Marcus Gladiator - Aufstand in Rom (German Edition)
öffentlichen Redens beherrschte, begann erst, als vollständige Stille herrschte.
»Verehrte Senatoren. Wir wollen keine alten Wunden aufreißen. Nur wenige von uns können die schrecklichen Kämpfe und die Gewalt vergessen, die mit dem Zeitalter von Marius und Sulla einhergingen. Und keiner von uns möchte zu den Zeiten zurückkehren, als jeder Senator um sein Leben fürchten musste und Ströme von Blut durch die Straßen unserer geliebten Stadt flossen. Lasst uns also unsere jetzigen Schwierigkeiten im Geist des Kompromisses angehen.«
Marcus sah, dass Cato den Kopf schüttelte und sich erheben wollte. Cicero bedeutete ihm mit einer Geste, er solle sitzen bleiben. Widerwillig ließ sich der andere Mann wieder nieder. Caesar schaute mit kaltem, ausdruckslosem Gesicht zu.
»Kaum einer kann bestreiten«, fuhr Cicero fort, »dass beide Seiten berechtigte Beschwerden vorbringen. Caesars Herrschaft als Konsul war wegen der Gesetze, die er einführte, eine Zeit großer Spaltung. Selbst ich stelle einige der Strategien infrage, die er benutzt hat, um seinen Willen durchzusetzen. Aber der gegenwärtige Versuch, ihn vor Gericht zu stellen, scheint eher von politischen Motiven getrieben zu sein. Natürlich bin ich sicher, dass der Senat ihm ein gerechtes Verfahren geben und seine endgültige Entscheidung mit Vernunft und Gerechtigkeit fällen würde.«
Festus schnaubte verächtlich. »Wer’s glaubt.«
»Psch!«, zischte ein dicker Mann neben ihm.
»Allerdings«, fuhr Cicero fort, »können wir nun, da Tribun Clodius von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht hat, nicht darüber abstimmen, ob es ein Verfahren geben wird. Der Tribun hat das Recht, über seine Gründe für diese Entscheidung zu schweigen, aber ich behaupte, dies ist nur ein Zeichen für seinen allseits berüchtigten Leichtsinn. Er läuft Gefahr, die Spaltung noch zu verstärken, die diesen Senat ohnehin schon großen Spannungen unterwirft.«
Clodius verschränkte die Arme, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und lächelte.
»Es ist wohlbekannt, dass Clodius ein Anhänger Caesars ist, und das erklärt sein Verhalten völlig. Man sollte den Tribun auch nicht dazu zwingen, seine Meinung zu ändern. Sobald wir uns nämlich auf diesen Pfad begeben, untergraben wir genau die Traditionen und Gesetze, mit deren Hilfe Rom so mächtig geworden ist. Trotzdem ist Caesar verpflichtet, uns davon zu überzeugen, dass auch er genau diese Regeln achtet. Deswegen schlage ich vor, dass wir uns auf den folgenden Kompromiss einigen.« Cicero legte eine Pause ein. »Letztes Jahr hat Senator Cato den Vorschlag gemacht, Caesar die Verantwortung dafür zu übertragen, die Überreste von Spartakus’ Armee zur Strecke zu bringen. Damals gab es keine Abstimmung, wegen der Unruhen, die jemand vor dem Senatshaus angezettelt hatte.« Hier warf er Clodius einen bedeutungsvollen Blick zu. »Zufällig hat mich heute die Nachricht von einem weiteren Überfall erreicht. Dieses Mal richtete er sich gegen ein Landgut bei Tifernum, das einem Mitglied dieser Versammlung, Senator Severus, gehört.« Er deutete auf einen behäbigen, kahlköpfigen Mann in der ersten Reihe.
»Das stimmt.« Severus zog ein grimmiges Gesicht. »Dieser Abschaum hat meine Villa niedergebrannt, meine Dienerschaft niedergemetzelt und alle meine Sklaven freigelassen. Es ist unerhört!«
»Wirklich.« Cicero nickte. »Diese Überfälle haben an Zahl und Umfang zugenommen. Die Rebellenbanden sind inzwischen eine große Gefahr für die Sicherheit unserer Landgüter und Villen zu beiden Seiten des Apennins. Ihr Anführer – ein Schurke namens Brixus – versucht, die Sklaven zu einem Heer unter seinem Befehl zu vereinen. Er behauptet sogar, dass der Sohn des Spartakus lebt und sich an die Spitze eines neuen Aufstands setzen wird. Das ist natürlich völliger Unsinn, aber die Narren, die Brixus folgen, glauben es gern.«
Marcus spürte ein eiskaltes Prickeln im Nacken. Er war Brixus seinerzeit in der Gladiatorenschule begegnet, als er dort seine erste Ausbildung erhalten hatte. Marcus hatte das Geheimnis des Brixus entdeckt: Der hatte nämlich zu Spartakus’ engstem Kreis von Vertrauten gehört. Brixus seinerseits hatte ein noch größeres Geheimnis gelüftet: Marcus war der Sohn des ehemaligen Sklavenanführers und damit ein Feind Roms. Obwohl sich Marcus freiwillig in Caesars Haushalt begeben hatte, in der Hoffnung, so seine Mutter finden zu können, lebte er dort in der ständigen Furcht, man würde herausfinden, wer er
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