Marco Polo der Besessene 2
dieses elende Land bedankt, selbst wenn es ihnen zum Geschenk gemacht würde. Mein Takt verbot es mir jedoch, dies dem kleinen Raja zu sagen. Am besten räumte ich sein Mißtrauen dadurch aus, daß ich den Zahn nahm und mich empfahl -und genau das gedachte ich zu tun.
»Es ist wirklich ein prachtvoller Zahn«, sagte ich, und diese ehrfürchtige Scheu, die mich ergriff, war nicht gespielt. Hier handelte es sich offensichtlich nicht um eine Fälschung, sondern um einen gelblichen, ziemlich länglichen Backenzahn, dessen Kaufläche größer war als mein Handteller, die Wurzel fa st so lang wie mein Unterarm und das Gewicht auch nicht geringer als bei einem Stein von dieser Größe. Ich fragte: »Ist es der Perlentaucher gewesen, der ihn gebracht hat? Ist er hier? Ich muß ihm seine Belohnung geben.«
»Ah, der Perlentaucher«, sagte der kleine Raja. »Der Verwalter hat den guten Mann in die Küche hereingeholt, um ihm was Gutes zu essen vorzusetzen. Wenn Ihr die Belohnung mir geben wollt, Marco-wallah -ich werde dafür sorgen, daß er sie bekommt.« Seine Augen weiteten sich, als ich ihm klirrend ein Halbdutzend Goldstücke in die Hand schüttelte. »Ach-chaa, so viel?«
Lächelnd erklärte ich: »Das ist er mir wert, Hoheit«, -ohne groß darauf herumzureiten, daß ich dem Tauchersmann nicht nur für den Zahn, sondern auch dafür dankbar zu sein hatte, nun endlich abreisen zu können.
»Mehr als großzügig, aber er soll es bekommen«, sagte der kleine Raja. »Und ich werde den Verwalter bitten, eine hübsche Schachtel zu suchen, in die Ihr die Reliquie hineintun könnt.«
»Dürfte ich auch noch um ein paar Pferde für mich und meinen Dolmetsch bitten, damit wir zurückreiten können an die Küste, wo wir sehen wollen, daß wir mit dem Schiff weiterkommen?«
»Ihr sollt sie haben, gleich morgen früh, und dazu noch zwei stattliche Krieger von der Palastwache zu Eurer Begleitung.«
Ich beeilte mich, für die Abreise zu packen, und wies Tofaa an, desgleichen zu tun. Sie willigte ein, jedoch schien sie nicht besonders fröhlich. Wir waren immer noch beim Packen, als der Musikmeister in unseren Gemächern vorsprach, um uns Lebewohl zu sagen. Er und ich tauschten Komplimente, gute Wünsche und salaam aleikums, und als sein Auge zufällig auf die Sachen fiel, die ich auf dem Bett bereitgelegt hatte, bemerkte er:
»Wie ich sehe, nehmt Ihr zur Erinnerung an Euren Aufenthalt hier einen Elefantenzahn mit.«
»Was?« sagte ich. Er hatte den Blick auf den Buddhazahn gerichtet. Ich lachte über den guten Witz, den er gemacht hatte,
und sagte: »Kommt, kommt, Meister Khusru. Mich legt Ihr nicht herein. Der Zahn eines Elefanten ist größer als ich; wahrscheinlich könnte ich ihn noch nicht einmal tragen, so schwer ist er.«
»Der Stoßzahn, ja. Aber meint Ihr etwa, ein Elefant kaute sein Futter mit den Stoßzähnen? Zu diesem Zweck ist er mit mächtigen Backenzähnen ausgestattet, wie diesem hier. Ich nehme an, Ihr habt noch nie einen Blick in das Maul eines Elefanten geworfen, ja?«
»Nein, das habe ich nicht«, murmelte ich und knirschte still für mich mit meinen Backenzähnen. Ich wartete, bis er sein letztes salaam gemacht und uns verlassen hatte, dann platzte ic h: »A cavàl donà no seghe varda in boca! Che le vegna la cagasangue!«
»Was schreit Ihr da, Marco-wallah?« fragte Tofaa.
»Möge Bauchgrimmen den verfluchten Raja befallen!« wütete ich. »Die kleine Laus hatte Angst, ich könnte noch länger hierbleiben, und hat wohl jeden Glauben aufgegeben, es könnte je noch jemand mit einem Buddhazahn auftauchen gleichgültig, ob echt oder falsch. Da hat er eben selbst einen beschafft. Und hat mir meine Belohnung dafür abgeknöpft! Kommt, Tofaa, das muß ich ihm offen ins Gesicht sagen, für was ich ihn halte!«
Wir gingen nach unten, fanden den Palastverwalter, woraufhin ich Audienz beim kleinen Raja verlangte, doch der Mann sagte ausweichend:
»Der Raja hat sich in der Sänfte in die Stadt tragen lassen, um seinen Untertanen das Vorrecht zukommen zu lassen, ihn zu sehen und zu bewundern und ihm zuzujubeln. Das habe ich gerade diesem unverschämten Besucher gesagt, der behauptet, von weit her zu kommen, eigens, um den Raja aufzusuchen.«
Als Tofaa das dolmetschte, warf ich nur ungeduldig einen Blick auf diesen Besucher -nichts weiter als wieder ein dhoti
bekleideter Hindu -, doch woran mein Blick hängenblieb, das war der Gegenstand, den er in Händen trug, und im selben Augenblick rief Tofaa
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