Marcus Gladiator 02 - Strassenkämpfer
lieber Clodius.«
Der Mann lehnte sich vor und schaute Marcus prüfend an. »Hm. Ich bin mir nicht so sicher. Er sieht ein bisschen mickrig aus. Komm mal näher, mein Junge.«
Marcus folgte seiner Aufforderung und blieb auf Armeslänge von Clodius entfernt stehen, wobei er sich an das frühere Gespräch zwischen Caesar und Pompeius über den zweifelhaften Charakter des Mannes erinnerte. Clodius runzelte verärgert die Stirn.
»Näher.«
Marcus trat noch näher, obwohl das süße Duftwasser des Mannes so überwältigend war, dass ihm ein wenig schlecht davon wurde.
Clodius wandte sich an Caesar. »Darf ich?«
Caesar lächelte milde. »Aber gern.«
Clodius streckte die Hand aus und drückte Marcus sehr fest die Schulter.
Marcus zuckte leicht zusammen, stand aber still und starrte dem Mann mit versteinertem Blick in die Augen.
»Oh, das magst du wohl nicht, was? Mut hast du also.« Clodius lachte und fuhr dann mit der Hand zu Marcus’ Bizeps, den er wiederum drückte. »Er hat eine gute Muskelspannung, Caesar. Sehnig und hart. Ihr habt vielleicht recht. Bildet Ihr ihn vielleicht als Retiarius mit Netz und Dreizack aus?«
»Das war mein erster Gedanke. Aber mit der richtigen Ernährung und Übung könnte er vielleicht gedrungen genug werden, um als Schwergewicht zu kämpfen.« Caesar holte tief Luft. »Aber davon genug. Wir sind nicht hier, um über Marcus’ Zukunft zu sprechen. Wir haben andere Dinge zu bereden. Wie ich Euch sagte, ist Marcus der Junge, der meiner Nichte inzwischen zweimal das Leben gerettet hat.«
»Ich kann nicht leugnen, dass mich das überrascht«, bemerkte Clodius. »Ich hätte jemanden erwartet, der ein wenig … älter ist.«
»Für unsere Zwecke ist er alt genug«, antwortete Caesar. Dann stand er auf und deutete auf die Tür. »Kommt, wir wollen sehen, was Ihr von unserem, äh, Fund haltet. Festus, geh voraus.«
»Jawohl, Herr.« Festus neigte den Kopf und deutete an, Marcus sollte ihm folgen, und wandte sich zur Tür. Sie gingen auf den Korridor und quer durch den Garten ins Wohnquartier der Sklaven. Jenseits der Kirche führte eine schmale Treppe in einen Keller hinunter, wo die verderblichen Lebensmittel gelagert wurden. Dort gab es zwei große Kammern, die jeweils nur ein Oberlicht hatten, das die Finsternis gerade so weit erhellte, dass die Sklaven deutlich sehen konnten, was sich in den Räumen befand. Als die Gruppe durch den schmalen Türbogen trat, der die beiden Räume verband, schlug ihnen ein furchtbarer Gestank entgegen. Marcus rümpfte angeekelt die Nase.
»Großer Gott, Caesar«, rief Clodius aus. »In Eurem Fleischvorrat ist was verdorben.«
Caesar lächelte grimmig, als er die kleine Gesellschaft in die zweite Kammer führte. »Da ist das Fleisch.«
An der Hinterwand stand ein Tisch, und darauf lag der Leichnam eines der Männer, die Portia angegriffen hatten. Seine Haut war blass und von blauen Flecken übersät. Der Kiefer hing ihm schlaff herunter und seine Augen waren weit aufgerissen und starrten zu den unverputzten Ziegelsteinen der niedrigen Gewölbedecke hinauf. In der Nähe war der süßliche Geruch unerträglich, und Marcus versuchte, nicht durch die Nase einzuatmen, um den Gestank nicht riechen zu müssen. Neben ihm schien auch Festus damit zu ringen, dass sich ihm der Magen umdrehte. Clodius presste sich den Saum seines Umhangs vor Mund und Nase. Nur Caesar schien völlig unbeeindruckt, während er kühl auf die Leiche schaute. Dann wandte er sich zu Clodius.
»Nun? Erkennt Ihr ihn?«
Clodius lehnte sich über den Leichnam und untersuchte das Gesicht. »Nein. Kann ich nicht sagen. Der Kerl hat eine widerlich gewöhnliche Visage. Nur ein weiterer Straßenräuber, scheint mir …« Er rollte bei der Leiche den Ärmel der Tunika bis zur Schulter hoch. »Aber seht das hier.«
Marcus und die anderen traten herbei, um einen genaueren Blick auf den Arm zu werfen. Der Tote hatte eine Tätowierung auf der Schulter. Zwei gekreuzte Dolche.
Clodius richtete sich auf und nickte. »Das ist das Zeichen der Klingen, einer der Banden vom Aventin. Eine üble Rotte. Gewöhnlich erpressen sie Schutzgelder, und für die richtige Summe bringen sie jeden in Rom um, bis zum Senator hinauf. Ihr Anführer ist heutzutage Milo, den Bibulus, Cato und Cicero angeheuert haben, um gegen Eure Gefolgsleute zu kämpfen, wenn Ihr es auch niemals beweisen könntet. Bibulus ist vielleicht ein Narr, aber er ist doch nicht so dumm, dass er Beweise für seine Verbindung zu den
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