Marathon Mosel
Er war schon fast an der Tür, als das Telefon klingelte. Ein aufgeräumt klingender Zelig meldete sich. »Schon wieder einen Geheimgang entdeckt?«
»Ich benötige einen Plan der unterirdischen Stadt.«
»Den hätte ich auch gern. Seit unserer Exkursion ist mir klar geworden, dass wir da noch einen großen Forschungsnachholbedarf haben.«
Sie verabredeten sich in einer Stunde im Museum.
Walde erkannte den Mann, der neben Stiermann in der Runde am Tisch saß, an seinem schwarzen Lederhut.
»Darf ich vorstellen?«, sagte der Polizeipräsident. »Herr Barthel, der Organisator des Stadtlaufs. Er hat sich gerade im Haus aufgehalten, da dachte ich, er sollte beim Besprechungspunkt Sicherheit des Marathons dabei sein. Wir wollen mit offenen Karten spielen.«
»Ist das ein Spiel?«, murmelte Gabi.
»Mit dem Feuer.« Meier drehte sein Sturmfeuerzeug zwischen den Fingern. Eine verzweifelte Ersatzhandlung. Im Büro des Chefs war Rauchen bei Androhung der fristlosen Entlassung verboten.
Stiermann ließ Monika kurz rekapitulieren, was sich zugetragen hatte.
»Die Gefahr ist erkannt, jetzt müssen wir sie nur noch bannen«, sagte der Polizeipräsident. »Und dazu ist uns kein Aufwand zu groß. Wir haben die Wege der oder des Täters ergründet, wobei wohl einiges dafür spricht, dass es ein Einzeltäter ist.« Er blickte in die Runde, die ihm schweigend zuhörte. »Jetzt gilt es, ihn umgehend zu fassen oder zumindest weitere Straftaten zu verhindern. Wir müssen uns in sein Denken hineinversetzen und ihn gleichzeitig so einengen, dass ihm entweder nur die Flucht bleibt oder er uns ins Netz geht.«
»Wer oder was, Herr Barthel, sind Ihrer Meinung nach die spektakulärsten Ziele?«, fragte Monika.
Walde sah, wie es in Barthel arbeitete.
»Aus sportlicher Sicht sind das die Kenianer und noch ein paar andere Spitzenathletinnen und Athleten aus Afrika«, Barthel bewegte sich auf ihm bekannten Terrain.
»Sollen wir die zu Fuß eskortieren lassen, Herr Bartmann?«, fragte Gabi.
»Barthel«, korrigierte dieser. »Wenn Sie über Leute verfügen, die einen Drei-Minuten-Schnitt pro Kilometer drauf haben?« Der Organisationsleiter lüftete kurz seinen Hut, unter dem kurz geschnittenes, dichtes Haar zum Vorschein kam, und wischte sich mit dem Handrücken Schweiß von der Stirn.
»Dafür gibt es Motorräder«, sagte Harry.
»Wie stellen Sie sich das vor? Die Leute können doch schlecht in den Abgasen laufen«, protestierte Barthel.
»Die sollen sich natürlich diskret in der Nähe aufhalten und nicht unbedingt vorausfahren.«
»Und wie soll das auf den schmalen Wegen funktionieren?« Walde konnte sich nicht mehr zurückhalten. Er wollte eigentlich mit seinen Äußerungen warten, aber nun schien es ihm unvermeidlich.
»Es gibt ein paar Engpässe.« Barthel setzte wieder seinen Hut auf. »Die Pfalzeler Brücke und das Stück zwischen Verteilerkreis und Kaiser-Wilhelm-Brücke auf dem Treidelpfad entlang der Mosel, aber bis dahin sind über fünfzehn Kilometer absolviert und das Feld voraussichtlich so weit auseinander gezogen, dass kaum Probleme zu erwarten sind.«
»Und wer scheint Ihnen von den sonstigen Läufern, die nichts mit dem Klassement am Hut haben, besonders gefährdet?« Der Hut war Monika so herausgerutscht, und sie versuchte, im Gegensatz zu dem, was in diesem Moment alle taten, nicht auf Barthels Kopfbedeckung zu starren.
»Da fällt mir als Erster der luxemburgische Außenminister, Guy Peffer, ein. Und natürlich seine Begleitung.«
»Seine Bodyguards und sein Trainer, dieser …«
»Steffens«, half Barthel. »Und noch ein paar Leute.«
»Sind Politiker oder sonstige Prominente darunter?«
»Soweit ich die Namen gesehen habe, ist das nicht der Fall. Abgesehen davon, dass von acht Leuten noch keine Namen vorliegen.«
»Wie bitte?«, fragte Monika.
»Die Startgelder sind bezahlt.« Barthel zuckte mit den Schultern.
»Und Sie wissen nicht, wer es sein könnte?«
»Zuerst habe ich vermutet, es könnte der Fischer mit seiner Entourage sein, aber es wurde keine Nationalität angeben.«
»Keine Namen und keine Nationalität«, sagte Walde. Es war nicht klar, ob er es vor sich hin sagte oder für die anderen am Tisch.
»Geben Sie uns bitte sofort Bescheid, sobald Sie mehr erfahren«, meldete sich Monika wieder zu Wort. »Gibt es auf der Strecke neuralgische Stellen?«
»Die ist 21 Kilometer lang und wird zwei Mal durchlaufen. Am meisten ist natürlich am Start und auf den letzten zwei Kilometern in der
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