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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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unterschiedlich Paradies und Arkadien und Elysium und von den Muslimen sogar Djennt genannt wird. Genauso kann Srihalam von jedem Volk, das die Insel jemals bewundert hat, einen anderen Namen erhalten haben. Die alten Griechen und Römer nannten es Taprobane, was soviel heißt wie Lotusteich, und die frühen maurischen Seefahrer nannten es Tenerisim oder Insel des Entzückens, während arabische Seefahrer es heutzutage Serendib nennen, was eigentlich nur eine fehlerhafte Aussprache jenes Namens ist, den die Insulaner dem Eiland selbst gegeben haben: Srihalam. Dieser Name -Ort der Edelsteine -wird in verschiedenen Sprachen auf ihre Weise wiedergegeben. So nennen die Cholas vom Festland die Insel Ilanare, die anderen Hindus Lanka und unsere Han-Kapitäne Bao Di-fang.
    Wiewohl wir in Srihalam unbedingt anlegen mußten, um Wasser und andere Vorräte zu übernehmen, hatten unsere Kapitäne samt Mannschaft, die Dame Kukachin und ihr Gefolge und ich nebst Vater nicht das geringste dagegen, uns dort etwas länger aufzuhalten. Mein Vater machte dort sogar ein paar Geschäfte -der Name »Ort der Edelsteine« war ebenso zutreffend wie poetisch -und erwarb ein paar Saphire von einer Reinheit, wie wir sie nirgends sonst gesehen hatten, riesige tiefblaue Steine, in deren Inneren sterngleich Strahlen blitzten. Ich selbst tätigte keine Geschäfte, sondern begnügte mich damit, herumzulaufen und mir alles anzusehen. Zu den Sehenswürdigkeiten der Insel gehörten auch ein paar uralte, verlassene Städte mitten im Dschungel, die jedoch auch heute noch eine Schönheit der Baukunst und der Verzierungen verrieten, daß ich mich fragte, ob dieses Volk von Srihalam wohl die Reste jener bewundernswerten Menschen wären, die Indien vor den Hindus bewohnt und Tempel gebaut hatten, von denen die Hindus jetzt behaupteten, sie seien ihr Werk.
    Der Kapitän unseres Schiffes und ich waren froh, uns die Beine nach so langer Schiffsreise etwas vertreten zu können, nahmen uns ein paar Tage, zu einem Schrein auf höchster Bergesspitze hinaufzuklettern, wo, wie mir einmal ein pongyi in Ava erzählt hatte, Buddha seinen Fußabdruck zurückgelassen hatte. Ich sollte wohl sagen, daß die Buddhisten es so nannten. Für Hindupilger war es der Abdruck ihres Gottes Siva, und muslimische Pilger ließen sich nicht davon abbringen, daß es der Fußabdruck Adams sei, während irgendwelche christlichen Besucher vermuteten, es müsse sich um den von San Tommaso oder dem des Prête Zuàne, des Priesters Johannes, handeln; mein Gefährte, ein Han, war hingegen der Überzeugung, dieser Abdruck sei von Pan-ku hinterlassen worden, dem Han-Urahn der gesamten Menschheit. Ich bin kein Buddhist, und dennoch bin ich geneigt zu glauben, daß der längliche Abdruck im Felsen, der dort zu bewundern war -nahezu so lang und so breit wie ich -, wohl doch von dem Buddha hinterlassen worden sein muß; denn ich habe seinen Zahn gesehen und weiß daher, daß er ein Riese gewesen sein muß. Außerdem habe ich persönlich nie irgendwelche Beweise zu sehen bekommen, die die anderen für ihre Überzeugung ins Feld führen.
    Offen gestanden interessierte ich mich weniger für den Fußabdruck als für eine Geschichte, die uns von eine m zu diesem Tempel gehörenden bhikku (wie ein pongyi auf srihalam heißt) erzählt wurde. Er sagte, die Insel sei reich an Edelsteinen, weil der Buddha hier eine Zeitlang geweilt und über die Schlechtigkeit der Welt Tränen vergossen habe. Eine jede von seinen heiligen Tränen sei zu einem Rubin, einem Smaragd oder Saphir versteinert. Doch, sagte der bhikku, könne man diese Edelsteine nicht einfach vom Boden aufsammeln. Sie seien im Inselinneren alle in tiefe Täler hineingeschwemmt worden, und diese Abgründe seien unzugänglich, weil es dort von Giftschlangen nur so wimmele. Aus diesem Grund hätten sich die Insulaner eine sinnreiche Methode für die Gewinnung der kostbaren Steine ausdenken müssen.
    In den Felsspalten über den Tälern nisteten Adler, die von den Schlangen lebten. Deshalb schlichen sich die Menschen nächtens zwischen diese Spalten und würfen Brocken rohen Fleisches hinunter in die Abgründe; beim Aufprallen auf den Boden blieben immer ein paar Edelsteine daran kleben. Am nächsten Tag täten sich die Adler auf der Futtersuche an diesem Fleisch gütlich und ließen die Schlangen in Ruhe. Sobald aber ein Adler sein Nest verlassen habe, klettere ein Mensch hin und taste den Kot des Adlers ab und hole die unverdauten Rubine, Saphire und

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