Mara und der Feuerbringer
Professors. Gott sei Dank reagierte Siegfried sofort und wendete sich umgehend von Sigyn ab, was diese mit einem leisen Seufzer quittierte.
Ein scharfer Pfiff auf den Fingern genügte und der Hengst ignorierte alle Steuerungsversuche von Professor Weissinger. Mit weit ausgreifenden Hufen galoppierte Grani nun auf Siegfried zu.
Mara schrie auf, als sie erkannte, dass es trotzdem zu spät war. Lindwurm und Feuergott stürzten bereits aufeinander zu und würden jeden Moment mit der Wucht von Güterzügen zusammenprallen!
Mara musste die beiden noch irgendwie voneinander abhalten! Kaum hatte sie eine Idee, konzentrierte sie sich auch schon darauf, und kaum hatte sie sich konzentriert, hatte sie auch schon ein Fenster zu einem anderen Ort geöffnet – und zwar mitten in der Luft zwischen den beiden Gegnern!
Erschöpft knickte Mara ein, sank auf die Knie und atmete flach die stickige, heiße Luft des Vulkans. Sie würde das Fenster ein paar Sekunden offen halten können, doch dann hätte sie ihren gesamten Akku verbraucht. Und sie wusste nicht, wie sie alle jemals wieder hier wegbringen konnte.
Aber für den Moment hatte sie erreicht, was sie wollte: Fafnir und Loge hatten ihre Angriffe gestoppt, denn das, was sie da vor sich schweben sahen, war ihnen gänzlich unbekannt und wirkte auch nicht so, als könne man einfach hindurchlaufen: Eine U-Bahn der Münchner Verkehrsbetriebe fuhr in Zeitlupe zwischen ihnen hindurch und die beiden Giganten starrten mit verständnislosem Blick auf das fremde, schlangenhafte Ding, in dem lauter kleine Menschen standen, die sich nicht zu bewegen schienen.
Siegfrieds Hengst hatte den armen Professor endlich aus der Gefahrenzone gebracht und Mara schloss erleichtert das Fenster. Die U-Bahn mit all ihren Insassen verschwand.
Mara schloss erschöpft die Augen und sackte vollends auf dem warmen Gestein zusammen. Sie hoffte sehr, dass die Fahrgäste nichts von alldem mitbekommen hatten. Wohl kaum, denn dieser Moment hatte in ihrer Welt wohl nicht länger als einen Sekundenbruchteil gedauert.
Mara spürte, wie ihr jemand half, sich wieder aufzurichten, aber ihre Augenlider waren so schwer wie Blei. Es kostete Mara sehr viel Kraft, sie auch nur einen Spalt zu öffnen …
Die beiden mächtigen Kontrahenten hatten ihre Überraschung über die seltsame Erscheinung anscheinend ebenso schnell verdrängt,wie in ihnen die Wut aufeinander wieder hochgekocht war. Auf den Anblick, der sich Mara und den anderen jetzt bot, war keiner vorbereitet. Und wie auch …
Der Feuerbringer war einfach auf den Lindwurm zugelaufen und hatte sich nicht um die Klauen und das schnappende Maul gekümmert – beides war völlig ungehindert durch seinen Flammenkörper hindurchgeglitten. Nun trat Loge in aller Ruhe neben das Monster, legte die brennenden Arme um dessen Hals und drückte mit aller Kraft zu. An den Stellen, wo die flackernden Arme sich um den Lindwurm gelegt hatten, dampfte und zischte es. Das Monster kreischte vor Schmerz und schlug immer panischer um sich, was auf Loge nicht mehr Effekt hatte als ein kurzer Windstoß in einem Lagerfeuer! Dafür lachte der Feuerbringer dröhnend, drückte immer weiter zu und man konnte zusehen, wie sich die Flammen durch die empfindlichen Stellen an der Unterseite des Lindwurms fraßen, wo er nicht durch seine Schuppen geschützt war.
»Danke für die Hilfe, Mara Lorbeer. Hätte nicht im Traum gedacht, dass ich noch früh genug da wegkomme«, murmelte plötzlich der Professor neben ihr und legte den Arm um sie.
»Ich wäre echt froh, wenn das nur ein Traum wäre«, antwortete Mara und lehnte sich erschöpft an seine Seite.
Siegfried hatte zwar sein Schwert gezogen, aber auch er wusste nicht, was er tun sollte, außer diesen Kampf der Giganten zu verfolgen. Dann sprach er in seinem volltönenden Bariton, ohne den Blick von den Kämpfenden zu lassen: »Des viures bringer wird dem wurm obsiegen.«
»Unser edler Reck’ hat recht, der Feuerbringer wird siegen. Das Vieh hat keine Chance«, übersetzte der Professor.
Mara hatte so etwas schon befürchtet. Insgeheim hatte sie allerdings gehofft, dass der Lindwurm den Feuerbringer irgendwiebezwingen würde, und dann, na ja, Siegfried war ja schließlich ein Drachentöter …
Sigyn nickte traurig. »Wie vermag ein Schlangerich oder irgendein Wesen, sei es noch so mächtig, etwas zu vernichten, das nur aus Feuer besteht?«
»Ich will dich ja nicht unter Druck setzen, Mara, aber das wäre vielleicht der geeignete Moment, um
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