Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
Bischöflichen Weingütern?«, fragte Gabi.
    »Nein, von der Staatlichen Weinbaudomäne.«
    Während Zelig Gabis Glas füllte, schenkte sich Walde Mineralwasser ein.
    »Trinken Sie aus, der hat nur zwölf Prozent.« Zelig hatte sein Glas gefüllt und verharrte nun mit der Flasche vor Waldes Glas. »Den zu verwässern, wäre …«
    Walde trank folgsam aus.
    Zelig fuhr fort: »Wir sind gestern nicht weit von den Viehmarktthermen entfernt gewesen. Direkt daneben ist der Neubau der Sparkasse und …«
    »… der Tresorraum ist im Keller«, sagte Gabi.
    »Genau, gut …«
    »Alkohol regt meine Sinne an.« Sie warf Zelig über ihr Glas hinweg einen Blick zu, der ihn auf der Stelle verlegen die Augen niederschlagen ließ.
    »Da könnte man auch von der Tiefgarage aus hin, aber da gibt es kein Durchkommen, das können wir ausschließen.« Walde nippte an seinem Glas. Der Wein schmeckte süß und leicht, im Nachgang ein wenig herb. Heute Abend hatte er einen kleinen Trainingslauf eingeplant. Da sollte er nüchtern bleiben.
    Gabi ließ sich von Zelig nachschenken.
    »Was die Trinkwasserversorgung des römischen Trier angeht, so sind die Zuleitungen nicht begehbar, mal abgesehen vom größeren Aquädukt beim Tempelbezirk, das vom Herrenbrünnchen zur Stadt führte. Die Weiterleitung mit weit verzweigtem Netz zu Wohnhäusern, Teichen, vielleicht auch zu den Viehmarktthermen, erfolgte durch Bleileitungen. Ich hab’ nur noch eine Kopie.« Zelig fuhr mit seinen dicken Fingern über eine mit Tesafilm zusammengesetzte Karte auf dem Tisch.
    »Von den Badeanlagen führten größere Abwässerkanäle zur Mosel. Dann gab es die Cloaca Maxima«, Zeligs Finger glitten weiter über die Karte. »Eine Kanalisation, in die weitere Einleitungen führten.«
    »Können Sie uns die Karte überlassen?«, fragte Walde.
    »Im Mittelalter wurden die Anlagen mangels entsprechenden Bedarfs und Know-how nicht weitergeführt. Es ist denkbar, dass die bis zu den Hausfundamenten abgegrabenen Mauerwerke und die gewölbten Steinkanäle als Steinbruch ausgebeutet wurden.«
    »Und wodurch sind wir dann gelaufen?«, fragte Gabi.
    »Wie gesagt, vieles ist unerforscht.« Zelig trank und schmeckte dem Wein nach. »Es soll diverse Tunnel gegeben haben, aus dem Judenviertel heraus, unter dem Domviertel, Verbindungen zwischen Klöstern. Wie gesagt, es soll, mir ist nie einer untergekommen.«
    »Und die Bunker?«
    »Die Liste ist lang. Dazu gehören auch die mittelalterlichen Keller, die Kanalisation ab 1900 bis in die Neuzeit, der Versorgungsdüker quer durch die Stadt, der erst im letzten Jahr fertig wurde, und die teilweise noch aus dem letzten Weltkrieg vorhandenen Verbindungsstollen zwischen Luftschutzkellern.«
    »Klingt nach Schweizer Käse«, meinte Gabi. »Bitte tragen Sie alles in die Karte ein, was Ihnen bekannt ist.«
    *
    Wie erwartet stand Elmars orangefarbener Transporter vor der Baustelle direkt am Wendekreis. Der kleine Abraumhügel war verschwunden.
    Die Brettertür war angelehnt. Ben registrierte das neue Vorhängeschloss. In dem winzigen Treppenhaus hörte er ein schabendes Geräusch, das vom oberen Stockwerk kam. Ein Gemisch aus Kalk und Zigarettenrauch hing in der Luft. Von den ersten Stufen der Treppe aus schaute er in das Räumchen neben der Haustür. Noch am Montagabend hatte er alle wertvollen Maschinen zusammen mit dem neuen Brenner für die Heizungsanlage weggeschafft. Der Kram lag nun auf dem Grund der Mosel.
    Das Schabgeräusch ging unentwegt weiter. Ben stieg nach oben.
    »Guten Abend.« Er klopfte an den türlosen Rahmen.
    Elmar hielt mitten in der Bewegung inne und drehte sich um. Er beschattete mit der linken Hand seine Augen gegen den vom Eingang her strahlenden Bauscheinwerfer.
    »Entschuldigen Sie!« Ben schaute ihn freundlich an. Sein Akzent würde seinem Gegenüber signalisieren, dass er nicht von irgendeiner Aufsichtsbehörde kam, die Schwarzarbeit oder sonst etwas kontrollierte.
    »Ja, bitte?« Elmar hatte eine dunkle Stimme mit einem seiner Körperfülle angemessenen Volumen.
    »Ich habe spezielles Anliegen, bei dem Sie mir bitte weiterhelfen.«
    »Warum?« Elmar hielt das Glättbrett wie ein Verteidigungsschild vor die Brust. Dunkle Tropfen perlten daran entlang und rannen auf den Boden.
    »Wegen der Arbeit.« Ben bemühte sich, nicht auf die Stelle an der gegenüberliegenden Wand zu sehen, wo er die Verklebung der Eckverbindung gelöst hatte. Die Wasserinstallation aus Kunststoff hatte Elmar erst ein paar Tage vorher beendet

Weitere Kostenlose Bücher