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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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unwissentlich und unabsichtlich begangen, doch brachten andere Zeugen vor, es handele sich um einen unverbesserlichen Gotteslästerer. Es wurde gesagt, er habe oft andere Bücher auf seine Ausgabe des Quran gelegt, ja, diesen einmal sogar in der linken Hand gehalten. Folglich wurde er dazu verurteilt, daß die Wachen und der Scharfrichter so lange auf ihm herumtrampeln sollten, wie er auf dem Stück Papier bis zu seinem Tode!
    Doch einen Ort heiligen Schreckens, der große Furcht weckte, konnte man den Palast des Shah nur dann nennen, wenn der daiwan darin tagte. Weit häufiger war der Palast -zumeist aus religiösem Anlaß -ein Ort der Festmähler und des Frohsinns. Die Perser anerkennen an die siebentausend Propheten des Islam aus alter Zeit; einem jeden von ihnen ist ein Festtag geweiht. An den Tagen, da die bedeutenderen Propheten geehrt werden, pflegte der Shah Feste zu geben, zu denen für gewöhnlich sämtliche Angehörige des Königshauses und des Baghdader Adels geladen wurden; bisweilen wurden die Tore der Palastgärten sogar für jedermann geöffnet.
    Wenn ich auch weder zur königlichen Familie noch zum Adel gehörte und kein Muslim war, war ich doch Gast im Palast und nahm daher an etlichen solcher Feste teil. Insbesondere erinnere ich mich an die Feier für einen längst verblichenen Propheten, die draußen in den Palastgärten stattfand. Jeder Gast erhielt diesmal nicht die üblichen daiwan-Kissen, um sich daraufzusetzen oder sich darauf zurückzulehnen, sondern einen Haufen frisch eingesammelter und wohlduftender Rosenblüten. Äste und Gezweig eines jeden Baums waren wegen der auf die Rinde aufgesetzten Kerzen überdeutlich zu erkennen; außerdem brachte der Schimmer dieser Kerzen jede Grünschattierung des Laubs wunderbar zur Geltung. In jedem Blumenbeet standen Kerzenleuchter, und der Schimmer, der davon ausging, ließ die Überfülle der verschiedensten Blumen in allen nur erdenklichen Farben erstrahlen. Diese vielen Kerzen genügten, den Garten nahezu taghell zu erleuchten, doch hatten die Diener des Shahs noch ein übriges getan und im bazär und von Kindern sämtliche kleinen Schildkröten aufgekauft, die sie bekommen konnten, einem jeden dieser kleinen Tiere eine Kerze auf den Panzer geklebt und Tausende der kriechenden kleinen Geschöpfe als bewegliche Lichtpunkte sich durch die Gärten bewegen lassen.
    Wie immer gab es an diesen Festtagen reichlicher und köstlicher zu essen, als ich es jemals bei einem Fest daheim erlebt hatte. Zur Unterhaltung spielten Musikanten auf Instrumenten, von denen ich viele nie zuvor weder gesehen noch gehört hatte, tanzten Tänzer und sangen Sänger. Die männlichen Tänzer ahmten mit Lanzen und Säbeln unter viel Fußgestampfe die Schlachten berühmter persischer Krieger aus der Vergangenheit, wie Rustam und Shorab, nach. Die Tänzerinnen bewegten ihre Füße kaum, sondern ließen Brüste und Bäuche auf eine Weise zucken, daß dem Zuschauer die Augen aus dem Kopf fielen. Die Sänger brachten keineswegs fromme Lieder zu Gehör -der Islam sieht so etwas nicht gern -, sondern ganz im Gegenteil. Ich meine damit außerordentlich schlüpfrige und derbe Lieder. Außerdem gab es Bärenbändiger, die ihre wendigen und kräftigen Bären Kunststücke vorführen ließen, sowie Schlangenbeschwörer, deren najhaya genannte Schlangen in ihren Körben tanzten, Wahrsager, die aus dem Sand auf ihren Tabletts die Zukunft weissagten, sowie fardarbab-Spaßmacher, die komisch gekleidet ihre Possen rissen und frivole kleine Spaße aufsagten oder in kleinen Spielen zum besten gaben.
    Nachdem ich mir mit dem Dattelschnaps araq einigermaßen Mut angetrunken hatte, ließ ich alle christlichen Skrupel gegen das Wahrsagen fahren, trat an einen der fardarbab heran, einen alten Araber oder Juden mit verfilztem Bart, und fragte ihn, was die Zukunft in seinen Augen für mich bereithalte. Er jedoch muß in mir jemand erkannt haben, der seiner
    Zauberkunst auf gut christliche Weise ungläubig und zweifelnd
    gegenübertrat, denn er warf einen einzigen Blick auf den von
    mir durchgerüttelten Sand und knurrte empört: »Hütet Euch vor
    der Blutrünstigkeit der Schönheit«, was mir nicht das geringste
    über meine Zukunft verriet, wenn mir auch irgendwie
    dämmerte, ähnliches schon mal gehört zu haben. Folglich
    lachte ich höhnisch über den alten Gauner, erhob mich und
    entfernte mich, indem ich mich im Kreise drehte, hinfiel und von
    Karim in mein Schlafgemach gebracht wurde.
     
    Das war

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