Marcus Gladiator - Aufstand in Rom (German Edition)
Bündnisse zwischen Männern geschlossen werden. Das handeln die Männer unter sich aus. Nun, es geht uns nicht besser als den Sklaven, wenn man es genau bedenkt.«
Marcus konnte seine Überraschung nicht verhehlen. Er hatte gesehen, wie die Sklaven lebten, wie sie geschlagen, misshandelt und wie Gegenstände behandelt wurden. Die Zustände, in denen sie lebten, waren völlig anders als die luxuriösen Lebensumstände der vornehmsten Familien von Rom. Und doch hatte Portia auch ein wenig recht. Trotz allem Luxus hatte sie nicht mehr Einfluss auf ihr Leben als die Sklaven, die sie bedienten. Während andere Frauen vielleicht jemanden zum Ehemann wählen konnten, den sie liebten, hatte sie keine Wahl.
Plötzlich legte sie die Arme um ihn, lehnte sich an seine Schulter und begann wieder zu weinen. Er hob eine Hand, um ihr Haar zu streicheln. »Es wird alles gut, Portia«, murmelte er und war sich gar nicht sicher, was er weiter sagen sollte. Welche Worte würden ihr helfen? »Mit der Zeit wird alles besser. Du wirst schon sehen.«
Sie stieß ein leises, verzweifeltes Winseln aus. »Ich wünschte, ich könnte es meinem Onkel erzählen. Aber das kann ich nicht. Jetzt habe ich nur noch dich.«
Sie richtete sich auf und schaute ihn mit großen, rot unterlaufenen Augen an. Dann lehnte sie sich vor, küsste ihn zart auf die Lippen und schloss die Augen. Marcus wäre beinahe vor Schreck zurückgefahren, aber er stellte fest, dass ihm das Gefühl sehr angenehm war. Warme Zuneigung erfüllte sein Herz und es wurde ihm schwindelig.
Dann erstarrten seine Lippen vor Schock. Was tat er da? Was für eine törichte Sache war das? Wenn man sie sah, dann war er so gut wie tot. Und auch Portia wäre in Gefahr. Ihr Mann würde sie schlagen – und er hätte auch das Recht dazu. Marcus befreite sich und rückte eilig von Portia ab. Sie schaute ihn überrascht an.
»Marcus, was ist los?«
»Das ist nicht recht, Portia! Unrecht und gefährlich. Wir dürfen das nicht tun.«
»Aber du bist alles, was ich habe. Du bist alles, was mir jetzt noch lieb und teuer ist. Die letzte Verbindung zu den Dingen, wie sie einmal waren.«
»Ich weiß, dass es schwer ist. Aber ich kann nichts daran ändern. Und du auch nicht.«
»Marcus …«
Er hob abwehrend die Hand. »Bitte nicht! Es ist für uns beide zu gefährlich.« Er stand auf. »Ich muss gehen.«
»Bleib. Bitte.«
Aber Marcus wusste, dass er nicht bleiben durfte. Er ging zur Tür und hielt dort kurz inne. Er schaute zurück und sah ihre zutiefst verletzte Miene. Sein Herz drängte ihn, zu ihrzurückzukehren. Er sammelte sich, ehe er sprechen konnte. »Wir müssen vergessen, dass das je geschehen ist. Um unser beider willen. Selbst unsere Freundschaft ist schon riskant genug. Dies hier …« Er schüttelte den Kopf. »Dies hier ist so gut wie Selbstmord, Portia. Es darf nie wieder geschehen.« Marcus wandte sich ab und schritt durch die Säulenhalle, die den Garten säumte, zu den Sklavenunterkünften. Er biss die Zähne zusammen und wagte es nicht, sich noch einmal umzuschauen.
X
Während die schlammbespritzten Offiziere zur abendlichen Besprechung eintrafen, legte Marcus an einer Seite des Zeltes die Wachstäfelchen und einen Elfenbeinstift auf einem kleinen Tisch zurecht. Oben trommelte ein leichter Regen auf das Ziegenfell und in der Ferne konnte man gelegentlich Donnergrollen hören. Caesar hatte alle Tribune und höheren Zenturionen angefordert, die er für diesen Feldzug ausgewählt hatte. Die Tribune waren durchwegs junge Männer in Tuniken und Umhängen aus feinem Tuch, während die Zenturionen ein weitaus größeres Altersspektrum abdeckten. Die jüngsten waren Ende zwanzig, die ältesten hatten von Falten zerfurchte Gesichter und manche trugen die Narben aus vielen Feldzügen. Sie waren das Rückgrat der Legionen, zähe Soldaten, auf die man sich verlassen konnte, wenn sie Angriffe anführten und sich als Letzte zurückzogen.
Männer wie Titus, überlegte Marcus gedankenverloren.
»Kenne ich dich nicht?«
Marcus schaute sich um und sah einen muskulösen jungen Mann von höchstens Anfang zwanzig, der ihn anstarrte. Er hatte blondes, kurz geschnittenes Haar, das an den Schläfen bereits dünn wurde. Frühe Kahlköpfigkeit würde sein gutes Aussehen schon bald beeinträchtigen, überlegte Marcus. Er erkannte ihn sofort, obwohl ihr erstes und vorläufig letztes Zusammentreffen in Rom bereits Monate her war. Es war Quintus Pompeius, Portias Ehemann. Marcus hatte ihn schon
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