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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Ausschau nach Beschriftungen oder Etiketten, die Aufschluss darüber geben könnten, in welchem Weingut sie sich befanden. Auf dem Holz der Vorderseiten waren mit Kreide fortlaufende Zahlen notiert.
    »Da vorn ist ein Fahrstuhl«, rief Harry. Waldes Blick folgte der Armbewegung seines Kollegen und blieb an einem rot leuchtenden Knopf neben einem breiten Gitter hängen.
    »Das ist ein Lastenaufzug«, stellte Zelig fest.
    »Aus welchem Jahrhundert?«, murmelte Gabi und drückte den Knopf. Ein Brummen kam aus dem Schacht. Als sich die breiten Türen zu beiden Seiten öffneten, wurden die vier von dem hellen Neonlicht im Lastenaufzug geblendet.
    Drinnen stand ein kleiner, schmaler Mann in dunkelblauem Kittel: »Wo kommen Sie denn her?« Seine Stimme war hell und näselnd. Walde fand, dass sie zu seiner Hakennase und den stechenden Augen passte.
    »Um genau zu sein, von den Kaiserthermen«, Zelig fühlte sich berufen, das Wort zu ergreifen. »Können Sie mir sagen, wo wir hier sind?«
    »Wissen Sie was, ich rufe jetzt die Polizei.« Der Mann im Aufzug hüpfte bei seinen Worten wie seinerzeit das HB-Männchen in der Werbung, bevor es in die Luft ging.
    »Ist nicht nötig, die Dame und die Herren sind von der Polizei, mein Name ist …«
    »Das interessiert mich kein Stück, wenn jetzt schon die Polizei einfach so in Gebäude eindringt, wo kommen wir denn da hin?«
    »Womit wir beim Thema wären«, sagte Zelig, dessen Stimme an Sicherheit verloren hatte. »Wo sind wir hier?«
    Walde dachte nicht daran, dem Museumsmann zu Hilfe zu kommen. Seinen Kollegen schien es ähnlich zu gehen.
    Der Mann im Aufzug starrte Zelig so durchdringend an, dass dieser den Blick senken musste. »Wenn Sie nur einen Tropfen hier unten angerührt haben, dann können Sie sich auf was gefasst machen!«
    »Mäßigen Sie sich«, sagte Zelig.
    »Wie bitte?«
    »Sie sollen nicht schreien!«
    »Sie wissen scheinbar nicht, was Schreien ist.« Die Phonstärke des Blaukittels schnellte erstaunlich in die Höhe. Der Kasten um ihn herum verlieh seiner Stimme eine verstärkende Resonanz. »Und ich bin noch weit vom Schreien entfernt.«
    Beeindruckt trat Zelig einen Schritt zurück. Walde konnte seine nach vorn preschende Kollegin gerade noch zurückhalten. »Lass’ gut sein.«
    »Wir müssen uns doch nicht von so einem Rumpelstilzchen auf der Nase …«
    »Wir verfolgen einen oder mehrere Personen, die in Ihren Keller eingedrungen sind«, Walde zeigte dem Blaukittel seine Dienstmarke, »und haben keine Zeit zu verlieren. Bitte sagen Sie uns unverzüglich, wo wir hier sind, und bringen Sie uns nach oben.«
    Er schaute in das überraschte Gesicht seines Gegenübers. Sicher überlegte der, was gestohlen worden sein könnte. Als könne er Gedanken lesen, rief der kleine Mann ganz aufgeregt: »Mein Raritätenkabinett!«
    »Das muss warten, es kann sein, dass sich der oder die Eindringlinge noch hier irgendwo verstecken.«
    *
    Der Kellermeister ließ sich nicht davon abhalten, sich erst davon zu überzeugen, dass die kostbaren Weine der Raritätensammlung nicht angerührt worden waren. Danach half er den Polizisten, den Fluchtweg des Eindringlings zu ermitteln. Der Aufzug stand nur während der Arbeitszeit zur Verfügung. Also kam nur ein schmales Treppenhaus in Frage, das zunächst in einen höher gelegenen Zwischenkeller führte, in dem die bereits abgeflaschten Weine in Kartons lagerten. Von dort ging es über zwei unansehnliche Steintreppen nach oben. Als sie an einem vergammelten Hoffenster vorbeikamen, zückte Gabi ihr Mobiltelefon und alarmierte die Spurensicherung.
    Eine umfassende Inspektion auch jedes kleinsten Winkels des riesigen Kellereigeländes brachte keinerlei Ergebnis.
    *
    Harry hatte bereits den Kaffee ausgeschenkt und flüsterte mit Monika, Meier rauchte, Gabi hatte ebenfalls eine Zigarette zwischen den Lippen und kritzelte etwas in ihren Block. Walde stellte fest, dass die feuchtwarme Luft, die durchs offene Fenster ins Besprechungszimmer wehte, zwar den Rauch vertrieb, aber die Temperatur im Raum erhöhte. Er konnte nur hoffen, dass es bis Sonntag nicht so heiß blieb, andernfalls würden es beim Marathon sicher viele Läufer nicht bis zum Ziel schaffen. Vielleicht würde er selbst auf der Strecke bleiben.
    »Entschuldigt«, Grabbe eilte herein. »Ich war noch bei der SpuSi.«
    »Dann können wir ja loslegen«, sagte Walde und blickte dabei Harry an. »Am besten fassen wir als Erstes die Ermittlungsergebnisse im Fall Munitionslager

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