Marathon Mosel
ja spannend«, war sein Kommentar, als Walde ihm in wenigen Worten erklärte, warum er ihn um Hilfe gebeten hatte.
Walde und der Museumsmann gingen voraus, dicht gefolgt von Grabbe, Gabi und Harry, die große Stablampen dabei hatten. Ihre Schuhe klapperten auf den Stufen aus Metallrosten, die abwärts in das kühle Labyrinth der ehemaligen Versorgungsgänge führten. Zelig führte sie zielstrebig durch einen langen Gang, der nur spärlich von in weiten Abständen an der Decke angebrachten Glühbirnen beleuchtet wurde. Kinderstimmen hallten zwischen den Mauern. Ein älteres Paar kam ihnen entgegen. Die Frau trug einen aufgeschlagenen Führer in der Hand, obwohl in dem schwachen Licht kaum etwas zu entziffern war.
Der Schein der Taschenlampen pendelte vom Boden zu den Wänden. An einem Mauervorsprung wurde es so eng, dass sie hintereinander gehen mussten. Der Stollen machte eine Biegung, und sie standen vor einem den Gang versperrenden, bis zur Decke reichenden Gitter.
Zelig nahm einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche.
»Einen Augenblick bitte«, bat Walde.
»Darf ich?« Er ließ sich den passenden Schlüssel reichen, um das Schloss vorsichtig zu öffnen. »Vielleicht sind hier verwertbare Fingerabdrücke.«
»Ich ruf’ die SpuSi«, ließ sich Grabbe vernehmen. »Ich bleib’ hier und weise die Kollegen ein.« Das Kindergeschrei wurde lauter. Grabbe deutete hinter sich: »Und halte die da ab.«
Dr. Zelig ging in dem schmalen Stollen voran. Die vier waren ab jetzt allein auf das Licht ihrer Taschenlampen angewiesen. Sie bewegten sich im Gänsemarsch. Ihre Schatten eilten ihnen an den Wänden voraus.
»Hier kommt eine Biegung um neunzig Grad«, sagte der Museumsmann. »Ab jetzt geht es schnurgerade Richtung Westen.«
»Und wohin?«, fragte Walde.
»Zum Forum und letztlich …«, Zelig blieb stehen, ohne seine Hinterleute zu warnen, die aufeinander stießen. »Was ist denn da passiert?«
Walde streckte seine Lampe an Zelig vorbei. Das Licht erfasste einen Schutthaufen aus Steinen und Mörtelsplittern, der bis zur Decke reichte.
»Seit wann liegt das hier?«, fragte Walde.
»Ich war schon lange nicht mehr hier unten. Da müsste man bei der Verwaltung der Altertümer nachfragen.«
»Können wir das gleich tun?«
»Der Einsturz kann bereits vor Tagen passiert sein.« Zelig legte den schwarzen Hörer auf die Gabel seines altertümlichen Telefons. Sein Büro lag im obersten Stockwerk der Verwaltung des Landesmuseums.
»Oder letzte Nacht«, sagte Gabi, die neben Walde und Harry auf einem der unbequemen Besucherstühle vor dem wuchtigen Schreibtisch saß.
»Auch möglich«, bestätigte der stellvertretende Museumsdirektor.
»Dann sollten wir schleunigst etwas unternehmen.«
Zelig nickte.
Walde dachte daran, wie Jo sich noch kürzlich über Zelig aufgeregt hatte. Fünf Jahre nach der Auffindung des größten römischen Goldschatzes nördlich der Alpen mit über zweitausendfünfhundert Münzen hatte es Zelig immer noch nicht geschafft, eine halbwegs ordentliche Publikation darüber herauszugeben.
»Vielleicht liegt er darunter«, sagte Gabi.
»Wer?«, fragte der Mann hinter dem Schreibtisch.
»Der Mann, wegen dem wir überhaupt hier sind.« Sie langte in ihre Handtasche, nahm ein zusammengefaltetes Papier heraus und reichte es Zelig. »Der mit der Kappe am Gitter.« Auf dem von Grabbe vergrößerten Foto war das unscharfe Konterfei des Mannes mit der Schirmmütze zu sehen. »Möglich, dass er wiedergekommen ist und nun unter dem Gerümpel da unten im Stollen liegt.«
»Scheiße, sollen wir den ganzen Kram da wegräumen lassen?«, fluchte Harry.
»Sieht so aus.«
»Das geht nicht so einfach«, mischte sich Zelig ein. »Die Kaiserthermen gehören zum Unesco-Weltkulturerbe, da kann man nicht einfach so eine Baufirma beauftragen, ein paar Steine wegzuräumen, außerdem könnte einem noch der Rest der Decke auf den Kopf fallen. Möchten Sie dafür die Verantwortung übernehmen?«
»Wenn da wirklich jemand verschüttet wurde, besteht meines Erachtens wenig Hoffnung, dass er überlebt hat«, sagte Harry.
»Aber wenn doch, dann können wir nicht mehr länger warten«, sagte Gabi. »Jetzt trommeln Sie einfach ein paar Leute von einer anderen Grabung zusammen. Die werden das schon fachgerecht machen.«
»Immer, wenn was passiert, ist die Chefin nicht da!«, jammerte Zelig halblaut vor sich hin.
*
Gabi versuchte, mit dem spitzen Absatz ihres Schuhs eine glimmende Zigarettenkippe in den Boden zu
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