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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ihrem Herrschaftsbereich für die Nachwelt festgehalten haben, besaßen die Hindus kein einziges Buch, in dem ihre eigene Geschichte nacherzählt wurde. Sie besaßen nur »heilige« Sammlungen unglaubwürdiger Legenden – unglaubwürdig deshalb, weil in ihnen sämtliche Hindumänner als von Tigermut beseelt und von großer Findigkeit getragen dargestellt wurden und alle Hindufrauen als engelhafte, liebenswerte Wesen. Und noch ein Beispiel: Das Sari genannte indische Kleidungsstück und auch der dhoti bestanden aus nichts anderem denn einer Gewebebahn. Das lag daran, daß, wiewohl selbst die primitivsten Völker woanders längst die Nadel und die Näherei erfunden hatten, die Hindus noch nicht gelernt hatten, mit Nadel und Faden umzugehen und deshalb auch in keiner ihrer vielen Sprachen ein Wort für »Schneider« hatte.
    Wie, so fragte ich mich, konnte ein Volk, das nicht einmal vom Nähen eine Ahnung hatte, diese zarten, kunstvollen Tempelsteinbilder ersonnen und vor allem ausgeführt haben? Wie konnte ein so träges, verschlagenes und jämmerliches Volk hier Männer und Frauen abgebildet haben, die Lebensfreude, Behendigkeit, Einfallsreichtum, Sorglosigkeit und Geschicklichkeit im Übermaß zum Ausdruck brachten? Sie konnten einfach nicht die Künstler gewesen sein. Irgendwann einmal, dazu rang ich mich durch, mußten diese Lande lange vor der Ankunft der Hindus von einem anderen Volk besiedelt gewesen sein, das begabt und lebhaft gewesen war. Gott allein weiß, wohin dieses überlegene Volk verschwunden sein mag; zurückgelassen hatten sie jedenfalls ein paar Kunstwerke wie diesen überwältigend kunstvoll gestalteten Tempel, und das war alles. Sonst hatten sie keinerlei Spuren in den spätergekommenen hinduistischen Eindringlingen hinterlassen. Das war zwar bedauerlich, überraschte jedoch kaum. Ob solch ein Volk sich wohl mit den Hindus vermischt hatte?
    »Ja, und hier, Marco-wallah«, sagte Tofaa belehrend, »seht Ihr ein Paar verschlungen in dem, was man die kaja-Stellung nennt nach der Kobra-Schlange, die Ihr ja kennt.«
    Nach Schlangenhaftigkeit sah das wahrhaftig aus, und die Stellung war in der Tat etwas Neues für mich. Der Mann schien am Rand eines Bettes zu sitzen. Die Frau lag auf und gegen ihn gelehnt da, hatte den Kopf nach unten hängen, den Oberkörper zwischen den Beinen des Mannes, die Hände auf dem Boden, die Beine um die Hüfte des Mannes geschlungen, wobei er zärtlich ihr Gesäß mit den Händen umfaßte und sein linga offenbar in ihrer umgedrehten yoni steckte.
    »Eine äußerst nützliche Stellung«, erklärte der sahdu, während Tofaa dolmetschte. »Angenommen, Ihr wolltet surata mit einer buckligen Frau machen. Wie Ihr wohl wißt, könntet Ihr eine Frau mit einem Buckel nicht einfach rücklings auf ein Bett werfen, sonst wackelt sie und schaukelt auf ihrem Buckel hin und her, was höchst unbequem sein dürfte, und…«
    »Gèsu!«
    »Ihr lechzt zweifellos danach, einmal die kaja-Stellung auszuprobieren, Marco-wallah«, sagte Tofaa. »Doch bitte, stoßt mich nicht vor den Kopf, indem Ihr ausgerechnet mich bittet sie mit Euch auszuprobieren. Nein, nein. Allerdings sagt er, er habe im Tempel drinnen eine ungemein fähige und ungemein bucklige devadasi-Frau, die für ein kleines Silberstück…«
    »Vielen Dank, Tofaa, und dankt bitte dem sadhu in meinem Namen. Auch in diesem Falle bin ich bereit, es einfach zu glauben.«
    5
     
    »Ich habe den Zahn Eures Buddhas, Marco-wallah!« sagte der kleine Raja. »Ich freue mich über den glücklichen Ausgang Eurer Suche.«
    Rund drei Monate waren seit der ähnlich lautenden ersten Ankündigung vergangen, und in dieser Zeit war kein anderer Zahn -weder ein kleiner noch ein großer -im Palast abgeliefert worden. Ich hatte meine Ungeduld gezügelt, denn ich hatte mir gesagt, daß Perlentaucher wirklich schwer zu fassen sind. Nun war ich froh, endlich das echte Stück in Händen zu haben. Ich war Indiens und seiner Hindus inzwischen sehr leid geworden, und auch der kleine Raja hatte mir deutlich gemacht, daß er nicht gerade laut weinen würde, falls ich abreiste. Es war nicht eigentlich so, daß ihm mein Besuch lästig geworden wäre, er erregte vielmehr seinen Argwohn. Offenbar hatte sich in seinem kleinen bißchen Grips die Vorstellung breitgemacht, daß ich meine Zahnsuche nur als Vorwand für meine eigentliche Mission benutzen könnte, das Gelände für eine mongolische Invasion auszukundschaften. Nun, ich wußte, die Mongolen hätten sich für

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