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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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der Linden Lüfte und Geschlagenen Luft, mit anderen Worten, die Gasse der Fächermacher. Hang-zhos Fächer werden überall im Land hochgeschätzt -denn hier wurde der Faltfächer erfunden -, und manche weisen bis zu fünfzig Rippen auf. Alle sind sie mit bezaubernden Bildern bemalt, bisweilen auch mit frech ungezogenen. Nahezu hundert Familien in unserer Stadt sind nun schon generationenlang Fächermacher; das Handwerk wird vom Vater auf den Sohn und von diesem auf den Enkel weitervererbt.«
    Und er sagte: »Das Bauwerk zu unserer Rechten ist das größte in der Stadt. Zwar ist es nur acht Stockwerke hoch und damit nicht das höchste, aber es erstreckt sich in der einen Richtung von einer Straße bis zur nächsten, und in der anderen von einem Kanal bis zum anderen. Es beherbergt Hang-zhos ständige Markthalle, ich glaube, in ganz Manzi der einzige Markt, der nicht unter freiem Himmel stattfindet. In den hundert oder noch mehr Räumen darin werden jene Waren zum Verkauf ausgestellt und feilgeboten, die zu empfindlich sind, sie draußen vorzuführen - feine Möbel, Kunstwerke, verderbliche Waren, Kindersklaven und dergleichen.«
    Und er sagte: »Hier, wo der Kanal so stattlich verbreitert wurde, nennt man ihn Xi Hu, den Westsee. Seht Ihr die hellerleuchtete Insel in der Mitte? Selbst zu dieser späten Stunde haben rings um die Insel noch Boote und san-pans festgemacht. Möglich, daß einige Leute die Tempel auf der Insel besuchen, doch die meisten sind da, weil sie sich amüsieren wollen. Hört Ihr die Musik: Die Trinkstuben auf der Insel bleiben die ganze Nacht über offen, und dort werden Essen und Trinken und Lustbarkeiten angeboten. Manche Gasthäuser stehen allen offen, die kommen, andere werden ausschließlich von wohlhabenden Familien zu ihren Familienfeiern, Hochzeiten und Banketten gemietet.«
    Und er sagte: »In der Straße, die zu Eurer Rechten abgeht, hängt vor den meisten Türen eine rote Seidenlaterne; es ist also die Straße der Freudenhäuser. Hang-zho unterwirft seine Prostitutierten strengen Vorschriften; so wird auch streng zwischen den verschiedenen Klassen unterschieden, von der Klasse der Großen Kurtisanen bis hinunter zu den Hafenhuren, doch alle werden in bestimmten Abständen untersucht, um zu gewährleisten, daß die Sauberkeit nicht zu kurz kommt und die Mädchen gesund bleiben.«
    Bislang hatte ich immer nur beifällig gemurmelt und Fung zu verstehen gegeben, daß ich seine Erläuterungen zu schätzen wisse, doch als er das Thema Prostituierte aufgriff, sagte ich:
    »Mir sind auch tagsüber eine ganze Menge aufgefallen, die durch die Straßen zogen; so etwas habe ich noch in keiner anderen Stadt erlebt. Hang-zho scheint ziemlich duldsam ihnen gegenüber.«
    »Ahem. Das, was Ihr bei Tageslicht gesehen habt, werden wohl männliche Prostituierte gewesen sein. Eine Klasse für sich, die allerdings gleichfalls durch Statuten reguliert wird. Wenn sich je eine Hure an Euch heranmacht und Ihr geneigt seid, Euch ihrer Dienste zu bedienen, beseht Euch als erstes ihre Armreifen. Ist ein kupferner darunter, handelt es sich nicht um eine Frau, und wenn sie noch so weiblich aussieht. Der Kupferreif wird von der Stadt vorgeschrieben -um zu verhindern, daß die männlichen Huren, die unseligen, nicht als das gelten, was sie eben doch nicht sind.« Mich voller Unbehagen daran erinnernd, daß ich der Neffe eines solchen Unseligen war, sagte ich vielleicht ein wenig säuerlich: »Hang-zho scheint in vieler Hinsicht als Stadt sehr tolerant zu sein, und Ihr persönlich auch.«
    Er sagte nur leutselig: »Ich bekenne mich zu Tao. Jeder von uns geht seinen eigenen Weg. Ein Mann, der sein eigenes Geschlecht liebt, ist aus freiem Willen heraus nur das, was ein Eunuch unfreiwillig ist. Da beide schon die Mißbilligung ihrer Ahnen erregen, weil sie ihren Stamm nicht fortsetzen, brauche doch nicht ich ihnen auch noch Vorwürfe zu machen. Doch seht, dort drüben, zu Eurer Rechten, der hohe Trommelturm ist der Mittelpunkt der Stadt und außerdem unser höchstes Bauwerk überhaupt. Er ist Tag und Nacht bemannt, damit bei jedem Feuer, das ausbricht, sofort Alarm getrommelt werden kann. Auch ist Hang-zho nicht auf zufällig Vorüberkommende und Freiwillige angewiesen, um Brände zu löschen. Ganze tausend Mann stehen in Lohn und Reis, bloß weil sie ständig für diese Aufgabe bereitstehen.«
    Schließlich brachte unsere Barke uns an die Schiffslände unseres eigenen Hauses, genauso, als wären wir in Venedig, und dieses

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