Marcos Verlangen
schlapp gemacht hat“, gestand sie. „Ich konnte nur noch flach liegen und wollte nichts anderes tun als schlafen. Aber jetzt rapple ich mich langsam wieder auf. – Wie geht es dir? Alles in Ordnung?“
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“
„Das ist lieb von dir. Tut mir leid, ich wollte dich nicht beunruhigen, ehrlich.“
„Ich will dich sehen, Ella!“ Er wusste, wie begierig das klang, aber er hatte seine Ungeduld einfach nicht mehr im Griff.
„Lass mir noch ein, zwei Tage, ja? Ich bin noch etwas wacklig auf den Beinen, das will ich dir nicht zumuten.“
„Ella, was soll das?“, fragte er ungehalten. „Warum hältst du mich so von dir fern? Glaubst du, ich hätte in meinem ganzen Leben noch nie einen erkälteten Menschen gesehen? Oder einen, der Fieber hatte?“
„Ich sehe abscheulich aus“, verteidigte sie sich matt. „Und was ist, wenn ich dich doch noch anstecke? Was, wenn auch dir für fast eine Woche die Stimme wegbleibt? Ich war erstens in Urlaub und zweitens ist meine Arbeit unwichtig, wenn ich da fehle, dann geht die Welt nicht unter, aber bei dir ist das vermutlich anders, also solltest du lieber vorsichtig sein.“
„Du redest Unsinn, ist dir das klar?“ Er klang unwirsch. Die Enttäuschung über ihre Abfuhr breitete sich wie ein eisiges Gift in seinem Inneren aus. „Du hältst mich bewusst auf Distanz und das gefällt mir nicht besonders, glaub mir!“
„Ich halte dich nur auf Distanz, weil es vernünftig ist, Marco.“ Sie klang mit einem Mal sehr müde. „Bitte – gib mir die Zeit, wieder ganz fit zu werden und dann werde ich dich ganz sicher nicht mehr auf Distanz halten.“
„Versprichst du mir das?“, drängte er.
„Das verspreche ich dir. Nein – ich gebe dir mein Wort darauf, einverstanden?“
„Ich muss ja wohl einverstanden sein, wenn du mich einfach nicht sehen willst.“ Angesichts ihrer deutlich hörbaren Erschöpfung bemühte er sich, seinen Unmut zu zügeln. Fast bereute er bereits, so heftig geworden zu sein. „Entschuldige meine Ungeduld“, bat er zerknirscht, „aber du weißt ja, wie sehr ich mich nach dir sehne – das weißt du doch, oder?“
„Ja, das weiß ich“, antwortete sie leise. „Und ich sehne mich genauso nach dir, Marco, glaub mir.“
Die Heiserkeit in ihrer Stimme hatte sich bei den letzten Worten noch verstärkt und kam nicht mehr nur von der überstandenen Erkältung. Marco spürte, wie eine heftige Welle der Erregung durch seinen Körper fegte. Er schluckte hart.
„Oh Gott, Ella, hört sich das gut an!“ Er hatte Mühe, seine Atmung unter Kontrolle zu halten. „Sagst du mir Bescheid, wenn es so weit ist?“
„Ja, das mache ich. Ich melde mich bei dir, bald schon.“
„Also schön!“
Seufzend verabschiedete er sich von ihr. Eine Weile blieb er noch mit dem Telefon in der Hand sitzen und starrte blicklos aus dem Fenster. So konnte das nicht weitergehen, entschied er. Bei ihrer nächsten Begegnung würde er sich nicht mehr abspeisen und von ihr fernhalten lassen. Unmöglich. Er würde nicht mehr länger warten.
Jetzt nicht mehr.
Als Ella ihn zwei Tage später wieder anrief, hörte sie sich tatsächlich fast schon wieder ganz normal an: frisch, energisch und fröhlich.
„Marco? Erinnerst du dich vielleicht noch an mich? Ich bin Ella, du weißt schon, die Ella, die letzte Woche ohne Stimme war und die ihre Pizza mit den Fingern isst“, scherzte sie.
„Endlich!“, stöhnte er, „endlich, Ella, du hast ja keine Ahnung.“ Er war so erleichtert, sie gesund und mit normaler Stimme sprechen zu hören, dass er auf ihren Scherz gar nicht einging.
„Glaubst du das wirklich? Glaubst du wirklich, dass ich keine Ahnung habe, Marco?“
Er stockte. Sie klang schlagartig anders. Sanft, lockend und sehr verführerisch.
„Bist das tatsächlich du, Ella? Was hat der Arzt mit dir gemacht? Hast du in der Zwischenzeit vergessen, wie es geht, mich schmerzhaft auf Abstand zu halten?“
Sie lachte leise und allein das genügte schon, ihn in Brand zu stecken. „Nein, Marco, das ist wie Fahrradfahren – man vergisst nie, wie es geht, aber ich habe in den letzten Tagen leider feststellen müssen, dass ich…“
Sie stockte. Ihr abruptes Schweigen hing ein paar Momente in der Leitung.
„Dass du – was, Ella?“, bohrte Marco endlich atemlos nach.
„Nun ja, dass ich – mich auch sehr nach dir sehne. Oh Gott, das sollte ich dir wahrscheinlich gar nicht sagen.“
„Ganz im Gegenteil, das musstest du mir unbedingt
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