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Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Krappweis
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wieder mal im hinterletzten Eckchen gelandet, wo man nur hinkam, wenn man sich besonders weit streckte. Da! Mara griff eisern zu, zerrte die Empfindung nach vorne ins Licht ihrer Sinne und zog sie vor sich auseinander wie eine Rolle Backpapier. Sie bemerkte erstaunt, wie viel Kraft sie das alles kostete, und trotzdem holte sie noch mehr Energie aus ihrem Inneren, um auch den Professor mit einzuschließen.
    Los jetzt!, dachte sie grimmig, wühlte sich förmlich in das Bild vor ihrem geistigen Auge, und endlich spürte sie, wie ihre Beine nachgaben.
    Sie hörte noch ein Poltern, das vermutlich auf die ebenso weichen Knie des Professors zurückzuführen war, und dann wurde sie von der ersten freiwillig herbeigeführten Vision ihres Lebens vollständig überwältigt.

Kapitel 12

    S alz. Es war überall in der Luft. Man konnte es riechen und schmecken. Außerdem war da dieses unbestimmte Gefühl von Geschwindigkeit. Mara öffnete die Augen und sah sich um. Das Kunstwerk in ihrer Hand war verschwunden. Dafür blickte sie auf eine Mauer. Nein, keine Mauer. Sie hob ihren Blick.
    Vor ihr erstreckte sich eine gigantische Rolle aus Tau, so groß wie ein Häuserblock. Die Rolle war aus einem Seil gewickelt, das dicker war als ein Güterzug. Kein Zweifel, das hier war nicht mehr das Büro des Professors …
    Gleichzeitig bemerkte Mara, dass sie nicht mehr seine Hand festhielt. Erschrocken drehte sie sich um: Mit einer Mischung aus Erleichterung und Schrecken sah sie Professor Weissinger auf dem Holzboden liegen und beugte sich zu ihm herunter. Doch dem Professor schien es den Umständen entsprechend gut zu gehen. Er war nur so über alle Maßen überwältigt von dem, was ihn umgab, dass er es eben vorzog, noch eine Weile auf dem Hosenboden sitzen zu bleiben. So konnte er auch den Teil seines Gehirns, der sonst damit beschäftigt gewesen wäre, seinen Körper auf zwei Beinen zu balancieren, dafür verwenden, völlig baff in die Gegend zu starren.
    Mara unterdrückte den Impuls, dem Professor ein triumphierendes »Na, was sagen Sie jetzt?« entgegenzurufen. Stattdessen fandder Professor nun seine Sprache wieder. Er stieß allerdings nur ein einziges Wort hervor und es lautete: »Fuß!«
    Gleichzeitig sprang er auf, riss Mara hoch und zerrte sie stolpernd ein paar Meter über den unebenen Holzboden. Zwischen den Armen des Professors hindurch erhaschte Mara einen Blick auf das, was ihn zu dieser Reaktion genötigt hatte: Ein wahrhaft riesiger, lederumwickelter Fuß schälte sich wie in Zeitlupe aus dem Nebel und setzte im nächsten Moment donnernd neben ihnen auf!
    Die Erschütterung warf sie hart mit dem Rücken gegen die unterste Schlinge des Seils. »Wir müssen sofort hier weg! Los!«, rief der Professor und Mara widersprach ihm nicht. Wenn der Fußbesitzer noch einen weiteren Schritt zurückmachte, würden sie nicht mehr ausweichen können. Mara folgte dem Professor, der auf eine Stelle rechts neben der Taurolle deutete. Dort war eine Art Stoff wie ein Zelt vom Boden aus nach oben in den Himmel gespannt.
    Mara versuchte, all die Eindrücke mit dem kleinen Schiffchen aus Ton in Einklang zu bringen, das sie eben noch in der Hand gehalten hatte: Der gigantische Fuß, der sie beide gerade fast zerquetscht hatte, konnte nur dem geheimnisvollen Mann am Bug gehören. Dessen Rest verlor sich irgendwo hoch oben im Nebel. Sie ahnte, dass der Riese gerade das Seil durch seine Finger laufen ließ, da sich das Tau neben ihnen mit einem grollenden Knarzen abrollte.
    Der Professor half Mara auf das grob gewebte Stoffdach, das sich wie eine Sanddüne vor ihnen vom Boden abhob. Als sie darauf ein paar Meter schwankend bergauf gestolpert waren, erkannten sie schließlich, um was es sich handelte: Es musste so etwas sein wie ein Mantel oder ein Umhang, den einer der beiden Insassen des Bootes offenbar abgelegt hatte. Gegen Ende wurde der Aufstieg immer steiler, aber die Falten im Stoff erstreckten sich vor ihnen wie riesige Hohlwege. So konnten sie die Steigung bezwingen, als wären es schleifenförmige Serpentinen an einem Berg.
    Mara hatte das Gefühl, dass sie mindestens eine Viertelstunde schweigend geklettert sein mussten, als sie endlich die Kante erreicht hatten und der Professor ihnen beiden zum ersten Mal gestattete, Atem zu schöpfen. Hier oben blies der Sturm deutlich stärker und Mara spürte, dass dies der Fahrwind war, dem sie unten am Boden des Kahns nicht so ausgesetzt gewesen waren. Dafür war hier die Wahrscheinlichkeit,

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