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Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Titel: Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wieninger
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den Nachteil, leer zu sein. In ihnen war nichts zu finden außer den Spuren schlampigen Abwaschens. Ich leerte seine Mehldose und den Abfallkübel über den Küchenboden aus, ich wühlte mich durch angefaulte Haferflocken, Marmelade und Zuckervorräte, ich blickte wieder einmal in seinen Kühlschrank, in seinen Herd, seine Geschirrlade und unter den Fleckerlteppich, aber in der Küche war absolut nichts.
    Im Abstellraum fand ich nichts außer einer Gummipuppe, ein wenig Einbruchswerkzeug, leeren Obstkisten und Rumflaschen, ein paar Mops und Besen. Ich schraubte jeden Stiel ab, wenn er abschraubbar war, und blätterte einen Stapel alter Fernsehzeitschriften durch. Darunter entdeckte ich auch zwei Fotoalben mit Bildern des jungen J. Nowak und einer Frau mit extrem auftoupierter Haartolle und in zerknitterten Baumwollkleidern. In Anbetracht dessen, daß er die Fotos im Besenkammerl aufbewahrte, wohl seine Ex.
    Nach dem Kochfiasko war ich mit dem Granada gerade noch zur nächsten Tankstelle gekommen und hatte von dort weiter zu Himbergers Gasthof gewollt. Statt dessen war der Wagen wie Don Quijotes Rosinante wieder einmal die Eisnerstraße hochgefahren. Mir war trotz knurrenden Magens klargeworden, daß ich J. Nowaks Tod nicht abzuwarten brauchte. Es kam nur darauf an, daß ich ihm genügend Angst eingejagt hatte.
    Im Bad, das schimmelig-dunkel und kaum zwei Quadratmeter klein war, schraubte ich den Sicherungskasten und das Putzloch unter der Duschtasse ab. Nichts. Nur der Geruch nach alter Seife und faulendem Wasser.
    Das WC roch wie ein Bahnhofspissoir, für das sich schon seit Jahren keine Klofrau mehr gefunden hatte. Ich zwang mich, den Deckel des Spülkastens abzuheben und das Gefäß, in dem die Klobürste steckte, umzudrehen. Nichts. Ebensowenig hinter dem Rahmen der fülligen Carmen im Wohnzimmer, aber dafür lag auf dem Fernseher völlig offen ein Zettel: „Heidenheimer Straße 34. Bluthund!“
    J. Nowak hatte mitgespielt. Ich steckte das Papier ein und schämte mich ein wenig, daß ich sein armseliges Leben, so wie es sich in seinem dinglichen Besitz widerspiegelte, so durcheinandergebracht hatte.

XL
    „Wie wär’s mit Handschellen zum Nachtisch?“ fragte Oberleutnant Gabloner, als er sich im Himbergerschen Gasthaus ungefragt an meinem Tisch niederließ wie die Titanic auf den Meeresgrund. Er trug einen fischgrünen Anzug und eine kanarigelbe Krawatte und den Gesichtsausdruck eines unter heftigem Protest kastrierten Katers.
    „Weswegen?“ fragte ich zurück und ließ mir die Einmachknödelsuppe weiter schmecken.
    „Zum Beispiel Ansammlung von Kriegsmaterial, unerlaubter Schußwaffenbesitz?“ Ein Polizist, der einen Tatbestand als elliptischen Fragesatz formuliert, hat keine Handschellen dabei, dachte ich.
    „Ansammlung? Wegen eines Sammlerstücks, der rostigen P 08 von Opa Miert? Haben Sie versucht, daraus einen Schuß abzufeuern? Wenn ja, dann befänden Sie sich jetzt im Krankenstand, weil Ihnen das Ding nämlich um die Ohren geflogen wäre.“ Nun wurde ich offiziös:
    „Übrigens, Wiedersehen macht Freude, die Waffe hat großen emotionalen Wert für mich.“
    „Einer meiner Beamten, der jetzt auf Urlaub ist, hat sie vorsorglich konfisziert“, antwortete der alte Polizist offiziell.
    „Ich will sie bloß wiederhaben.“
    „Wenn Sie einen Waffenschein lösen ...“
    Das Gasthaus Himberger glich einem Speisesaal für Raubritter, wie ihn sich das 19. Jahrhundert ausgemalt hatte: klobige Eiche, dunkel gegerbtes Schweinsleder, Gußeisen. Es war mein Stammlokal für ausgewachsene Fressereien, denn die Köchin war Waldviertlerin, und die Portionen waren so groß, daß ihnen nur Fernfahrer und Menschen meiner Statur gewachsen waren. Als guter Polizist hatte Gabloner meine Vorlieben eruiert und mich aufgestöbert wie eine Fliege den Dung.
    „Ich nehme an, daß Salek am Leben ist. Sonst wären die Handschellen wohl etwas mehr als ein schlechter Witz.“
    „Wird wohl so sein“, brummte Gabloner frustriert.
    „Sie haben bisher von diesem Fall nicht viel gehabt. Außer ein bißchen Spaß“, sagte ich so mitfühlend wie möglich, ohne einen Lachanfall zu bekommen. „Also habe ich diesmal einen Knochen mit viel Fleisch mitgebracht.“ Ich erzählte ihm von dem Fotostudio im Schrebergartenhaus 11, und Gabloner schrieb sogar mit.
    Der Kellner schlich heran, und ich bestellte Surbraten mit Kraut und Knödeln sowie Bier für Gabloner: „Der Herr mit der dezenten Krawatte zahlt übrigens auch für beide.“

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