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Marcos Verlangen

Marcos Verlangen

Titel: Marcos Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gambrinus
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Besonderes und Marco – nun ja, Marco war zu sehr in seine Gespräche mit den Herren vertieft, um ihr Unbehagen zu bemerken. Dafür gaben die beiden Damen ihre Versuche schließlich auf, als sie feststellten, dass Ella immer wortkarger wurde und sich nur noch mit ausweichenden Antworten auf ihre Fragen äußerte.
    Sie warf Marco schließlich einen flehenden Blick zu, den er allerdings gar nicht wahrnahm, und schnappte ein paar Gesprächsfetzen auf, die auf der anderen Seite des Tisches hin und her flogen.
    „Du wirst doch nicht behaupten wollen, dass Macchiavelli seinen ‚Principe’ aus einem anderen Grund geschrieben hat als dem, sich bei dem Medici endlich wieder einzuschmeicheln“, bohrte der Jurist mit ironischem Unterton nach, da Marco vorher offensichtlich eine entsprechende Behauptung aufgestellt hatte. „Er war doch in Ungnade gefallen, was sollte er da schon anderes tun?“
    „Genau!“, bekräftigte der Arzt und klopfte dabei anerkennend mit den Fingerknöcheln auf den Tisch. „Du hast doch früher selbst immer behauptet, es sei nichts anderes gewesen als Publicity in eigener Sache. Wenn du also deine Meinung geändert hast, dann überzeuge uns!“
    Alle drei lachten herzhaft. Keiner war mehr richtig nüchtern, stellte Ella fest, da alle drei Männer während des Essens fleißig ihre Gläser geleert und vor allen Dingen nachgefüllt hatten. Sie beobachtete Marco. Er war voll und ganz in seinem Element. Seine dunklen Augen funkelten, als er seinen beiden Freunden wortgewandt und mit ausgefeilten Argumenten seine eigene Meinung von vor einigen Jahren zu widerlegen begann.
    „Natürlich musste er mit allen Mitteln versuchen, seinen Status als anerkannter Staatsbeamter wiederzuerlangen“, gab er unumwunden zu. „Er hatte ein Frau und fünf Kinder zu versorgen, da war es eine Überlebensfrage, in Lohn und Brot zu stehen. Aber ganz gleich, wie oft er missverstanden und auch von fragwürdigen Ideologien missbraucht wurde – eins bleibt Fakt: er wusste bereits damals, dass ein Staatsgefüge als zwar theoretisches, aber mehr noch organisches Gebilde einem ständigen Wandel unterworfen sein würde und dass es daher unabdingbar wäre, die Interessen dieses Staatsgebildes immer und ausnahmslos über diejenigen des einzelnen Individuums zu stellen.“
    „Damit rechtfertigten sich aber bekanntlich auch die schlimmsten Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts“, warf Antoni mit missbilligender Miene ein.
    „Schon wahr“, bestätigte Marco. „Aber selbst in einer Demokratie muss dieses Prinzip angewandt werden. Eure beiden Stimmen zählen schließlich auch mehr als meine einzelne, selbst wenn ich Recht hätte und ihr beide unrecht. Ihr könntet mich jederzeit überstimmen, also wo ist der Unterschied?“
    Pellegrini machte eine wegwerfende Handbewegung und griff nach seinem Glas. „Erzähl uns was Neues, das wissen wir schon!“, forderte er seinen Freund grinsend auf, ehe er sich und den anderen beiden nachschenkte. „Und komm uns jetzt nicht wieder mit deiner viel zitierten Trennung von Staat und Kirche. Das Thema hatten wir nämlich auch schon zur Genüge, wie du weißt...“
    Sie verpasste Marcos Antwort auf diese Spitze, weil sich in diesem Moment die Frau des Professors in einem neuerlichen Versuch zu ihr beugte.
    „Wann, sagten Sie, haben Sie Ihr Studium begonnen? Im letzten Jahr bereits? Sie gehen also im Herbst ins dritte Semester, oder nicht?“
    Ella konnte spüren, wie sie rote Ohren bekam. Das Studium! Marco hatte es klingen lassen, als sei sie längst immatrikuliert, dabei war sie selber nach wie vor keineswegs überzeugt davon.
    „Ich habe noch gar nicht damit angefangen“, gestand sie daher zögerlich, „vielleicht werde ich es sogar erst nächstes Jahr beginnen. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob es mir überhaupt helfen wird bei dem, was Marco von mir erwartet.“
    „Ach was – Marco.“ Die Radiologin wedelte vielsagend mit der Hand. „Sie sollten sich auf keinen Fall von der Meinung eines Mannes abhängig machen. Tun Sie, was Ihnen gefällt und wenn Sie lieber Biologie als Kunstgeschichte studieren möchten, dann machen Sie eben das.“
    Ehe Ella darauf antworten konnte, hatte sich die Juristin zu Wort gemeldet.
    „Blödsinn, Anita! Wenn sie sich um seine Kunstsammlung kümmern soll, was will sie dann mit Biologie?“
    „Das war nur ein Beispiel, das weißt du so gut wie ich! Ich finde einfach, sie sollte das machen, was ihr Spaß macht und sich nicht allzu sehr auf Marco

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