Marcus Gladiator 02 - Strassenkämpfer
waren, drehte sich Festus zu der Leiche um und blies die Backen auf.
»Also gut, Marcus, ich packe ihn unter der Schulter und du nimmst seine Füße.«
Marcus regte sich nicht. Er starrte mit einem Gefühl des Ekels auf die Leiche. Es war nicht die erste Leiche, die er aus der Nähe gesehen hatte, aber er hatte noch nie zuvor eine angefasst, und beim bloßen Gedanken wurde ihm schlecht. Mehr noch, Marcus war für den Tod des Mannes verantwortlich. Erinnerungen an den furchterregenden Kampf in dem Lagerraum zuckten ihm durch den Kopf und es war ihm speiübel.
»Er beißt dich nicht, Junge«, sagte Festus sanft. »Versuch einfach, ihn nicht als Person zu sehen. Das ist jetzt nur noch ein Haufen ranziges Fleisch, den wir loswerden müssen. Mehr nicht.«
Marcus wandte angewidert den Blick ab. »Ranziges Fleisch? Danke, das macht mir die Sache sehr viel leichter.«
Festus lachte heiser und stellte sich ans Ende des Tisches. Er griff den Leichnam unter den Schultern und hievte ihn auf den Boden. Er kam mit einem dumpfen Schlag auf und dann schleifte Festus ihn in die andere Kammer und in Richtung Treppe. Marcus folgte ihm widerwillig. Als sie die Treppe erreicht hatten, nickte ihm Festus zu. »Nimm die Füße.«
Marcus biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen die Übelkeit an, als er die kalte Wade des Mannes knapp über dem Stiefel packte. Die Haut war klamm, und er zuckte zusammen, zwang sich mit Mühe, fest zuzupacken.
Mit viel Ächzen und Stöhnen von Festus hievten sie die Leiche die Treppe hinauf und schleiften sie dann durch den kurzen Korridor, der zum Hof führte.
»Auf den Karren mit ihm«, befahl Festus.
Sobald sie die Leiche auf den kleinen Karren gehoben hatten, deckte Festus sie mit einem Stück altem Sackleinen zu. »Es ist helllichter Tag, also können wir das Maultier nicht einspannen. Bei Tag sind von Tieren gezogene Karren auf den Straßen verboten. Wenn wir ihn selber ziehen, könnten wir dieses Gesetz umgehen.«
»Wo bringen wir es … äh, ihn denn hin?«, fragte Marcus. »Dahin, wo wir Corvus’ Leichenverbrennung abgehalten haben?«
»Auf keinen Fall. Den werfen wir in den ersten Abwasserkanal, den wir finden. Es gibt einen Abfluss am Ende unserer Straße. Wir müssen nur warten, bis wir allein sind, ehe wir das machen.«
Jeder von ihnen zog an seinem Joch, und so rumpelte der Karren die schmale Straße vor dem Haus hinunter. Nur wenige Leute beachteten sie, höchstens um darüber zu murren, dass sie zur Seite treten mussten, um den Karren vorüberzulassen. Festus lenkte den Karren in eine Sackgasse, die von einem kleinen Platz abzweigte und wo sich am unteren Ende ein zwei Fuß breites Eisengitter über einem Abfluss befand. Dort legten sie das Joch ab und warteten darauf, dass es eine Lücke im ständigen Strom der Menschen auf dem Platz geben würde.
Festus schaute sich vorsichtig um und zog dann das Sackleinen weg. »Schnell – schieb das Gitter weg!«
Das Eisengitter war schwer, und Marcus musste alle Muskeln anspannen, um es hochzuheben und dann mit einem lauten Klirren auf die Pflastersteine fallen zu lassen. Sie ließen die Leiche in den Abfluss gleiten und hörten das Platschen, als sie in das Abwasser plumpste.
Festus stieß einen müden Seufzer aus. »Wir haben gefährliche Zeiten vor uns, Marcus … Schlimm genug, dass Milo und seine Bande Ärger machen. Wenn dann auch noch Clodius und seine Schläger auf die Straßen losgelassen werden, wird es bald jede Menge Kämpfe und Tote geben. Das Blut wird in Strömen durch die Straßen fließen, das sag ich dir.«
»Meinst du wirklich?«, fragte Marcus. »Ist es nicht besser, wenn die Banden sich gegenseitig bekämpfen? Dann lassen sie uns andere in Ruhe.«
»Oh, sicherlich werden die Banden kämpfen. Aber in der restlichen Zeit werden sie sich auf die ganz gewöhnlichen Leute stürzen – Versammlungen sprengen und sich alle Mühe geben, die andere Seite so einzuschüchtern, dass sie schweigt. Das ist eine Arbeit für üble Raufbolde, und die würde ich nicht gern machen müssen. Sklave oder nicht, wir gehören zu Caesars Haushalt, sind also auch Zielscheiben der Gewalt. Das Gleiche gilt für Bibulus und seine Kumpane, wenn sich erst Clodius einmischt. Uns stehen schlimme Zeiten bevor. Du passt besser gut auf dich auf, Marcus.«
»Das mache ich«, sagte Marcus, während er noch auf das Eisengitter starrte. Wenn Festus recht hatte, dann würde der Mann, den sie gerade beseitigt hatten, nur der erste von vielen sein. Es
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