Marcos Verlangen
verdrehte theatralisch die Augen. „Kann hier mal jemand das Schmalz aufwischen, ehe ich darauf ausrutsche? Lernt man das auch im Philosophiestudium? Schwülstig-romantisches Süßholz zu raspeln?“
„Da eine literarische Grundausstattung dazugehört, kommt man leider nicht darum herum.“ Er zog verschmitzt eine Augenbraue hoch und Ella konnte deutlich fühlen, dass sie gerade dabei war, sich hoffnungslos an ihn zu verlieren.
„Es ist nur so“, fuhr er fort, „nicht jeder meiner damaligen Kommilitonen hat die Tragweite und Wichtigkeit dieser unterschätzten Fähigkeit so umfassend erkannt wie ich. Darum können nicht zwangsläufig alle Philosophen und Literaten gleich gut Süßholz raspeln und Frauen verführen.“
Sein Übermut schien keine Grenzen mehr zu kennen. Er sprühte nur so vor Witz und Schlagfertigkeit und Ella hörte ihm mit wachsender Begeisterung zu. Fast ohne es selbst zu bemerken, entspannte sie sich mehr und mehr und schaffte es tatsächlich, noch ein wenig von dem köstlichen Obstsalat zu essen, den Marco ihr ganz nebenbei hingestellt hatte.
Schließlich verließen sie die Terrasse, um ein wenig durch den Garten zu streifen. Ein Gedanke allerdings ließ Ella nicht los.
„Hast du denn tatsächlich auch dein Jobangebot ernst gemeint?“
„Natürlich. Absolut ernst.“
„Und wie stellst du dir das vor? Was sollte ich da tun?“
„Nichts anderes als das, was ich dir schon beschrieben habe – es wäre natürlich viel Verwaltungskram dabei, aber ich denke, du könntest dir diese Aufgabe schon so einrichten, dass sie dir gefällt.“
„Aber ich habe gar keine konkrete Vorstellung davon, was man als Kurator alles macht.“
„Die habe ich auch nicht. Ich mache dir also keinerlei Vorschriften“, grinste er sie spitzbübisch an. „Du kannst tun und lassen was immer du willst.“
„Marco“, Ella blieb stehen und zwang ihn, sich zu ihr umzudrehen. Ihre Miene war sehr ernst.
„Was?“
„Wenn ich das tue – falls ich es wirklich tun sollte – wie soll das technisch ablaufen?“
„Da gibt es verschiedene Varianten. Entweder ich stelle dich an, so wie ich das auch mit Renata und ihrem Mann gemacht habe, und du beziehst ein Gehalt. Oder du machst dich selbstständig und arbeitest auf eigene Rechnung. Oder ich gründe eine Stiftung, die dann dein Arbeitgeber wird.“ Er zuckte die Schultern. „Mir persönlich ist es einerlei, Hauptsache, du machst es.“
„Aber wenn ich das wirklich tun sollte, dann bin ich absolut von dir abhängig. Und was, wenn wir auf Dauer doch nicht miteinander auskommen? Was ist dann, Marco?“
„Macht dir das tatsächlich Sorgen?“
„Ja, das tut es und ich wünschte wirklich, du würdest das verstehen! Jetzt habe ich meinen Job und mein Einkommen, und wenn es auch nicht für große Sprünge reicht und mein Chef auch noch mein eigener Vater ist, so bin ich doch von niemandem so abhängig, wie ich es dann von dir wäre.“
„Aber Ella, wir leben alle immer und überall in Abhängigkeit von irgendetwas oder irgendjemandem.“
„Das mag aus deiner theoretisch-philosophischen Sicht ja richtig sein. Aber wenn ich diesen Schritt wage, dann stehe ich im schlimmsten Fall mit nichts auf der Straße.“
„Und worin besteht für dich dein so genannter 'schlimmster Fall'?“
„Dass wir uns irgendwann doch nicht so vertragen, wie du meinst und dass du die Beziehung dann einfach wieder beendest.“
Er lachte herzhaft auf. „Wir sind gerade mal ein paar Minuten zusammen und du redest schon vom Ende? Das soll doch hoffentlich kein schlechtes Omen sein.“
Er beugte sich vor und küsste sie sanft auf den Mund.
„Ich verstehe dich - aber du gehst nicht das geringste Risiko ein, glaub mir! Falls du diesen Schritt tatsächlich gehst und dich damit völlig in meine Hände begibst, dann wird es nichts, rein gar nichts geben, was deine persönliche Existenz gefährden könnte. Wir würden alles vertraglich so absichern, dass du auf gar keinen Fall irgendwelche Nachteile hast, egal was kommt. Ich bin nicht der Mensch, der einen anderen dann einfach fallen lässt, wenn etwas nicht zu einhundert Prozent nach meinen Vorstellungen läuft. Ich bin mir der Verantwortung bewusst, die ich dadurch für dich übernehme. Das hier hört auf ein Spiel zu sein, sobald du deinen Job kündigst.“
Er redete mit großem Ernst auf sie ein und Ella konnte fast körperlich spüren, wie sehr er sich wünschte, dass sie sein Angebot annahm. Doch erstaunlicherweise wandte er sich ab
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