Marcus Gladiator 02 - Strassenkämpfer
Kumpel da nie erleben.«
Marcus hörte dieser Unterhaltung mit zunehmender Bitterkeit zu. Im Gegensatz zu den beiden anderen war er als freier Bürger geboren und hatte die ersten zehn Jahre seines Lebens in Freiheit verbracht. Er wusste, was man ihm genommen hatte, und spürte diesen Verlust jeden Tag schmerzlich. Er rollte sich auf den Bauch und stützte sich auf die Ellbogen, sodass er die anderen geradewegs ansehen konnte.
»Hofft ihr denn nicht auf die Freiheit? Träumt ihr nie davon?«
»Wieso denn?«, schniefte Corvus verächtlich. »Ich kann mir meine Freiheit nicht erkaufen. Ich werde keine Gelegenheit bekommen, die Aufmerksamkeit des Herrn durch harte Arbeit oder treue Dienste auf mich zu ziehen. Nichts, was ich tun kann, wird meine Lage verändern. Diese Zelle, die Küche und Sklaven wie ihr, das ist alles, was ich je kennen werde. Das Einzige, worauf es ankommt, ist, dass man sich unauffällig verhält, damit man keine Prügel bezieht.«
»Und was ist mit dir, Lupus?«, fragte Marcus. »Hast du auch so gar keine Hoffnung?«
Der Schreiber schwieg einen Augenblick, während er nachdachte. »Hoffnung gibt es immer. Ich habe einen Plan. Ich kann lesen, schreiben und rechnen. Wenn ich als Caesars Schreiber hart arbeite, dann belohnt er mich vielleicht eines Tages. Ich weiß, dass andere in meiner Stellung es geschafft haben, genug zu sparen, um sich ihre Freiheit zu erkaufen. Wenn die es können, dann ich auch.«
»Und was dann?«, höhnte Corvus. »Nachdem du eine Weile als Sklave für Caesar geschuftet und ihm noch etwas für das Privileg der Freiheit gezahlt hast, was machst du dann?«
»Ich weiß es nicht genau. Vielleicht versuche ich auch, so viel zu sparen, dass ich mir ein kleines Gasthaus in der Nähe des Circus Maximus kaufen kann. Bei den Rennen gibt es immer viele hungrige Mäuler. Da kann ich ein anständiges Einkommen haben und mir selbst ein paar Sklaven leisten.«
Welche Hoffnung gab es, dass die Sklaverei je ein Ende haben würde, wenn die Sklaven selbst sich darauf freuten, endlich Herren zu sein? Marcus seufzte innerlich, sagte aber nichts. Er wusste, dass viele Sklaven dachten wie Corvus. Sie muckten nur ungern auf, weil sie meinten, das könnte ihr Los nur verschlimmern. Andere Sklaven waren in riesigen Gruppen zusammengekettet und schufteten, bis sie umfielen und zu erschöpft waren, um nur weiter zu denken, als wie sie bis zum nächsten Tag überleben könnten. Den Gedanken, dass seine Mutter vielleicht ein solches Schicksal erlitt, konnte Marcus kaum ertragen. Vielleicht hatte Brixus doch recht gehabt, überlegte er. Von allen Übeln der Welt war die Sklaverei das schlimmste. Sie zu beenden, dafür lohnte es sich zu kämpfen und, wenn nötig, auch zu sterben. Jetzt wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seinen Gefährten zu.
»Wenn ihr beide die Sklaverei so sehr hasst, warum unternehmt ihr dann nichts dagegen?«
»Was denn?« Corvus lachte. »Hat dich all das Training um den Verstand gebracht? Wir sind doch nur Haushaltssklaven. Wir können gar nichts machen. Wir können es nur erdulden.«
»Ihr könntet dagegen kämpfen«, schlug Marcus sehr leise vor, falls jemand draußen auf dem Flur mithörte. »Ihr wärt nicht die ersten Sklaven, die sich gegen ihre Herren auflehnen. Das hat es schon gegeben.«
Nach einer nervösen Pause redete Lupus. »Du sprichst von Spartakus, nicht wahr?«
»Natürlich.«
»Pass auf, was du sagst«, zischte Lupus. »Wenn Flaccus dich hörte, würde er dich verprügeln lassen. Und die Götter mögen wissen, was Caesar täte, wenn er es herausfände. Es war sein Freund, dieser Crassus, der die aufständischen Sklaven entlang der Via Appia kreuzigen ließ. Willst du so etwas, Marcus?«
Marcus hatte bereits von der schrecklichen Strafe gehört, die Crassus verhängt hatte, dieser Mann, der jetzt einer der Verbündeten Caesars und anscheinend auch von Decimus war. Sosehr er seinen neuen Herrn zu schätzen gelernt hatte, sosehr misstraute Marcus dessen Ehrgeiz und den Plänen der Männer, die Caesar seine Freunde nannte. Er schwieg einen Moment, ehe er fortfuhr.
»Aber was wäre, wenn Spartakus gewonnen hätte? Dann wärt ihr jetzt frei und könntet tun, was ihr wollt, alle beide. Lohnt es sich nicht, dafür zu kämpfen?«
»Vielleicht. Aber Corvus hat recht, wir können nichts ändern.«
»Allein nicht, das stimmt«, antwortete Marcus. »Aber in den Bergen gibt es noch Sklavenbanden, die Überlebenden des Aufstands und diejenigen, die entflohen
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