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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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wie ein Stiefel ein Insekt zertreten kann.
    Über ein halbes Jahrhundert später trafen ich, mein Vater, mein Onkel und unser Sklave in Balkh ein, doch hatte die Stadt sich noch nicht von der Katastrophe erholt. Balkh war ein riesiger edler Trümmerhaufen, aber immerhin noch ein Trümmerhaufen.
    Vielleicht ging es darin genauso emsig zu und wurden genausoviel Geschäfte getätigt wie früher, aber die Herbergen, Kornspeicher und Lagerhäuser waren nur notdürftig aus zerbrochenen Ziegeln und noch von damals stammenden Balken und Brettern zusammengefügte Gebäude, die sich um so schäbiger und erbärmlicher ausnahmen, als sie zwischen den Stümpfen einst hochragender Säulen standen, angelehnt an die Überreste einst mächtiger, inzwischen geschleifter Wälle und neben den zackigen Resten einst vollkommener Kuppeln.
    Selbstverständlich waren nur wenige Bewohner Balkhs alt genug, um miterlebt zu haben, wie Chinghiz Khan die Stadt plünderte -oder gar jenes Balkh noch gekannt zu haben, das als Umn-al-Biilud, als ›Mutter der Städte‹, weithin berühmt gewesen war. Aber ihre Söhne und Enkel, die jetzt Besitzer der Herbergen und Kontore und anderer Einrichtungen einer Handelsstadt waren, machten einen so benommenen und unglücklichen Eindruck, als wäre das Unglück erst gestern vor ihren Augen geschehen. Wenn sie von den Mongolen sprachen, ließen sie eine Litanei vernehmen, die sich dem Gedächtnis eines jeden Bewohners von Balkh eingegraben haben mußte: »Amdand u khandand u sokhtand u kushtandu burdand u raftand«, was soviel bedeutete wie: »Sie kamen und erschlugen und brannten nieder und plünderten, nahmen ihre Beute und zogen weiter.«
    Gewiß, sie waren weitergezogen -trotzdem war dies ganze Land wie so viele andere immer noch dem Mongolen-Khanat Untertan und tributpflichtig. Das freudlose Aussehen und Gebaren der Bewohner von Balkh war verständlich, denn in der Nähe gab es immer noch eine mongolische Garnison. Bewaffnete Mongolenkrieger stolzierten durch den bazar und erinnerten die Leute daran, daß der Großsohn des Chinghiz, der Khakhan Kubilai, immer noch seinen schweren Stiefel über der Stadt erhoben hatte und jeden Moment bereit war, ihn herniederfahren zu lassen. Seine ernannten Magistrate und Steuereintreiber schauten den Balkhiten in den Marktständen und an den Tischen der Geldwechsler immer noch wachsam über die Schulter.
    Ich kann nur wiederholen, was ich schon einmal wahrheitsgetreu -gesagt habe: Wir Reisenden hatten uns östlich des Furat-Fluß-Beckens in Ländern bewegt, die zum Mongolen-Khanat gehörten. Wären wir bei den Eintragungen in unsere Landkarten so sträflich vereinfachend vorgegangen und würden wir über die ganze Länge dieses Teils der Welt ›Mongolen-Khanat‹ geschrieben haben -wir hätten uns die ganze Mühe des Karten-Vervollständigens ersparen können. Denn dann wären die Karten weder für uns noch für sonst jemand von größerem Nutzen gewesen. Wir hofften schließlich, unsere Reise eines Tages in entgegengesetzter Richtung zu wiederholen und nach Hause zurückzukehren, und außerdem hofften wir, daß diese Landkarten selbst danach noch für ganze Ströme von Handelsgütern zwischen Venedig und Ki-thai richtungsweisend sein würden. Aus diesem Grund holten mein Vater und mein Onkel unsere Kopie des Kitab alle paar Tage hervor und trugen nach gründlicher Überlegung, Beratung und schließlicher Übereinkunft die Zeichen für Berge und Flüsse, Städte und Wüsten und andere Landmarken dieser Art darin ein.
    Diese Aufgabe war inzwischen wichtiger geworden denn je. Von der Küste der Levante bis nach Asien -bis in die Gegend von Balkh - hatte der arabische Kartograph al-Idrisi sich als verläßlicher Führer für uns erwiesen. Wie mein Vater schon vor langer Zeit einmal gesagt hatte, muß al-Idrisi irgendwann einmal persönlich durch all diese Gebiete gekommen und sie mit eigenen Augen gesehen haben. Aber von Balkh an ostwärts schien al-Idrisi sich auf Hörensagen und Informationen anderer verlassen zu haben -und zwar auf die Aussagen nicht sonderlich zuverlässiger Beobachter. Die östlicheren Landkarten des Kitab zeichneten sich vornehmlich dadurch aus, daß sie relativ spärlich Angaben über Landmarken enthielten und noch dazu die Dinge, die eingezeichnet waren -Flüsse etwa und Gebirgszüge -, sich häufig als an falscher Stelle eingetragen erwiesen.
    »Außerdem kommen mir die Landkarten von hier an erstaunlich klein vor«, sagte mein Vater, als er

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