Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Krappweis
Vom Netzwerk:
Teil ihres Gehirns beschäftigte sich mit der Aufschrift www.von-denen-man-spricht.de. Sie konnte nicht verhindern, darüber nachzudenken, dass diese Werbetafel ja wohl eher deswegen hier angebracht war, weil man-eben-nicht-von-denen-sprach, legte diese Erkenntnis aber sofort in einem Bereich ihres Gedächtnisses ab, der zum Löschen freigegeben war.
    Nun war ihr Gehirn wieder zu hundert Prozent mit Grübeln beschäftigt. Na hurra.
    Was jetzt? Sollte sie weiter im Internet wühlen? Das Angebot war so verwirrend riesig gewesen, dass sie kaum wusste, wo sie noch überall hätte hinklicken können. Und woher sollte sie wissen, ob der Verfasser einer Seite, auf der sie dann zufällig gelandet war, auch wirklich Ahnung von der Sache hatte? Am Ende war er vielleicht bloß einer von den Leuten, die Mamas Wicca-Gruppe irgendwelchen Schrott andrehten. Oder vielleicht hatte er einfach nur Freude daran, seinen Namen über irgendeinem Text in Großbuchstaben zu sehen.
    Wie wäre es denn stattdessen mit Büchern? Gute Idee, aberwelches? Und vor einer Sache hatte sie besonders Angst: Was, wenn sich ihre Erlebnisse noch in vielen anderen Punkten vom Stand der Wissenschaft unterschieden? Was würde das bringen, außer dass sie noch unsicherer wurde?
    Oder sollte sie vielleicht doch mit Mama drüber reden? Nein, bloß nicht. Das würde unabsehbare Konsequenzen haben.
    Kurz erschien ihr die Idee, einfach noch mal ans Isarhochufer zu fahren und dort mit den Zweigen auf dem Baum zu reden, ziemlich clever. Doch sie verwarf den Gedanken schnell wieder. Der Zweig hatte kein bisschen mehr gewusst, als man ihm aufgetragen hatte. Also wussten andere Zweige eher noch weniger. Wenn sie überhaupt mit ihr sprachen.
    Oh Mann!, dachte Mara. Jetzt wär ich doch fast freiwillig da hingefahren und hätte mich unter einen Baum gestellt! Wenn Mama das wüsste. Und Papa erst. Der würde nicht nur nie mehr anrufen, sondern wahrscheinlich auch gleich noch seine Handynummer wechseln.
    Da drang eine Stimme wie aus weiter Ferne an ihr Ohr: »Fahrkartenkontrolle, bitte die Fahrausweise vorzeigen.« Und in diesem Moment wurde Mara klar, dass sie vergessen hatte, eine neue Fahrkarte zu kaufen. Mist!
    Da stand der Kontrolleur auch schon vor ihr. In seiner grauen Windjacke und mit dem Täschchen über der Schulter. Das Gesicht bestand zum überwiegenden Teil aus Schnurrbart. Darüber blickten zwei müde Augen durch den Waggon.
    Neben Mara saß eine ältere Dame und ihr gegenüber lümmelte ein etwa 16-jähriger Typ. Die Frau war in typisch grau-beige-braunen Oma-Sachen gekleidet und ihr eben noch so sparsamer Blick wandte sich gerade nach innen vor den großen Gehirnschrank mit der Aufschrift
Gedächtnis A–K
. Ganz offensichtlich überlegte sie, wo sie ihre Fahrkarte hingesteckt hatte. Der Typ gegenüber war das wandelnde Gegenteil: Er trug eine abgewetzte Lederjacke mit vielen Aufnähern,ein auffallend dickes Piercing im linken Nasenflügel, eine schrill-bunte Punkfrisur und dazu tiefere Augenringe als Bernd das Brot. Ganz anders als die Frau, die bereits hektisch in ihrer Handtasche wühlte, blieb der Typ völlig ruhig und streckte dem Kontrolleur einfach seine Monatskarte entgegen. Dieser quittierte die Gültigkeit mit einem Nicken. Mit seinem müden Blick wandte er sich dann der älteren Dame zu. Die hatte inzwischen begonnen, ihre Tasche neben Mara auf dem Sitz auszuräumen und dabei nervös zu brabbeln.
    Und Mara hatte eine Idee: »Moment, ich mache Ihnen Platz«, sagte sie und stand von der Bank auf. Dabei stupste sie mit der rechten Hand so aus Versehen, wie sie nur absichtlich konnte, das weinrote Brillenetui an, das die Frau als Letztes aus der Handtasche geräumt hatte. Es rutschte vom Sitz und kullerte zwischen den Füßen des Kontrolleurs hindurch auf die andere Seite des Wagens.
    »Oh, entschuldigen Sie bitte!«, flötete Mara so kleinmädchenhaft wie möglich und quetschte sich an dem Kontrolleur vorbei, scheinbar um das Etui wiederzuholen. Der ließ sie durch, achtete aber nicht weiter auf sie. Er war vorrangig daran interessiert, ob die Dame nun doch noch eine Fahrkarte finden würde oder nicht. Im Moment nuschelte die etwas von »
noch nie
schwarz gefahren« und »
noch nie
passiert«. Und während sie weiter vor sich hin noch-niete, blätterte sie in den Fächern eines sehr großen, schwarzen Geldbeutels durch diverse Banknoten, Quittungen, Park- und Abholscheine des letzten Jahrzehnts. Wie es schien, führte diese Frau sämtliche Belege

Weitere Kostenlose Bücher