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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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die Farbe vielmehr unter die Haut, wo sie nie wieder abgewaschen werden konnte. Sie bewerkstelligten dies mit Hilfe eines scharfen zhu-gan-Spans und dem Ruß verbrannten Sesamöls. Der Ruß war schwarz, nahm jedoch, wenn er unter die Haut geschoben wurde, eine bläuliche Färbung an und bildete Punkte und Linien. Es gab sogenannte Künstler in diesem Gewerbe, die von Dorf zu Dorf zogen und überall mit offenen Armen aufgenommen wurden, denn ein Mien-Mann galt als weibisch, wenn er nicht bunt geschmückt war wie ein quali-Teppich. Mit dem Farbeindrücken wurde bereits in früher Jugend begonnen; zwischen schmerzvollen Sitzungen wurden Ruhezeiten eingelegt, doch fuhr man mit dem ganzen Verfahren fort, bis der junge Mann von den Knien bis zur Taille über und über mit bläulichen Mustern bedeckt war. War der Betreffende aber wirklich eitel und konnte er es sich leisten, die Dienste des Künstlers noch weiter in Anspruch zu nahmen, stellte der Mann, mit einer Art von rotem Farbstoff unter den blauen, auch noch rote Muster her; erst wenn dies geschehen war, galt ein Mann als wahrhaft schön.
    Diese besondere Verhäßlichung blieb den Männern vorbehalten, doch an einer anderen ließen sie die Frauen für gewöhnlich teilnehmen; der wenig ansprechenden Gewohnheit, ständig etwas zu kauen. Ja, ich glaube, die Mien im Dschungel verrichteten ihre Forstarbeit nur, um sich ein weiteres Produkt der Bäume leisten zu können -eines, das man kauen konnte und das sie nicht selbst anbauen konnten, sondern einführen mußten. Es handelt sich um die Nuß eines areca genannten Baums, der nur in Meeresküstennähe gedieh. Die Mien kauften diese Nüsse, kochten sie, zerschnitten sie in dünne Scheiben und ließen sie in der Sonne schwarztrocknen. Immer, wenn sie sich etwas Gutes antun wollten - und das war ständig der Fall -, nahmen sie eine Scheibe der areca-Nuß, tupften etwas Kalk darauf, rollten sie in das Blatt eines betel genannten Rankgewächses, steckten sich dieses Bündel in den Mund und kauten es durch - oder vielmehr kauten sie einen solchen Batzen nach dem anderen, den lieben langen Tag lang. Für die Mien war dies das gleiche wie das Wiederkäuen für die Kühe: ihre einzige Ablenkung, ihre einzige Freude, die einzige Tätigkeit, der sie sich hingaben und die nicht absolut lebensnotwendig gewesen wäre. Ein Dorf voller Mien -Männer, Frauen und Kinder -war kein hübscher Anblick. Er wurde aber auch nicht schöner dadurch, daß sie alle ihre Kinnladen betätigten, unablässig -auf und zu, auf und zu, auf und zu.
    Doch nicht einmal damit hatte ihre Selbstbesudelung ein Ende. Das Kauen von areca und betel hatte nämlich noch eine Nebenwirkung -sie färbte den Speichel dessen, der kaute, leuchtend rot. Da ein Mien als kleines Kind gleich nach der Entwöhnung von der Mutterbrust mit dem Kauen anfing, waren, wenn es heranwuchs, Gaumen und Lippen so rot wie offene Wunden, die Zähne so dunkel und verrunt wie Teakbaumrinde. Genauso, wie die Mien einen Mann dann als schön betrachteten, wenn er seine ohnehin unansehnliche Körperfarbe verschandelt hatte, so galt eine Frau unter ihnen nur dann als schön, wenn sie ihre ohnehin bereits dunklen Teak-Rinden-Zähne mit einem Lack überzogen hatte, der sie absolut schwarz färbte. Als mich so eine Mien-Schöne zum erstenmal mit einem teerschwarzen und krebsroten Lächeln bedachte, wich ich vor Entsetzen ein paar Schritte zurück. Als ich mich wieder gefaßt hatte, fragte ich Yissun nach dem Grund für diese scheußliche Entstellung. Er fragte die Frau und dolmetschte mir ihre hochmütige Antwort:
    »Aber weiße Zähne sind doch nur was für Hunde und Affen.«
    Da gerade von Weiß die Rede ist: Ich hätte erwartet, daß diese Leute bei meinem Erscheinen einigermaßen überrascht oder sogar verängstigt gewesen wären, denn ich war bestimmt der erste weiße Mann, der je im Lande Ava gesehen wurde. Sie ließen jedoch bei meinem Anblick überhaupt keine Gefühlsregung erkennen. Man hätte meinen können, ich wäre irgendein nat, den man nicht sonderlich zu fürchten brauchte, und ein wenig tüchtiger obendrein, da er sich ausgerechnet die Gestalt eines kränklich-farblosen Menschen ausgesucht hatte. Allerdings bekundeten die Mien auch keinen Groll, keine Angst und keinen Haß vor Yissun und unseren Ruderern, obwohl sie sich durchaus darüber im klaren waren, daß die Mongolen ihr Land erst vor kurzem erobert hatten. Auf ihre träge und energielose Haltung angesprochen, zuckten sie nur mit

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