Marcus Gladiator 02 - Strassenkämpfer
Kinder und Männer machten, dass sie ihnen so schnell wie möglich aus dem Weg gingen. Marcus verspürte, wie die Wut in ihm hochstieg, als er diese angeberischen Raufbolde weggehen sah.
Er war nicht sonderlich glücklich, dass er sich gleich am ersten Tag in der Löwengrube Kasos zum Feind gemacht hatte.
Am nächsten Morgen wachte Marcus im ersten Dämmerlicht auf. Er lag eine Weile ruhig da und nahm seine neue Umgebung in sich auf. Von draußen hörte man schon Lebenszeichen, das leise Schwatzen der Frauen, die Wasser am Brunnen holten, die schrillen Schreie der Kinder, die sie begleiteten, und – aus dem Raum hinter der Theke – das tiefe Schnarchen von Demetrius. Marcus war sehr froh, dass er eine Methode gefunden hatte, wie er in Milos Nähe gelangen konnte. Er hoffte, dass er schon bald nützliche Informationen für Festus und Caesar belauschen könnte. Er sorgte sich noch immer, dass seine erfundene Geschichte zu durchsichtig sein könnte, obwohl es ja stimmte, dass Tausende von Jungen wie er nach Rom kamen. Und nach allem, was er gehört hatte, hatten diese Jungen mehr zu erleiden als die Sklaven, waren stets halb verhungert und wurden von Raufbolden verprügelt. Ironie des Schicksals, überlegte Marcus. Jungen wie Lupus und er hatten wenigstens etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf. Er ertappte sich dabei, dass er sein Schlafquartier in Caesars Haus vermisste.
Marcus stand auf und reckte sich, ehe er durch die dämmerige Gaststube ging. Er schaute nach draußen. Die Löwengrube lag noch im Schatten, und nur die höchsten Dächer der Mietshäuser auf der anderen Seite des Platzes lagen im frühen Morgenlicht. Rings um die Löwengrube kamen die ersten Mitglieder der Banden mit steifen Schritten aus ihren Quartieren, tauchten ringsum aus den Gassen auf und machten sich auf in die Gasthäuser, die bereits öffneten, um heiße Gerstengrütze mit allen möglichen Fleischresten, die noch nicht ranzig geworden waren, zu servieren.
Demetrius regte sich mit Keuchen und Grunzen. Einen Moment später ging auch schon die Tür zu seinem Zimmer auf und er kam herausgestolpert, zwinkerte ins Morgenlicht und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er deutete mit dem Finger auf Marcus.
»Was lungerst du so herum? Meinst du, heute wäre Feiertag? Mach die Läden auf. Zünde das Feuer an und stell die Grütze auf.«
»Ja, Herr.«
Marcus zog die eisernen Sicherungsriegel weg und klappte die Läden auf. Er musste blinzeln, als das Licht hereinflutete. Dann holte er Holz aus dem Lager und schichtete es in der gemauerten Feuerstelle am Ende der Theke auf. Mit Demetrius’ Zunderbüchse hatte er rasch Feuer gemacht und der Rauch kräuselte sich durch den Kochgrill den Kamin hinauf. Es war ihm, als wäre er wieder in der Küche von Porcinos Gladiatorenschule, dachte Marcus, als er Wasser vom Brunnen holen ging, um den geschwärzten Messingkessel zu füllen. Dann gab er Gerste, Fleischstücke und Gemüsereste hinein und begann alles umzurühren. Obwohl der Geruch nicht sonderlich verlockend war, merkte Marcus, dass er gewaltigen Hunger hatte, und schöpfte sich dankbar eine Kelle Essen in eine kleine Schüssel. Er schlang den Brei gierig mit einem kleinen Holzlöffel hinunter, ehe Demetrius auftauchte. Der trug dieselbe Tunika und Schürze wie am Vortag und, so vermutete Marcus, wie an vielen anderen Tagen zuvor auch.
»Überfriss dich nicht, Junge! Lass auch für die verdammten Gäste was übrig, sonst setzt’s was!«
»Entschuldigung, Herr. Ich hatte Hunger.«
»Das ist mir doch egal. Ich kann es mir nicht leisten, dass eine Straßenratte mir den ganzen Gewinn wegfrisst – was davon noch übrig ist, nachdem Milo seinen Anteil genommen hat.«
Die ersten Kunden des Tages kamen nach und nach in das Gasthaus gewandert. Die meisten waren Arbeiter, die unten auf dem Forum eine Beschäftigung gefunden hatten oder auf dem Fleischmarkt des Boariums und auf der Werft am Tiber ein wenig dahinter. Marcus hatte diese Orte alle besucht, als ihm Festus beibrachte, sich in der Stadt zurechtzufinden. Nachdem diese Männer aufgegessen und an der Theke mit einer Handvoll kleiner Bronzemünzen bezahlt hatten, tauchten die Frühaufsteher aus Milos Banden auf, von denen viele offensichtlich noch unter den Nachwehen des Weins litten, den sie am Vortag im Übermaß getrunken hatten. Sie knurrten schlecht gelaunt ihre Bestellungen für Grütze und gewässerten Wein, und Demetrius und Marcus machten sich eilig daran, sie zu bedienen.
Viele
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