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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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hieß ich Tang und Fu, sich ihr anzuschließen.« Aha, dachte ich, das erklärt also, wieso ich glaube, sie schon gesehen zu haben, doch machte ich keine Bemerkung. Kubilai wandte sich an sie: »Berichtet uns, ehrenwerte Spione, welchen Geheimnissen ihr in der Provinz Sin-kiang habt auf die Spur kommen können.«
    Tang redete, als rattere er eine schriftliche Liste herunter, obwohl er nichts dergleichen in der Hand hielt: »Der Ilkhan Kaidu ist orlok eines bok, das ein ganzes tuk umfaßt, von dem er von einem Tag auf den anderen sechs toman ins Feld werfen kann.«
    Der Khakhan schien nicht sonderlich beeindruckt, dolmetschte das Gesagte jedoch für meinen Vater und Onkel: »Mein Vetter befehligt ein Lager von hunderttausend Berittenen, von denen sechzigtausend ständig einsatzbereit sind.«
    Mir war unerfindlich, warum Khan Kubilai berufsmäßige Spione benutzen mußte, um heimlich derlei Dinge herauszubekommen, wo ich sie doch erfahren hatte, bloß weil ich einmal ein Mahl in einer yurtu geteilt hatte.
    Jetzt kam Fu an die Reihe: »Jeder Krieger ist mit einer Lanze, einer Streitaxt, seinem Schild, mindestens einem Schwert und Dolch, einem Bogen und sechzig Pfeilen bewaffnet. Bei dreißig von diesen Pfeilen handelt es sich um solche mit leichten Spitzen -sie dienen zum Weitschießen. Bei dreißig anderen handelt es sich um solche mit schweren Spitzen - sie dienen dem Nahkampf.«
    Auch das war mir nicht neu. Ja, mehr noch: Ich wußte, daß einige dieser Pfeilspitzen Heultöne ausstoßen und furchterregend pfeifen konnten, wenn sie durch die Luft flogen.
    Jetzt war wieder Tang an der Reihe. »Um von der Versorgung im bok unabhängig zu sein, hat ein jeder Krieger noch einen Tontopf zum Kochen dabei, ein zusammenklappbares Zelt und zwei Lederflaschen. Die eine ist mit kumis gefüllt, die andere mit grut; damit kann er lange auskommen, ohne zu verhungern.«
    Fu fügte hinzu: »Kann er sich zufällig noch ein Stück Fleisch verschaffen, braucht er nicht einmal Pause zu machen, um es zu kochen: Er steckt es einfach zwischen Sattel und Reittier. Durch das ständige Geklopftwerden, die dabei entstehende Hitze sowie den Schweiß des Pferdes gart das Fleisch und wird eßbar.«
    Und wieder Tang: »Steht dem Krieger nichts anderes zur Verfügung, sättigt er sich am Blut des ersten Feindes, den er erschlägt, und löscht auch seinen Durst damit. Außerdem benutzt er dessen Körperfett, um Waffen und Lederzeug einzufetten.«
    Kubilai preßte die Lippen zusammen und fingerte offensichtlich ungeduldig an seinem Schnurrbart herum, doch mehr kam von den beiden Han nicht. Gelinde verzweifelt murmelte er: »Alles schön und gut mit den Zahlen und den Einzelheiten. Nur habt ihr mir wenig verraten, was ich nicht schon gewußt hätte, seit ich mit vier Jahren das erste Mal mein eigenes Pferd bestiegen habe. Wie ist es denn um die Stimmung und körperliche Verfassung des Ilkhan und seiner Truppen bestellt, uu?«
    »Die braucht man ja nicht heimlich zu erkunden, Sire«, sagte Tang. »Jedermann weiß doch, daß alle Mongolen immer und ständig bereit sind und darauf brennen zu kämpfen.«
    »Zu kämpfen, gewiß, aber gegen wen, uu?« Der Khakhan wollte Genaueres wissen.
    »Im Augenblick, Sire«, sagte Fu, »setzt der Ilkhan seine Streitkräfte nur zur Bekämpfung von Banditen in seiner eigenen Provinz Sin-kiang ein. Und bei kleinen Scharmützeln zur Sicherung der Westgrenze.«
    »Hui!« entfuhr es Kublai, und er hüpfte förmlich auf und ab. »Aber das tut er doch nur, um seinen Kämpfern etwas zu tun zu geben, uu? Oder stärkt er ihre Kampfeskraft und ihren Kampfgeist um ehrgeizigerer Ziele willen, uu? Vielleicht, um einen aufrührerischen Stoß gegen meine Westgrenzen zu führen, uu? Könnt ihr mir das sagen?«
    Tang und Fu vermochten nichts weiter als achtungsvolle Laute von sich zu geben und Entschuldigung heischend mit den Schultern zu zucken. »Sire, wer kann einem Feind in den Kopf hineinschauen? Selbst der beste Spion kann nur das herausfinden, was herausfindbar ist. Die Tatsachen, die wir Euch vorgelegt haben, sind mit Ausdauer und Fleiß zusammengetragen worden. Wir haben viel Wert auf Genauigkeit unserer Informationen gelegt und sind dabei ständig Gefahr gelaufen, entdeckt zu werden, und das hätte bedeutet, daß man uns mit Armen und Beinen an vier Pferde gefesselt und dann mit der Peitsche in alle vier Himmelsrichtungen auseinandergetrieben hätte.«
    Kubilai bedachte sie mit einem verächtlichen Blick und wandte sich dann

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