Marcus Gladiator 02 - Strassenkämpfer
Nichten schmeicheln sich bei mir ein. Niemand behandelt mich wie einen normalen Menschen. Für alle bin ich nur ein Mittel zum Zweck, um Caesars Gunst zu erwirken. Ich bin dreizehn Jahre alt. Nächstes Jahr um diese Zeit bin ich vielleicht schon verheiratet. Mein Onkel wird meine Eheschließung dazu verwenden wollen, seine politischen Ziele voranzutreiben.« Sie lächelte schwach. »Mir liegt nichts an deinem Mitleid. Ich habe schon immer gewusst, wie mein Schicksal aussehen würde, und ich akzeptiere es. Aber ehe es geschieht, möchte ich wenigstens einen einzigen wahren Freund im Leben gehabt haben, Marcus. Als ich in die Arena fiel, sah ich in den Augen der Wölfe meinen sicheren Tod. Aber du hast mich gerettet. Und das bedeutet doch, dass zwischen uns eine wahre Verbindung besteht. Oder nicht?«
Marcus erinnerte sich daran, dass Titus ihm einmal erzählt hatte, wenn ein Soldat einem anderen das Leben gerettet hätte, würden die beiden ab diesem Zeitpunkt zu Brüdern. Doch seine Gefühle für Portia gingen darüber hinaus – was er nicht einmal sich selbst einzugestehen wagte. Obwohl er wusste, wie verschieden ihre Welten waren, wünschte er sich doch verzweifelt, ihre Worte wären wahr. »Ich denke schon.«
»Dann kannst du mein geheimer Freund sein und ich bin deine geheime Freundin. Ich kann mit dir frei sprechen und du mit mir. Vielleicht kann ich dir irgendwann sogar helfen, deine Freiheit zu gewinnen.«
Mehr als alles andere wünschte sich Marcus jemanden, mit dem er frei sprechen könnte. Doch es kam für ihn nicht infrage, Portia gegenüber auch nur die kleinste Andeutung über seine wahre Identität zu machen. Das Gespenst des Spartakus verfolgte sie, ihren Onkel und jeden Römer noch immer bis in den Schlaf. Spartakus hatte vorgehabt, ihrer Lebensweise ein Ende zu setzen.
Marcus lächelte gequält. »Ich danke dir, Herrin Portia.«
Sie schaute verletzt. »Nur Portia, wenn wir allein sind. Bitte.«
»Wie du willst, Portia.«
Sie lächelte. »Na also! Dann ist es abgemacht. Wir sind Freunde und sprechen wann immer möglich wie Freunde miteinander. Ich möchte, dass du mir erzählst, wie Festus dich ausbildet, was du von Rom hältst, und ich berichte dir alles, was in den feinsten Häusern der Stadt vor sich geht.«
Wieder lächelte Marcus. Portia wollte gerade weiterreden, als ein Ruf durch den Garten schallte.
»Marcus! Marcus! Wo steckst du bloß, Junge?«
Marcus erkannte den harschen Tonfall von Flaccus, dem Verwalter des Haushalts. Er wandte sich zu Portia, während er sich von der Bank erhob.
»Ich muss gehen.«
»Ja.« Sie ergriff seine Hand erneut und drückte sie sanft. »Wir reden bald wieder miteinander, hoffe ich.«
Marcus nickte, als Flaccus noch einmal seinen Namen brüllte, und eilte aus der geschützten Ecke den Pfad am Rand des Gartens dem Mann entgegen. Als er den schattigen Säulengang erreichte, der am Haus entlang verlief, erblickte er den Verwalter – eine kleine, übergewichtige Gestalt in einer grünen Tunika. Flaccus war kahlköpfig, mit Ausnahme eines stark eingeölten Fransenrandes, der rings um seinen Schädel verlief. Seine schweren Wangen schwabbelten, als er sich dorthin wandte, wo Marcus’ leichte Schritte zu hören waren.
»Wo beim Hades bist du denn gewesen?«, knurrte der Mann.
»Hier im Garten, Herr«, antwortete Marcus, als er vor dem Verwalter zu stehen kam.
»Nun, lass dich bloß nicht noch einmal von mir dabei erwischen. Wenn du nicht gebraucht wirst, bleibst du im Wohnquartier der Sklaven, bis man nach dir ruft. Verstanden?« Seine Hand schoss vor und er gab Marcus eine schallende Ohrfeige.
Unter dem Schlag flog Marcus’ Kopf zur Seite und ein dumpfes Geräusch brummte in seinen Ohren. Er zwinkerte und starrte den Verwalter an. »Jawohl, Herr.«
»Sieh zu, dass du dich daran hältst, sonst bekommst du beim nächsten Mal eine Tracht Prügel, die du so schnell nicht vergessen wirst.« Der Verwalter stemmte seine fetten Hände in die Hüften und starrte eiskalt zu Marcus hinunter.
»Ich weiß, was du an dieser Gladiatorenschule getan hast. Und ich weiß, dass der Herr einen Narren an dir gefressen hat. Aber glaube bloß nicht, dass dir das hier eine Sonderstellung verschafft. Du bist keinen Deut besser als wir anderen Sklaven. Ich bin hier der Verwalter. Du hast dich mir zu verantworten. Wenn du mich ärgerst, wirst du es bitter bereuen. Ich behandle dich nicht anders als die anderen Küchenjungen. Ist das klar?«
»Jawohl, Herr.«
Flaccus
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