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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Mongolen einst im Kazhak-Land eine Stadt namens Kzyl-Orda, die ihrer Belagerung lange standhielt. Das Wort Kazhak bedeutet »Mann ohne Herr«, und die Kazhackrieger, die wir im Westen Kosaken nennen, sind nahezu genauso furchteinflößend wie die Mongolen. Aber die Belagerer hatten die Stadt nicht nur umzingelt und warteten auf die Übergabe, -sie nutzten die Wartezeit, um einen neuen Kanal für den nahe gelegenen Syr-Daria-Fluß zu graben. Sie leiteten den Fluß um, überfluteten Kzyl-Orda und ertränkten jeden Menschen darin.
    »Überflutung ist ein sehr gutes Mittel, wenn man eine Stadt einnehmen will«, sagte einer der Männer. »Wirkungsvoller als große Felsbrocken oder Brandpfeile ins Stadtinnere zu schicken.
    Ein weiteres gutes Mittel ist es, die Leichen von Erkrankten hineinzukatapultieren. Damit bringt man alle Verteidiger um, aber die Gebäude bleiben heil für neue Bewohner. Der einzige Nachteil solcher Kampfmethoden besteht darin, daß unsere Führer dadurch um etwas gebracht werden, woran ihnen besonders liegt -die Siegesfeier an menschlichen Tischen abzuhalten.«
    »An menschlichen Tischen?« fragte ich nach in der Annahme, mich verhört zu haben. »Uu?«
    Lachend erklärten sie, was sie meinten. Bei den Tischen handelte es sich um schwere Planken, die vom gebeugten Nacken knieender Männer getragen würden -den besiegten Offizieren einer geschlagenen Armee. Und sie lachten herzlich, als sie das Gestöhn und Geschluchz dieser hungrigen Männer nachmachten, die sich unter dem Gewicht der mit hochgetürmten Fleischbergen und schäumenden kumis-Krügen beladenen Planken beugten. Und als sie die noch erbärmlicheren Schreie dieser Tisch-Menschen nachmachten, die diese nach dem Gelage ausstießen, feixten sie geradezu -denn dann sprangen die feiernden Mongolen auf die Tische, um ihre temperamentvollen Siegestänze darauf auszuführen.
    Als sie von ihren Kriegserlebnissen berichteten, nannten sie die Namen verschiedener Anführer, unter denen sie gedient hatten, und diese Anführer hatten für meine Begriffe eine verwirrende Vielfalt von Titeln und Rängen. Allmählich dämmerte mir jedoch, daß ein Mongolenheer keinesfalls eine formlose Horde ist, sondern eine vorbildliche Organisation darstellt. Der kräftigste, wildeste und kriegserfahrendste von je zehn Mann wird zu deren Hauptmann gemacht. Genauso ist von je zehn Hauptleuten einer der Oberste, dem also hundert Mann unterstehen. Im Zehnerreigen geht es weiter. Von jeweils zehn Obersten ist einer General, der tausend Mann um seine Fahne schart. Von je zehn Generälen ist einer sardar, der mithin zehntausend Mann befehligt. Das Wort für »zehntausend« lautet toman, ein Wort, das gleichzeitig »Yakschweif« bedeutet, infolgedessen ist die Standarte des sardar ein Yakschweif, der anstelle eines Wimpels an einer Stange befestigt ist.
    Das ist ein überragend gut funktionierendes Befehlssystem, denn jeder Offizier braucht sich auf jedem Niveau, vom Hauptmann bis zum sardar, beim Plänemachen und Entscheidungen-Treffen nur mit neun anderen Gleichgestellten ins Benehmen zu setzen. Nur einen höheren Rang als den des sardar gibt es noch. Das ist der orlok, was etwa Oberbefehlshaber bedeutet, der mindestens zehn sardars und ihre tomans unter sich hat und ein tuk von hunderttausend und manchmal mehr Kriegern bildet. Seine Macht ist so ungeheuer groß, daß der Rang eines orlok selten jemand anders verliehen wird als einem regierenden Ilkhan aus der Familie des Chinghiz. Das Heer, das damals im bok von Kashgar lagerte, gehörte zu den Streitkräften unter dem Befehl von Orlok-und-Il-khan Kaidu.
    Jeder Mongolenführer muß nicht nur im Kampf ein guter Führer sein, sondern in anderen Zeiten auch das, was Moses für die Israeliten auf ihren Wanderungen war. Ob er nun ein Hauptmann mit zehn Untergebenen ist oder ein sardar, dem zehntausend Mann unterstehen, er ist verantwortlich für die Truppenbewegung, für die Verpflegung der Krieger, ihrer Frauen und Kinder und aller, die sonst noch zum Lager gehören
    - wie zum Beispiel auch die betagten Veteranen, die zu nichts mehr nütze sind, gleichwohl jedoch das Recht haben, zum Nichtstun in der Garnison verdammt zu werden. Außerdem ist der Offizier verantwortlich für die Viehherden, die die Truppe begleiten: die Reitpferde, das Schlachtvieh, die Yaks oder Esel oder Maultiere oder Kamele, die als Lasttiere dienen. Nur um bei den Pferden einmal eine Zahl zu nennen: Jeder Mongole ist mit durchschnittlich achtzehn

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