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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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der die gekochten und pulverisierten Blätter einer persischen Pflanze namens aspanakh, in Sahne gedünstete Pilze sowie die Blütenblätter verschiedener Blumen enthielt.
    Als die Diener mir Hundertjährige Eier vorsetzten, hätte ich sie beinahe von mir gewiesen, denn es handelte sich um nichts weiter als gewöhnliche hartgekochte Hühner-oder Enteneier, deren Eiweiß jedoch geisterhaft grün aussah, während die Dotter schwarz waren und sie in der Tat so rochen, als wären sie hundert Jahre alt. Chingkim versicherte mir jedoch, in Wirklichkeit seien sie bloß eingelegt, und zwar nur sechzig Tage lang, deshalb kostete ich und fand, daß sie sogar sehr gut schmeckten. Es gab aber noch Merkwürdigeres zu essen – Bärentatzen zum Beispiel und Fischlippen und eine Brühe aus dem Speichel, mit dem eine bestimmte Vogelart ihre Nester zusammenklebt, Taubenfüße in Gelee und einen go-ba genannten Glibber -einen an Reisstengeln wachsenden Pilz -, von denen ich jedoch mutig jedesmal kostete.
    Außerdem gab es auch erkennbare Nahrung -miàn-Nudeln in allen möglichen Formen und Saucen, gefüllte Knödel und Dampfnudeln und die vertrauten Auberginen in einer Fischsauce, die ich nicht kannte.
    Das Bankett zeugte genauso wie die Gäste und die Festhalle in reichem Maße davon, daß die Mongolen ein großes Stück von der Barbarei zur Zivilisation vorangekommen waren, und zwar vornehmlich dadurch, daß sie eine Menge von der Kultur des Han-Volkes übernommen hatten, von dessen Speisenbereitung über ihre Kleider bis zu ihren Badegewohnheiten und ihrer Architektur. Doch der kulinarische Hochgenuß -die piatanza di prima portata -, so sagte Chingkim mir, sei ein schon vor langer Zeit von den Mongolen ersonnenes Gericht, das die Han erst vor kurzem mit Freuden übernommen hatten. Das nannten sie die »Windgeblasene Ente«, deren hochverzwickte Zubereitung Chingkim mir im einzelnen auseinandersetzte.
    So eine Ente, sagte er, komme genau in achtundvierzig Tagen vom Ei in die Küche und bedürfe dann noch weiterer achtundvierzig Stunden Zubereitungszeit. In ihrer kurzen Lebensspanne werde die Ente drei Wochen lang gestopft (so wie die Straßburger aus Lothringen ihre Gänse stopften). Sodann werde das gutgemästete Federvieh geschlachtet, gerupft und ausgenommen und der Entenleib aufgeblasen, gestreckt und sodann im Südwind aufgehängt. »Nur der Südwind macht es«,erklärte Chingkim. Über einem Feuer aus Kampferscheiten wird sie glasiert, danach über einem gewöhnlichen Feuer gebraten, dieweil mit Wein, Knoblauch, Bohnenmelasse und vergorenem Bohnensaft bestrichen, zerlegt und in mundgerechten Stücken serviert. Als das köstlichste daran gelten die Brocken röscher schwarzer Haut. Dazu gibt es leicht gedämpften Lauch, Wasserkastanien und durchsichtige miàn-Nudeln, und wenn es etwas gibt, das die Han den mongolischen Eroberern gegenüber milder stimmt, dann muß das meiner Überzeugung nach die Windgeblasene Ente sein.
    Nach kandierten Lo tusblütenblättern und einer klaren Suppe aus hami-Melonen wurde endlich das allerletzte Gericht auf jeden Tisch gestellt: eine riesige Terrine einfacher gekochter Reis. Das allerdings war eine rein symbolische Geste, denn niemand aß davon. Reis ist die Hauptnahrung der Han -es ist sogar so, daß die Han im Süden kaum etwas anderes zu essen bekommen als Reis -, dem deshalb auf jedem Tisch ein Ehrenplatz gebührt, auch auf dem eines reichen Mannes. Nur nehmen die Gäste eines reichen Mannes Abstand davon, ihn zu essen, denn täten sie das, wäre das eine Beleidigung des Gastgebers, eine Geste, mit der man zu verstehen gäbe, daß die vorhergehenden Köstlichkeiten nicht gereicht hätten.
    Als die Diener dann abdeckten, um die Tische fürs Trinken freizumachen, fingen Kubilai, mein Vater und Onkel sowie etliche andere an, sich zu unterhalten. (Wie ich schon sagte, ist es bei den Mongolen Sitte, beim Essen nicht zu reden, und die anderen Männer im Saal hatten sich daran gehalten. Das jedoch hatte die Mongolinnen nicht abgehalten, das ganze Essen hindurch laut zu gackern und zu kreischen.)
    An meinen Vater und Onkel gerichtet, sagte Kubilai: »Diese Männer, Tang und Fu« - er zeigte auf die beiden Han, die mir bereits aufgefallen waren -»sind zugleich mit euch aus dem Westen gekommen. Die beiden sind Spione von mir, klug und gerissen und unaufdringlich. Als ich erfuhr, daß eine karwan der Han ins Land meines Vetters Kaidu abgehen sollte, um Leichen von Han zum Begräbnis zurückzubringen,

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