Mara und der Feuerbringer
dass damals keiner an ihn geglaubt hat. Es heißt eigentlich nur, dass man noch keinen Stein gefunden hat! Oder dass der Fischer keine Lust hatte aufs Steinritzen! Genau das war meine Schlussfolgerung, und ich finde es toll, dass Sie Ihnen
so gut gefallen hat, Herr Professor
.«
Mit einem breiten Grinsen sah sie Professor Weissinger an. Der aber nickte nur betont professoral und ließ sich nichts anmerken. Okay,
fast
nichts. Denn als Mama kurz nicht hinsah, warf er Mara einen Blick zu, der in etwa so was bedeutete wie »Komm
du
mir nach Hause …«
Maras Mutter allerdings war einfach nur erstaunt: »Ja, das ist … ich verstehe, worauf du … Aber woher weißt du denn das alles, Mara?«
Jetzt war es an dem Professor, eine Erklärung zu finden: »Nun, offensichtlich hat sie in den Stunden, die meine Kollegen und ich an der Schule im Rahmen des 2000-jährigen Jubiläums der Varusschlachtüber die Germanen, ihr Leben und ihre Mythologie gegeben haben, sehr gut aufgepasst und sich noch ein bisschen informiert, äh, in der Schu…«
»In der Stadtbücherei«, ergänzte Mara, bevor der Professor
Schulbibliothek
sagen konnte, von der Mama wusste, dass es die nicht gab, weil Mara das vor einiger Zeit als schlagendes Argument für einen eigenen Büchereiausweis angeführt hatte. Und »Internet« sollte er natürlich genauso wenig sagen, denn dann wäre Mamas nächste Frage gewesen, wie oft sie dafür denn bitteschön das Notebook benutzt hatte, ohne um Erlaubnis zu fragen!
»Nun denn, ich möchte nicht länger stören«, sagte der Professor. »Aber ich würde mich freuen, Mara, wenn du vielleicht morgen so ab 14 Uhr die Zeit finden würdest, dir deine Urkunde abzuholen. Bevor … bevor sie … kalt wird. Haha!«
»Hahaha«, machte Mara und stellte fest, dass Professor Weissinger ein deutlich besserer Schauspieler war als sie selbst. Sein Lachen hatte im Gegensatz zu ihrem richtig echt geklungen!
Der Professor schüttelte Mama die Hand, beglückwünschte sie noch einmal zu ihrer wirklich ganz famosen Tochter, was diese ganz sicher nur von ihrer charmanten Mutter haben könne!
Örks!, dachte Mara. Was’n plumper Spruch! Seltsamerweise schien Mama das aber anders zu sehen. Sie lächelte Professor Weissinger so freundlich an, dass Mara irritiert zwischen den beiden hin und her blickte, um zu glauben, was sie da sah!
Endlich löste sich der Professor von Mamas Hand, winkte Mara zum Abschied und warf ihr einen letzten verschwörerischen Blick zu. Dann schloss sich die Tür.
»Also, was für ein …
netter
Mann!«, sagte Mama und lächelte komisch.
»Deswegen muss er ja nicht gleich hier einziehen!«, blökte Mara.Autsch! Sofort verschwand das Lächeln von Mamas Gesicht und Mara tat es leid. Aber gesagt war gesagt und es war nun mal nicht zu ändern.
Stille trat ein.
Plötzlich hörten die beiden ein dumpfes Klopfen, das von nebenan zu kommen schien. Ganz leise war auch die Stimme von Nachbar Dahnberger zu hören. Mara verstand irgendetwas von »Ruhestörung« und »Hausverwaltung«.
Dann wandte sie sich wieder ihrer Mutter zu.
»Aber über den Preis … also, da bist du doch schon … überrascht, oder?«, fragte sie, um das Klopfen und den Nachhall ihrer blöden Bemerkung zu übertönen.
»Allerdings, Mara«, antwortete Mama. »Ich bin vor allem sehr überrascht, dass du dich ausgerechnet für den germanischen Feuergott Loge interessierst.«
Jetzt war es an Mara, überrascht zu sein. Wieso Loge und nicht Loki? Und wieso Feuergott?!
»Äh, wieso … woher …?«, stammelte sie.
»Nun ja«, setzte Mama an, und Mara entging nicht der ungewöhnlich stolze Unterton, als sie sagte: »Ich weiß eben auch ein paar Dinge. Gute Nacht, mein Schatz.«
Und mit diesen Worten ließ sie ihre verdutzte Tochter alleine, um sich ihrer allabendlichen Powercrystal™-Meditation zuzuwenden …
Auch am nächsten Tag musste Mara wieder in die Schule – was ihr zwischen all diesen Abenteuern irgendwie seltsam normal vorkam. Als Mara in die U-Bahn Richtung Sendlinger Tor einstieg, fragte sie sich sogar für einen Moment, was sich eigentlich realer anfühlte: der Ritt auf dem Seeungeheuer oder eine Stunde Sozialkunde bei HerrnKaiser. Auf seine ganz eigene Weise war wohl beides irgendwie seltsam.
Der vergangene Abend ging Mara einfach nicht mehr aus dem Kopf. Professor Weissinger hatte sie nach ihrem verkorksten Treffen in der Uni besucht. Und er wollte sie dringend noch einmal sprechen! Das konnte doch nur eines bedeuten: Der
Weitere Kostenlose Bücher