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Marathon

Marathon

Titel: Marathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Frangenberg
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Zusammenbruch hinter der
Ziellinie und eine Zeit von über fünf Stunden standen.
Sein Körper hatte Jahre für die vielen Anpassungen und
die notwendige Stabilität gebraucht. Dreißig bis vierzig
Kilometer pro Woche. Über zehn Jahre lang. 
    Macht weit über
zwanzigtausend Kilometer, rechnete er sich vor, als er auf den
Hohenstaufenring einbog. Etwa zweitausend Stunden hast du mit Laufen
verbracht. So viel war das gar nicht.
    Dieser Marathon war
sein zehnter. Eine schöne runde Zahl.

43
    »Lassen Sie uns
rein, verdammt noch mal!« Remmer wurde ungeduldig, weil sich
Lisa Randbergs Mutter weigerte, die Tür zu
öffnen.
    »Ich muss Sie
nicht reinlassen«, rief sie immer wieder hinter der
versperrten Haustür.
    »Warum
können wir uns nicht unterhalten?«, fragte Remmer durch
den Briefkastenschlitz in den offensichtlich riesigen Hausflur.
Ihre Worte hallten durch den Raum.
    Gröber war
über den Gartenzaun geklettert, um von hinten einen Blick in
das Haus werfen zu können. Sollte die Terrassentür offen
stehen, würde er nicht zögern, den Frieden dieses Hauses
zu brechen, um seine Kollegin gegen den Willen der Hausherrin
hereinzulassen. Er schlich durch einen gepflegten großen
Garten mit akkurat gestutztem Rasen. Ein gusseiserner Storch
thronte auf einem Mühlrad, aus dem im Sommer Wasser
plätschern sollte. Auf der Terrasse standen ein paar
zusammengeklappte Gartenstühle. Das Wohnzimmer hinter einer
großen Fensterfront war dunkel. Es gab eine kleine Tür,
die aber nicht ins Wohnzimmer, sondern direkt in den Hausflur
führte. Seltsame Architektur, dachte Gröber, während
er durch ein vergittertes Fenster in der Tür schaute und
versuchte, seine Augen an die Dunkelheit, die auch im Hausflur
herrschte, zu gewöhnen. Schließlich erkannte er die
Umrisse einer Frau, die auf einem Schemel vor einem Klavier
saß, die Arme auf den geschlossenen Klavierdeckel
gestützt. Mit den Händen hielt sie sich die Ohren zu.
Gröber rüttelte an der verschlossenen Tür, ohne dass
ihn die Frau bemerkte. Hier konnte er nicht viel tun.
    Auf der
gegenüberliegenden Seite der Terrasse befand sich eine weitere
Tür, die offensichtlich zur Garage führte. Ohne genau zu
wissen, was er darin suchte, drückte er sich durch die unverschlossene
Tür hinein. Die Garage war leer. Er fand einen Lichtschalter,
mit dem man eine schwache alte Baulampe dazu brachte, den Raum ein
wenig zu beleuchten. Er sah allerlei Gerümpel und Werkzeug
für die Gartenarbeit, das an den Wänden herumstand. Am
Kopfende der Garage stand unter einigen Holzregalen eine
große, aufgeräumte Werkbank. Über der Bank hing
zwischen Halterungen für Schraubenzieher und einer
Bohrmaschine ein gerahmtes Bild. Ein Mann stand neben einem alten
roten Cabrio und hielt einen Pokal in die Höhe. Doch auch das
imponierte Gröber nicht. Es waren vielmehr die Augen dieses
Mannes. Es waren die Augen des großen, hageren Mannes in dem
blauen Kombi. Es waren die Augen von Lisa Randbergs
Vater.
    Gröber rannte
zurück in den Garten und trat in vollem Lauf die
Hintertür zum Hausflur ein. Er sah, dass die Frau
fürchterlich erschrak, bevor sie begann, laut zu schreien. Er
riss die Haustür auf, vor der immer noch gebückt Remmer
hockte, um durch den Briefschlitz zu sprechen. Seine Kollegin sah
ihn mit großen Augen fragend an.
    »Wo ist Ihr
Mann?«, brüllte Gröber die alte Dame auf dem
Klavierhocker an.
    »Warum ziehst du
nicht gleich deine Waffe und zielst auf die arme Frau?«,
fragte ihn Remmer leise. »Beruhige dich
mal.«
    Die Frau jammerte
Unverständliches. Gröber hatte sie noch vier weitere Male
lauthals nach ihrem Mann gefragt, bevor er der Empfehlung seiner
Chefin folgte und tief durchatmete.
    »Bist du
fertig?«, fragte Remmer leise, aber sehr bestimmt.
    »Randberg ist
der Mann, den ich bei Leuschen vor dem Haus gesehen habe und der in
Brück mit seinem Kombi über die Böschung geschossen
ist«, stammelte Gröber.
    Remmer nickte nur und
half der Frau aufzustehen. Sie führte sie ins dunkle
Wohnzimmer und setzte sie in einen großen Sessel. Das Licht
blieb aus. Sie brauchte nicht zu fragen. Frau Randberg begann von
selbst zu reden.
    »Er ist nicht
da. Seit zehn Tagen ist er nicht nach Hause gekommen. Ich
weiß nicht, wo er ist.«
    Die Frau wirkte
völlig ermattet und tieftraurig. Sie schien tagelang nicht
geschlafen zu haben.
    »Er ist einfach
gegangen«, fuhr sie fort. »Er hat gesagt, dass nun
alles ein Ende haben wird. Und dann ist er
gegangen.«
    »Was wird ein
Ende

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