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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Während der stürmischen Überfahrt war mir durchaus anders zumute -mir war schwindlig, der Schweiß brach mir aus, es überlief mich eiskalt, Übelkeit befiel mich wie auf einer Seereise, und ich fürchtete, im nächsten Augenblick zu ertrinken.
    An der Kushka-Fähre, so erinnere ich mich, bereitete sich eine andere karwan auf das Übersetzen vor. Wir sahen zu und fragten uns, wie sie das schaffen wollten, denn sie waren mit einer Anzahl pferdegezogener Fuhrwerke unterwegs. Dadurch jedoch ließen sich die Fährleute nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Sie spannten die Pferde aus und schickten sie schwimmend ans andere Ufer; dann machten sie mehrere Fahrten, um die Reisenden sowie den Inhalt der Wagen hinüberzu-schaffen. Nachdem sie diese geleert hatten, ließen sie sie vorsichtig das Ufer hinunterrollen, bis jedes der vier Räder einzeln in einem zuberähnlichen kleinen masak stand, und zu viert wurden diese dann über den Fluß hinübergerudert. War das ein Anblick! Jedes Gefährt schaukelte und dümpelte, tanzte und drehte sich den Fluß hinunter, während die vier Flößer, ein jeder an einer Ecke, abwechselnd ruderten wie Charon, um voranzukommen, und pusteten wie Aeolus, um die Ziegenhäute prall mit Luft gefüllt zu halten.
    Ich möchte darauf hinweisen, daß die Gasthäuser am Fluß im Karabil den Gästen in bezug auf das Übersetzen bessere Dienste boten als in bezug auf die Küche. Nur in einer einzigen karwansarai haben wir einmal ein anständiges Essen bekommen, allerdings war das etwas Außergewöhnliches, was wir bis jetzt noch nicht gekostet hatten: riesige und sehr schmackhafte Filets von einem Fisch, der in dem draußen vorüberfließenden Fluß gefangen wurde. Dies e Filets waren so riesig, daß wir uns wunderten und um Erlaubnis baten, uns in der Küche den Fisch anzusehen, von dem sie stammten. Dieser nun wurde ashyotr genannt und war größer als ein großer Mann, jedenfalls größer als Onkel Mafio, und statt der Schuppen besaß er eine Rüstung aus knochigen Plättchen; unter seiner langgezogenen Schnauze hatte er Zotteln, die wie ein Bart wirkten. Neben dem eßbaren Fleisch, das der ashyotr bot, lieferte er auch noch einen schwarzen Rogen, von dem jedes einzelne Ei so groß war wie eine Perle; auch davon kosteten wir; gesalzen und gepreßt ergibt dieser Rogen eine appetitanregende Vorspeise, die khavyah heißt.
    In den anderen Herbergen war die Verpflegung allerdings abscheulich; da es in dem Land soviel Wild gibt, liegt dafür eigentlich kein Grund vor. Aber jeder Wirt einer karwansarai schien sich einzubilden, seinen Gästen etwas vorsetzen zu müssen, was sie schon länger nicht mehr gegessen hatten. Da wir letzthin von solchen Delikatessen wie Wildgeflügel und qazel-Braten gelebt hatten, setzten uns die Herbergswirte jetzt Hammel vor. Nur -im Karabil kann man keine Schafe halten, was bedeutet, daß das Fleisch wahrscheinlich genauso lange unterwegs gewesen war wie wir, um von dort, wo es gewachsen war, bis zu dieser betreffenden karwansarai gebracht zu werden. Hammelfleisch konnte ich ohnehin nichts mehr abgewinnen, und dieses hier war auch noch getrocknet, gesalzen und zäh; außerdem fehlte es sowohl an Öl als auch an Essig, um es einigermaßen zu würzen, dafür jedoch gab es brennendscharfen melegketa-Pfeffer, und als Beilage wurden unweigerlich in Zuckerwasser gekochte Bohnen dazu gereicht. Nachdem wir genug von diesem Blähungen verursachenden Gericht zu uns genommen hatten, hätten wir wahrscheinlich anstelle der Ziegenhäute als Schwimmer für die masak-Flöße dienen können. Um aber auch etwas Gutes über die Gasthäuser im Karabil zu sagen: bezahlen mußten nur die menschlichen Gäste, nicht jedoch die karwan-Tiere -was wahrscheinlich daran lag, daß man hier nur schwer an Holz herankam und die Pferde und Kamele ihren kostbaren Mist zurückließen und damit für ihren Aufenthalt hier bezahlten.
    Die nächste nennenswerte Stadt, in die wir kamen, war Balkh, und in der Vergangenheit war das wirklich eine große und bedeutende Stadt gewesen: der Sitz eines der Heerlager Alaxanders, ein Haupthaltepunkt für karwan-Händler, die über die Seidenstraße zogen, eine Stadt überfüllter bazare, mächtiger Tempel und üppig einladender karwansamis. Leider hatte es der ersten Mongolenwoge im Wege gestanden, die aus dem Fernen Osten herangebrandet gekommen war, also der ersten, vom unbesiegbaren Chinghiz Khan befehligten Mongolenhorde, und im Jahr 1220 hatte die Horde Balkh zermalmt,

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