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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Reiter.«
    3
     
    Wach wurde ich am Nachmittag des nächsten Tages in einem Bett in Gemächern meines Vaters -und hatte einen Kopf, von dem ich fast wünschte, der Liebkoser hätte ihn mir abgeschlagen. Das letzte, woran ich mich noch klar erinnerte, war, daß der Khakhan Chingkim mit dröhnender Stimme befohlen hatte: »Kümmere dich um den jungen Polo! Laß ihm eine eigene Wohnung anweisen! Und Dienerinnen von zweiundzwanzig Karat.« Das hatte alles ganz schön und gut geklungen, doch unbewegliche Dienerinnen aus Metall zu bekommen, selbst wenn sie aus nahezu reinem Gold bestanden, ergab nicht viel Sinn, und so nahm ich an, Kubilai müsse genauso betrunken gewesen sein wie ich in diesem Augenblick und wie Chingkim und alle anderen auch.
    Doch nachdem die beiden Dienerinnen meines Vaters ihm und mir aufgeholfen, uns gebadet, angezogen und einen hochwirksamen Trank gebracht hatten, der uns einen klaren Kopf verschaffen sollte -ein Getränk freilich, das einen so starken Anteil mao-tai aufwies, daß ich es nicht herunterbrachte -, kam Chingkim, um mir einen Besuch abzustatten. Vaters Dienerinnen warfen sich auf den Boden, um ko-tou vor ihm zu machen. Der Wang sah aus, als fühlte er sich genauso wie ich, schob die beiden auf dem Boden Liegenden sanft aus dem Weg und erklärte mir, er sei auftragsgemäß gekommen, um mich in die neue, für mich vorbereitete Wohnung zu geleiten.
    Auf dem Weg dorthin -die Wohnung lag nicht weit von den Gemächern meines Vaters und Onkels entfernt am selben Korridor -dankte ich Chingkim für diesen Höflichkeitsbeweis, und um mich auch einem unbedeutenderen Beamten gegenüber höflich zu zeigen, der beauftragt worden war, mir zu dienen, fügte ich noch hinzu: »Ich weiß nicht, wieso der Khakhan darauf verfallen ist, ausgerechnet Euch zu beauftragen, für meine Bequemlichkeit zu sorgen. Schließlich seid Ihr der Wang dieser Stadt und somit ein nicht gerade besonders hoher Beamter. Das Wohlergehen der Palastgäste sollte Aufgabe eines Palastaufsehers sein, und von Aufsehern wimmelt es in diesem Palast wie auf dem Kopf eines Buddhisten von Flöhen.«
    Er lachte, allerdings nicht laut, um seinen Kopf nicht zu erschüttern. »Ich habe nichts dagegen, hin und wieder auch einmal eine triviale Aufgabe zu übernehmen. Mein Vater findet, man lernt nur dadurch, den Befehl über andere zu übernehmen, wenn man selbst lernt, noch dem geringsten Befehl zu gehorchen.«
    »Euer Vater scheint sich genauso sehr auf weise Sprichwörter zu verstehen wie meiner«, sagte ich freundschaftlich. »Wer ist Euer Vater, Chingkim?«
    »Der Mann, der mir diesen Befehl gegeben hat. Der Khakhan Kubi-lai.«
    »Ach?« sagte ich leichthin, als er mich mit einer Verneigung durch die Tür meiner neuen Wohnung treten ließ. »Dann seid Ihr einer von den Bastarden?« Ich sagte das so, wie ich auch zum Sohn eines Dogen oder Papstes hätte sprechen können, der zwar von vornehmer Abkunft, jedoch auf der falschen Seite des Bettes geboren war. Beifällig betrachtete ich die Tür, denn sie war nicht rechteckig wie bei uns daheim und wies auch keinen spitzen Bogen auf wie die in den Häusern der Muslime. Sowohl diese als auch die anderen zwischen den verschiedenen Gemächern meiner Wohnung hießen je nachdem Mondtür oder Lautentür oder Vasentür, da sie den Umrissen dieser Gegenstände nachgebildet waren. »Das ist ja wirklich eine üppig eingerichtete Wohnung.«
    Chingkim betrachtete mich ungefähr genauso abschätzend wie ich die luxuriöse Einrichtung und sagte dann leise: »Marco Polo, Ihr habt wirklich eine eigene Art, mit Älteren und Hochgeborenen zu sprechen.«
    »Ach, soviel älter als ich seid Ihr nun auch nicht, Chingkim. Wie reizend, diese Fenster gehen auf einen Garten hinaus.« Zugegeben, ich war schon sehr dumm, doch wie gesagt, mit meinem Kopf stand es im Augenblick nicht zum besten. Außerdem hatte Chingkim beim Bankett nicht am Tisch von Kubilais legitimen Söhnen gesessen. Doch beim Gedanken daran fiel mir etwas ein. »Ich habe keine von den Kebsweibern des Khakhan gesehen, die alt genug gewesen wäre, daß sie einen Sohn Eures Alters hätte haben können, Chingkim. Welche der Frauen gestern war Eure Mutter?«
    »Diejenige, die dem Khakhan am nächsten saß. Jamui.«
    Da ich ganz in Betrachtung meiner Schlafkammer versunken war, achtete ich nicht weiter darauf. Das Bett federte herrlich und wies sogar eigens für mich ein Kopfkissen auf, wie wir es in Venedig benutzen, doch daneben -offensichtlich für den

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