Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
hinaus dorthin, woher sie
    gekommen waren.
     
    Rücksichtsvoll verweilten die Mongolen lange genug, um erst
    uns in Augenschein zu nehmen und festzustellen, daß wir
    offensichtlich unverletzt waren, ehe sie die eigenen Pferde
    einfingen, mit einem einzigen Sprung aufsaßen und hinter den
    Karauna herhetzten. All dies spielte sich mit einer solchen
    Geschwindigkeit und in einem solchen Wirbel ab -und zwar
    von dem Augenblick, da ich niedergeschlagen war, bis zu dem
    Augenblick, da sich plötzlich Stille über die Oase legte -, daß es
    genausogut der Wüstensturm hätte sein können, der über uns
    hergefallen und hinweggezogen war.
     
    »Gesu!« Dieser Stoßseufzer kam von meinem Vater.
    »Wo ist der Knabe Aziz?« fragte Onkel Mafio mich.
    »In Sicherheit«, sagte ich laut, um gehört zu werden, denn in
     
    meinem Kopf dröhnte es immer noch. »Er liegt in meinem Zelt.«
    Ich deutete in die Richtung, wo der Staub nach dem
    Verschwinden der Reiter immer noch in der Luft hing.
     
    Sobald er ein paar Kleidungsstücke übergeworfen hatte, lief
    mein Onkel eben dorthin. Mein Vater sah, wie ich mir den Kopf
    rieb, und trat herzu, um ihn abzutasten. Er sagte, ich hätte eine
    dicke Beule, und hieß Nasenloch, etwas Wasser zum Kochen
    aufzusetzen.
     
    Dann kam mein Onkel zurückgelaufen und rief noch aus dem
    Dunkel heraus: »Aziz ist nicht da! Seine Kleider wohl, aber er
    nicht.«
     
    Mich der Obhut Nasenlochs überlassend, der mir eine
    Kompresse auf die Beule legte, gingen mein Vater und mein
    Onkel auf die Suche nach dem Jungen. Sie fanden ihn nicht.
    Das erging auch Nasenloch und mir so, als wir uns ihnen
    anschlossen und die ganze Oase methodisch absuchten. Als
    wir uns dann zusammenhockten, um zu besprechen, was zu
    tun sei, versuchten wir, das Geschehene noch einmal an uns
    vorüberziehen zu lassen.
     
    »Er hat das Zelt bestimmt verlassen. Selbst unbekleidet und in
     
    dieser Kälte.«
    »Bestimmt. Er hat sich denken müssen, daß sie früher oder
    später alles nach Beute durchsuchen würden.«
     
    »Folglich muß er sich ein sichereres Versteck gesucht haben.«
     
    »Mir scheint wahrscheinlicher, daß er versucht hat, sich
    näherzuschleichen, um zu sehen, ob er uns helfen könnte.«
    »Jedenfalls muß er draußen im Freien gewesen sein, als die
     
    Karauna plötzlich flohen.«
     
    »Die müssen ihn gesehen, ihn gepackt und mit sich genommen
    haben.«
    »Sie werden ihn bei erster Gelegenheit umbringen.« Es war
     
    Onkel Mafio, der das sagte -und zwar mit einer Stimme, die
    Schmerz und Trauer verriet. »Sie werden ihn auf irgendeine
    bestialische Weise umbringen, denn sie müssen außer sich
    sein vor Wut in der Annahme, wir hätten den Hinterhalt vorher
    abgesprochen.«
     
    »Vielleicht haben sie keine Gelegenheit dazu. Die Mongolen
     
    sind ihnen dicht auf den Fersen.«
    »Nicht umbringen werden die Karauna den Jungen, sondern als
    Geisel behalten - als Schild, um die Mongolen abzuwehren.«
     
    »Und wenn die Mongolen sich abhalten lassen, was noch
    keinesfalls sicher ist, überleg doch mal, was die Karauna dem
    kleinen Jungen antun werden!«
     
    »Weinen wir nicht, solange niemand ein Leids geschehen ist«, sagte mein Vater. »Aber wie die Sache auch ausgehen mag, wir müssen dabeisein. Nasenloch, du bleibst. Mafio, Marco, aufsitzen!«
    Wir ließen die Kamele unsere Stecken spüren. Da wir sie nie zuvor wirklich zur Eile angetrieben hatten, waren die Tiere dermaßen erschrocken, daß es ihnen gar nicht erst in den Sinn kam, sich zu beschweren oder störrisch zu werden, sondern in gestrecktem Galopp losschössen und diesen auch beibehielten. Das Rucken meines Kopfes schien mit wahnsinnig machender Geschwindigkeit auf die Nackenwirbel meines Rückgrats zu hämmern, aber ich sagte nichts.
    Auf Sandboden sind Kamele schneller als Pferde, und so holten wir die Mongolen lange vor Morgengrauen ein. Irgendwann hätten wir sie ohnehin wiedergesehen, denn sie waren bereits gemächlich auf dem Ritt zurück zur Oase begriffen. Der Staubnebel war inzwischen als Sandnieseln auf die Erde herniedergegangen, als wir sie in einiger Entfernung im Sternenlicht auf uns zukommen sahen. Zw ei von ihnen gingen zu Fuß und führten die Pferde, den dritten stützten sie im Sattel, wo er in sich zusammengesunken hin und her wankte. Offensichtlich war er schwer verwundet. Die beiden riefen uns im Näherkommen irgend etwas zu und zeigten mit den Armen, um anzudeuten, woher sie kamen.
    »Ein Wunder! Der Junge lebt!« sagte

Weitere Kostenlose Bücher