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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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und unter Druck gesetzt. Während der folgenden Nacht sprudelte das Wasser ungebremst und musste einen enormen Wasserschaden im gesamten Bau bis hinunter in die Kellerräume verursacht haben.
    »Ich brauch’ selbst Hilfe«, Elmar stand auf und fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Rücken.
    »Ich habe keine Baustelle, ich bin nur ein paar Tage hier zu Besuch.«
    Elmar nickte. Den Besucher konnte er im Gegenlicht der Lampe nur schemenhaft erkennen. Er zog ein Tabakpäckchen aus seiner Brusttasche und drehte sich eine Zigarette.
    »Ich komme hierher wegen Geschichte.«
    »Hm«, Elmar leckte die Gummierung und steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen.
    »Mich interessiert besonders unterirdisches Trier.«
    Der Kanalarbeiter schwieg.
    »Die Cloaca Maxima der Römer ist sehr interessantes Abwassersystem der Menschheitsgeschichte.«
    »Und wat hat dat mit mir zu tun?« Elmar zupfte sich einen Krümel Tabak von der Unterlippe.
    »Sie arbeiten mit Kanal.«
    »Ja, aber nit in dem von den Römern. Unser Kanal ist höchstens hundert Jahre alt.«
    »Aber neuer Kanal liegt auf altem Kanal.«
    »Wirklich?«
    »Ja, die Straßen sind die gleichen wie bei Römern.«
    »Gut, aber wat hat dat mit mir zu tun?«
    »Ich hätte gerne Pläne.«
    »Wie?«
    »Die Pläne vom Kanal.«
    »Ja, aber ich kann Ihnen doch nit so einfach die Pläne geben.«
    »Warum denn nicht? Die sind nicht geheim. Kanal ist doch für jeden da.« Ben zog ein rundes Bündel aus der Tasche und hielt es Elmar hin. Es war zu wenig Zeit, sein Opfer mit einer kleineren Summe anzufüttern, es war gleich ein fetter Köder.
    Der Kanalarbeiter starrte auf die durch einen Gummi gehaltenen Hundert-Euro-Noten, ohne zu reagieren.
    »Das ist für Pläne.« Ben hielt ihm immer noch das Geld hin. »Und ich möchte in Kanal rein.«
    Elmar wich zwei Schritte zurück, als würde er mit einer Waffe bedroht, und stieß an die schwarze Plastiktonne mit dem Verputzmörtel. »Warum fragen Sie nit in der Verwaltung?«
    »Das ist nicht so einfach, hab’ auch nicht Zeit.«
    Elmar schaute skeptisch.
    Ben stellte die Geldrolle auf einen Styroporwürfel, neben dem eine leere Bierflasche stand. »Ich kommen morgen wieder her.«
    »Ich hab’ Urlaub.«
    »Das ist schön.«
    »Wie kommen Se auf mich?«
    »Das war …«, Ben suchte nach dem passenden Wort, »… Zufall.«
    *
    In dem großen Stadtplan an der Wand hatte jeder seine Nadeln angebracht. Die Idee, mit verschiedenfarbigen Nadelköpfen zu arbeiten, stammte von Monika.
    Gabi und Walde hatten die von Zelig angegebenen Möglichkeiten mit roten Köpfen markiert. Mayer und Harry kennzeichneten die Ergebnisse der Recherchen bei Bauämtern, Liegenschafts-, Immobilienverwaltungen, städtischer und bischöflicher Denkmalpflege und der Verwaltung der Altertümer mit schwarzen Stecknadelköpfen. Die grünen Köpfe sprossen wie Pilze aus der Karte. Grabbe fügte immer noch weitere hinzu.
    »Dürften wir erfahren, was du da machst?«, fragte Gabi.
    »Gleich!« Grabbe verglich die Wandkarte mit einer kleinen Karte, die er dicht vor seine Augen hielt.
    »Können wir?« Gabi wurde unruhig.
    »Moment, könnte ich noch Nadeln haben?« Grabbe zeigte Monika sein leeres Döschen.
    »Was ist das?«
    »Kanaldeckel zu Revisionsschächten, ihr glaubt gar nicht, wie viele …«
    »Es ist spät«, Gabi stellte sich neben Grabbe, nahm einen tiefen Zug an ihrer Zigarette und blies ihm den Rauch ins Gesicht.
    »Aber ich bin noch nicht fertig!«, protestierte Grabbe.
    »Ergänz’ die nachher«, versuchte Gabi ihn zu besänftigen. Sie wies mit ihrer Zigarette zur Karte. »Wir gehen heute sowieso nirgends mehr runter. Es sei denn, es gibt unten was Gutes zu trinken.«

Freitag, 25. Juni
    Annika schaukelte in der Wippe, Doris löffelte Magerquark mit Trockenfrüchten und Nüssen direkt aus dem Becher. Noch drei Tage, dann gäbe es wieder Croissants und Brötchen zum Frühstück. Walde hatte keine Lust mehr auf Müsli, auch wenn es mit Stracciatella-Joghurt vermischt war. Doris fischte sich einen Teil der Zeitung aus dem Stapel. Annika streckte Walde die Ärmchen entgegen. Er nahm sie auf den Schoß. Sie lächelte ihn an. Da war es wieder, dieses Glücksgefühl. Es war körperlich zu spüren, warm um die Taille, am Hinterkopf spannte sich die Kopfhaut. Die Zeit spielte keine Rolle mehr. Er drückte das Kind an sich, beugte sich zu ihm hinunter und berührte mit der Nase seine Stirn. Annika griff zu.
    »Autsch«, entfuhr es ihm, als sie ihre Fingerchen in

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