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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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aufgeregt:
    »Das ist er, Marco-wallah! Es ist wirklich der Perlentaucher, den ich noch aus Akyab kenne.«
    Und in der Tat: Was der Mann in Händen trug, war ein Zahn. Auch dieser ein gewaltig großer Zahn, meiner letzten Erwerbung durchaus ähnlich, nur, daß er in die Maschen eines Goldgewebes eingehüllt war wie ein Stein in eine Fassung; außerdem wies das Ganze die Patina unverkennbar hohen Alters auf. Tofaa und der Mann zischelten miteinander, und dann wandte sie sich wieder an mich.
    »Er ist es wirklich, Marco-wallah, der Mann, der in der Spielhalle von Akyab mit meinem lieben verstorbenen Gatten gespielt hat. Und dies ist die Reliquie, die er an diesem Tag beim Würfelspiel gewann.«
    »Wieviele hat er gewonnen?« sagte ich immer noch voller Mißtrauen. »Einen hat er bereits abgeliefert.«
    Zischel, zischel - dann redete Tofaa wieder mich an. »Von einem anderen weiß er nichts. Er ist gerade eben erst angekommen und hat den ganzen Weg von der Küste hierher zu Fuß zurückgelegt. Der Zahn ist der einzige, den er je gehabt hat, und er ist auch traurig, ihn hergeben zu sollen, denn er hat in der vergangenen Saison seine Ausbeute an Perlen beträchtlich anwachsen lassen. Trotzdem ist er dem Aufruf des Raja getreulich nachgekommen.«
    »Welch wunderbares Zusammentreffen«, sagte ich. »Das heute scheint ein Tag für Zähne zu sein.« Und als ich draußen im Hof Bewegung vernahm, fuhr ich fort: »Da kommt der Raja, genau im richtigen Augenblick, um den einzigen rechtschaffenen und ehrlichen Hindu in seinem Reiche kennenzulernen.«
    Von seinem aus Hofbeamten, Glückwünschern und anderen Speichelleckern bestehenden Gefolge umgeben, stolzierte der kleine Raja herein und blieb überrascht stehen, als er unsere Gruppe in der Eingangshalle warten sah. Tofaa und der Verwalter sowie der Perlentaucher brachen in die Knie, um den Kopf nicht höher zu tragen als Seine Hoheit, doch ehe ein anderer etwas sagen konnte, wandte ich mich auf farsi an den kleinen Raja und sagte seidenglatt:
    »Hoheit, offenbar hat der gute Perlentaucher sich über die Belohnung für den ersten Zahn - und die Mahlzeit, die Ihr ihm habt zukommen lassen -dermaßen gefreut, daß er gleich noch einen zweiten bringt.«
    Der kleine Raja wirkte verdutzt, doch hatte er die Situation schnell begriffen und erkannt, daß ich ihm auf die Schliche gekommen war. Er gab sich jedoch nicht schuldbeladen oder eingeschüchtert sondern nur entrüstet, warf dem Perlentaucher einen giftigen Blick zu und wartete dann mit einer weiteren offenkundigen Lüge auf:
    »Der habgierige Schuft versucht nur, Euch auszunutzen, Marco-wallah.«
    »Vielleicht tut er das, Hoheit«, sagte ich und tat weiterhin so, als glaubte ich der Farce, die er uns vorspielte. »Trotzdem nehme ich auch seine neue Relique dankbar an. Denn jetzt kann ich die hier meinem Khakhan Kubilai schenken und die andere Eurer Gnädigen Hoheit als Abschiedsgeschenk zurücklassen. Hoheit haben sie verdient. Bleibt nur noch die Frage der Belohnung, die ich bereits bezahlt habe. Bekommt der Perlentaucher für seine neueste Lieferung noch einmal soviel?«
    »Nein«, erklärte der kleine Raja kalt. »Ihr habt bereits sehr großzügig bezahlt. Ich werde den Mann bewegen, sich damit zufriedenzugeben. Glaubt mir, dazu bringe ich ihn schon.«
    Mit harter Stimme gab er dem Verwalter Befehl, den Mann in die Küche zu bringen und ihm dort etwas zu essen vorzusetzen noch etwas zu essen, wie hinzuzufügen er nicht vergaß -, und stapfte dann wütend weiter in seine Gemächer. Tofaa und ich kehrten in die unseren zurück, um weiter zu packen. Sorgfältig wickelte ich den neuen, in seinen Goldmaschen ruhenden Zahn zum Transport ein, ließ den anderen aber einfach da -mochte der Raja hinterher damit machen, was er wollte.
    Ich habe den Mann nie wiedergesehen. Vielleicht brachte er es einfach nicht fertig, mir nochmals gegenüberzutreten in dem Bewußtsein, daß ich Kumbakonam jetzt mit einer noch schlechteren Meinung über ihn verließ, als ich sie vorher schon gehabt hatte; denn jetzt wußte ich, daß er nicht nur das Zerrbild eines Potentaten darstellte, sondern auch noch ein Geber falscher Geschenke war, einer, der sein eigenes Volk betrügt, der einen Mann einfach um eine verdiente Belohnung bringt und
    -schlimmer als all das zusammen -ein Mann, der unfähig war, zuzugeben, sich geirrt, falsch gehandelt oder eine Schuld auf sich geladen zu haben. Doch wie dem auch sei, er wünschte uns nicht Lebewohl, ja, kam nicht einmal

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