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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Meerkatz.« Walde bog um die Ecke des Palais Walderdorff auf den Hauptmarkt und wich einem Touristen mit dunkelblauer Kappe aus, der die Kamera um den Hals und eine Fototasche über der Schulter trug.
    »Wie wär’s mit einem Kaffee?«
    »Keine Zeit.« Walde machte einen Bogen um eine Verkäuferin, die vor einem Laden eine Markise herauskurbelte.
    »Übrigens müssen Marie und ich uns seit drei Wochen den gleichen Basslauf anhören.«
    Walde hatte Philipp, Jos Sohn, zu Weihnachten einen Elektrobass und einen Gutschein über zehn Unterrichtsstunden geschenkt, den er persönlich einlösen wollte. Seit etlichen Wochen war der Unterricht nun schon überfällig.
    »Dafür habe ich leider auch keine Zeit.«
    Vor ihnen, auf der Simeonstraße, wurde eine Menschenmenge sichtbar, die in mehreren Reihen die gesamte Straßenseite einnahm.
    Sie drängten sich durch die hinteren Reihen der Hälse reckenden Leute, bis sie an ein Absperrband gelangten. Ein Polizist versuchte es anzuheben. Vergeblich. Die Umstehenden hielten sich daran fest. Walde, Grabbe und Jo blieb nichts anderes übrig, als darunter durchzuklettern.
    »Da vorn unter den Arkaden steht ein Koffer mit einer Bombe drin«, klärte Walde seinen Freund auf, als sie durch die gespenstisch leere Hauptgeschäftsstraße auf das Kaufhaus zugingen. »Kennst du dich mit so was aus?«
    »Ach, ja.« Jo schaute auf seinen linken Unterarm, als befände sich dort eine Uhr. »Ich hab’ noch einen Termin, lasst euch nicht stören.«
    Als Walde den Säulengang vor dem Kaufhaus erreichte, war Jo schon aus dem Gefahrenbereich. Auch Grabbe war in gebührendem Abstand stehen geblieben.
    Ein großer, grauer Hartschalenkoffer stand muttergottseelenallein neben der Eingangstür des Kaufhauses. Das sah nicht nach Schusseligkeit aus.
     
    Gleich um die Ecke standen zwei Krankenwagen, dahinter eine Ansammlung von Polizeiwagen, Sanitätern und Polizisten. In einem Polizeibus war eine provisorische Einsatzleitung eingerichtet worden. Dorthin wurden Walde und Grabbe von ihrem Kollegen Meier gelotst. Neben Funkgeräten, Aschern und Kaffeebechern lag auf dem kleinen Tisch eine aufgerissene Tüte mit Bagels.
    »Greift zu, die sind vom Laden nebenan gestiftet worden.« Meier, wie immer mit einer Zigarette im Mundwinkel, wies auf das Gebäck. »Die Spezialisten vom LKA aus Mainz sind unterwegs.« Er zuckte mit den Schultern. »Mir blieb nichts anderes übrig, als auf Nummer sicher zu gehen. Wenn da TNT drin ist, dann sieht’s hier aus wie nach dem Krieg.«
    »Das ist schon das zweite Mal innerhalb von acht Tagen«, stellte Grabbe fest.
    »Am Bahnhof war die Tasche kleiner. Da haben die Typen vom LKA ein Bündel Wäsche herausgeholt.« Meier grinste. »Ein ganz schöner Aufwand, so was. Wir mussten nicht nur das Kaufhaus sperren, sondern auch alle Geschäfte, Büros und Arztpraxen im Umkreis von hundert Metern.«
    *
    Im Palastgarten schaute Ben auf seine Uhr. In zehn Minuten wurden die Kaiserthermen, die Überreste einer ehemaligen römischen Badeanlage, geöffnet. Er setzte sich am Rand der großen Rasenfläche auf eine Bank mit freiem Blick auf die Silhouette der Rundbögen der Kaiserthermen und das Kurfürstliche Palais. Der Wind frischte auf und blies von der hohen Fontäne Gischt über die Wiese. Auf der Bank nebenan ließen drei Jugendliche eine Zigarette kreisen. Nach den Taschen zu urteilen waren es Schulschwänzer. Die Luft roch nach Marihuana. Sobald das Tor aufgesperrt wurde, erhob sich Ben, schlenderte zum Kassenhäuschen und zahlte den Eintritt. Auf die Frage nach einem Prospekt der Anlage bekam er vom Pförtner die Antwort, dass sie in einem Raum lägen, zu dem er leider keinen Schlüssel habe. Ben hatte bereits registriert, dass das schmiedeeiserne Tor vor dem Kassenhäuschen mit etwa einmeterzwanzig zum zwei Meter hohen Maschendrahtzaun leicht zu überwinden wäre, wenn er heute Nacht wiederkäme.
    Er schritt das oberirdische Gelände ab. Das mit dem Schild ’Caldarium’ bezeichnete Warmbad hatte noch auf einer Seite Mauern aufzuweisen. Vom Frigidarium ragten lediglich ein paar Steine aus den Fundamenten.
    Ben nahm die Treppe zur Unterwelt. Das weitgehend erhalten gebliebene Tunnelsystem unter der einstmals riesigen Anlage war zu dem Zweck angelegt worden, dass die Sklaven hier unten, getrennt von den Besuchern, die Heizungen unterhalten konnten. Ein Teil diente wohl dem Abfluss des Wassers.
    Ben kramte nach der Taschenlampe. Er hatte sie vergessen. Die Decken waren viel höher, als

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