hinterhergekommen war.
    Sie schaute den Professor an.
    Sein Gesichtsausdruck hatte sich inzwischen geändert. Das Sofakissen war verschwunden. An dessen Stelle war der skeptische Blick eines Wissenschaftlers getreten, der gerade etwas aus dem Boden ausgegraben hat und nun überprüft, ob es sich um einen Römerhelm oder eine Coladose handelt. Mit einem Gefühl wachsender Unruhe stellte Mara fest, dass die Tendenz in Richtung Coladose ging.
    »Nun gut, dann fangen wir doch mal an«, sagte der Professor etwas zu plötzlich, griff nach einem Buch, blätterte darin, fand, was er gesucht hatte, drehte sich wieder zu Mara herum und sprach in bestem Wissenschaftler-Tonfall: »Ein Haarknoten, sagst du? Bitte beschreib ihn genauer!«
    »Na ja, wie ein Haarknoten eben aussieht. Nur halt über dem Ohr. Und aus einem Zopf gemacht.« Sie überlegte. »Es sah aus, als hätte er einen Zopf geflochten und dann einen richtigen Knoten reingemacht. Zumindest war da kein Haargummi oder eine Spange. Das Ganze hielt irgendwie von alleine direkt über dem Ohr.«
    Der Professor blickte in sein Buch und flüsterte etwas. Mara war sich nicht sicher, ob sie es richtig verstanden hatte.
    »
Schwedenknoten
?«, fragte sie.
    Der Professor blickte auf. »Wie? Nein, nicht
Schweden
, sondern
Sueben
. Su-e-ben-knoten. Der sieht so aus.«
    Nun hielt ihr der Professor die Fotografie eines Totenschädels mit rostroten Haaren entgegen, die tatsächlich exakt so geknotet waren wie die von Loki.
    »Ja, genauso hat es ausgesehen, aber was ist denn ein
Sueben
?«, wollte Mara wissen.
    »
Suebe
, ohne ›n‹. Nun, der hier auf dem Bild ist zum Beispiel einer«, antwortete der Professor. »Oder das, was von ihm übrig geblieben ist, nachdem ihm Mitte des ersten Jahrhunderts nach Christus der Schädel eingeschlagen wurde, man ihn danach auch noch geköpft und anschließend im Moor versenkt hat. Die Säuren im Moor haben ihn aber konserviert wie eine ägyptische Mumie und darum trägt der Schädel noch seine Haare. Und ein Suebenknoten ist, wie der Name schon sagt, der Haarknoten, den man nach der germanischen Stammesgruppe der
Sueben
oder
Sweben
benannt hat. Von ihnen leitet sich auch der Name des Volkstammes der
Schwaben
ab.«
    Mara begann, auf einem kleinen Zettel herumzumalen, und hoffte, dass Professor Weissinger so vielleicht bemerken würde, dass sie im Moment nur begrenzt an schwäbischen Volksstämmen interessiert war. Doch der sprach einfach weiter: »Die Sueben werden zum ersten Mal vor mehr als 2000 Jahren vom römischen Kaiser Julius Cäsar schriftlich erwähnt. Den kennst du vielleicht aus den Asterix-Comics. Wir nehmen heute an, dass auch andere Stämme solch einen Knoten getragen haben, aber ein römischer Historiker mit Namen Tacitus hat diese Art der Haartracht vor allem im Zusammenhang mit den Sueben im Jahr 98 nach Christus beschrieben.«
    Okay, dachte Mara. Das hört sich doch alles schon mal ziemlichalt und lange her an. Passt doch irgendwie ganz gut zu einem germanischen Gott, oder?
    Doch da fuhr der Professor seufzend fort: »Es tut mir also leid, dir sagen zu müssen, was das für deinen Traum bedeutet, Mara Lorbeer. Wenn du wirklich einen Mann mit einem
Suebenknoten
gesehen hast, dann war das ganz sicher nicht der alte Loki.«
    Mara hatte plötzlich das Gefühl, als würden die Bücherstapel über ihr zusammenstürzen. Ihr Herz schlug pochend hinauf bis in den Hals.
    »Das kann nicht sein!«, platzte es aus ihr heraus. Es klang gepresst, weil die Worte durch den gleichen Hals nach draußen mussten, der von ihrem wild klopfenden Herzen verstopft war. »Der Mann war Loki, und wenn der komische Dutt so heißt, wie Sie sagen, dann hatte Loki den am Kopf! Weil es Loki war! Auf einem ollen Steg auf einem blöden Fluss! Mit einem doofen Fischernetz! Und mit mir daneben!«
    Mara war verzweifelt. Wütend. Auf den Professor. Ging es ihm etwa darum, ihr zu beweisen, dass sie nicht recht hatte? Was war denn das für ein Wissenschaftler, wenn er alles erst mal kaputtreden musste? Doch Mara war nicht die Einzige, die die Geduld verlor.
    »An dieser Stelle scheint uns die Diskussion wohl ein wenig zu entgleiten, und du vergreifst dich auch im Ton, wenn ich das mal sagen darf!«, fuhr der Professor sie an. »Ich kann nichts dafür, wenn du Dinge träumst, die nicht dem Stand der

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