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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Sohn von deinem Freund Jo, dieser Graffitikünstler, der die Decke in Annikas Zimmer bemalt hat?«
    »Hm?«
    »Jetzt stell’ dich nicht dumm, meinst du, ich hätte die Unterschrift, oder wie die Sprayer dazu sagen, diesen Tag, nicht erkannt?«
    Walde entgegnete nichts.
    Gabi kam in Rage: »Aber etwas von falschem Corpsgeist tönen, wenn die Kollegen wegen eines unverschuldeten Unfalls in der Klemme sitzen.«
    »Philipp ist in Ordnung …«
    »Ah ja? Und Harry wird mit einem anderen Maß gemessen?«
    »Quatsch, können wir wieder zum Thema kommen?« Walde blickte demonstrativ auf seine Uhr. Es war die schwarze Sportuhr, die er eigentlich nur zum Laufen trug.
    »Was wollte der brave Junge von seinem Freund und Helfer?«
    Walde erzählte ihr von dem Treffen. Den Bassunterricht ließ er weg.
    Gabi legte die Stirn in Falten: »Komisch, bei Robert stellt ihr die gelöschten Bilder wieder her und hier …«
    »Das gibt’s doch gar nicht«, Walde schlug sich an die Stirn. »Manchmal ist man blockiert. Ich guck’ mal, wo Grabbe steckt.« Er griff zum Telefon und legte es gleich wieder zurück.
    »Ich hab’ die Karte ja gar nicht.«
    *
    Gabi ließ bereits ihren Roadster an, als Walde am Wagen vorbei zu seinem Volvo ging.
    »He, was soll das?«, maulte Gabi, als sie in Waldes Wagen zustieg.
    »Ein Unfall für diese Woche reicht mir.« Walde fuhr aus dem Hof des Polizeipräsidiums. Er schaffte es gerade noch, vor dem heranzockelnden Bimmelbähnchen, vollbesetzt mit Touristen, auf die Straße zu kommen.
    »Was ist denn das?«
    »Eine gelbe Ampel«, Walde bremste ab.
    »Nee, das da«, Gabi tippte auf das Display in der Mitte des Armaturenbretts.
    »Händel im Deutschlandradio.«
    »Hast du nichts anderes?«
    Walde stellte auf CD um. Die Ampel schaltete auf Grün. Der Wagen fuhr langsam an.
    Gabi kramte eine Weile in ihrer Handtasche, während die kurz aufeinander folgenden Ampeln Grün zeigten.
    »Und was soll das?« Gabi deutete erneut auf das Armaturenbrett.
    »Das ist die neueste CD von Prince.«
    »Sag mal, das klingt ja wie, wie …«
    »Zappa! Findest du nicht auch, gerade dieser Titel könnte von ihm sein?«
    »Der bei dir auf dem Klo sitzt … ich meine hängt, der auf dem Poster?«
    »Genau.«
    »Ich bin dir total egal«, sagte Gabi.
    »Was hat das jetzt mit Frank Zappa zu tun?«
    Gabi starrte stumm geradeaus, während Walde mit fünfzig Stundenkilometern durch Pallien fuhr und dahinter die vorgeschriebenen siebzig in Richtung Biewer ebenso einhielt.
    Im Stadtteil Biewer fuhr Walde nicht mehr als vierzig. An der abschüssigen Straße neben dem Schulzentrum Mäusheckerweg, an dem Walde den Wagen auf knapp dreißig Stundenkilometer drosselte, brach Gabi ihr Schweigen: »Das ist wieder typisch für dich.«
    »Hier sind jede Menge Kinder. Vielleicht ist Annika später eine von ihnen. Auf jeden Fall wird sie nie in ein Internat gesteckt …«
    »Ich hab’ nicht deine wie auch immer geartete kaputte Kindheit gemeint.« Gabi klappte ihre Handtasche zu. »Du bist auch nicht anders.«
    »Anders als wer?«
    »Als die anderen.«
    »Welche anderen?«
    »Die anderen Männer.«
    Walde seufzte. Er verstand nicht, was Gabi wollte. Schweigend fuhren sie unter einem Tunnel aus dicht aufeinander folgenden Bahnunterführungen hindurch. Walde hatte keine Lust auf eine Diskussion über die Ungerechtigkeit an sich und die Männer im Besonderen, zumal seine Kollegin Gabi lange Jahre bei der Sitte nicht immer rühmliche Erfahrungen beim männlichen Geschlecht hatte sammeln können.
    Vor Philipps Haus war das Tor zur Hofeinfahrt wie immer offen. Walde parkte an der Stelle, wo sonst Maries Kangoo stand. Nachdem er zum dritten Mal den schweren Ring des Türklopfers betätigt hatte, wurde die Haustür geöffnet.
    »Onkel Waldemar?«, rief Philipp. Unter den zu Berge stehenden Haaren waren seine Augen nur schmale Schlitze. Er trug ein selbst ihm bis zu den Knien reichendes, mit Autogrammen versehenes Basketballtrikot der TBB.
    Walde war sofort hellhörig geworden. Mit Onkel hatte ihn sein Patenkind Philipp noch nie angeredet. Wollte er jemanden auf den Besuch aufmerksam machen?
    Walde versuchte locker zu wirken: »Hallo, Philipp, ich war gerade in der Gegend. Sind deine Eltern zu Hause?«
    »Nöh«, damit stapfte er die knarrende Holztreppe hoch. Walde folgte ihm.
    »Haben sie gesagt, wann sie wiederkommen?« Walde verkniff es sich, danach zu fragen, warum sein Patenkind nicht in der Schule war. Wenn sich dieser Lutz noch im Haus befand, hörte

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