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Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Titel: Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wieninger
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Keynes hinaus und zu Diogenes zurück. Wer einen Schrebergarten hat, dem kann man einen Traum, eine Illusion für bare Münze verkaufen.
    „Ich biete dir etwas Unvergleichliches für die kleine Recherche und für eine Nacht in deiner Schrebergartenhütte.“
    „Für Lebensversicherungen muß man auch regelmäßig Prämien bezahlen. Vergiß deinen Kontostand nicht, Miert.“
    „Ich biete dir Magie, die reine Magie und die Lust der Erinnerung … Erinnere dich: Es war so heiß, daß wir mit dem Kölnischwasser unserer Mütter geduscht haben, drei Hundstage im Juni, du hast während dieser drei Tage deine Augen nicht mehr geschlossen, du hast nicht mehr geredet, nicht mehr gegessen, nicht mehr getrunken als eine Flasche Wodka täglich - das Mädchen ist aber kurz darauf durchgefallen, hat die Schule gewechselt, und du hast zwei Flaschen Essig ausgebuchst, um dich umzubringen.“
    „Ergebnis: drei Tage Krankenhaus und drei Wochen Heiserkeit“, lachte Bausch. „Das Mädel war perdu. Ich habe nie mehr etwas von ihr gehört.“
    „Ich aber weiß, wie sie heißt und wo sie arbeitet.“
    „Ich weiß nicht, ob ich das ohne Herzschrittmacher durchstehen würde, aber ich bin nicht uninteressiert.“
    Stiller, ein anderer unserer Klassenkameraden, gab sich schon seit Jahren als ungarischer Pornofilmproduzent aus und kassierte für angebliche Probeaufnahmen, die er mit leerer Filmspule drehte, immer wieder beachtliche Summen von unbedarften Provinzlern. Ich hatte regelmäßig von seinen Verhaftungen gelesen.
    Unser ganzer Jahrgang war verrückt.

XXXIV
    Kein Harlander Polizist, der noch etwas Karriere machen wollte, würde je eine Limousine ab einer bestimmten Hubraumklasse im Zuge einer Verkehrskontrolle oder selbst einer Fahndung anhalten. Ich wußte schon lange nicht mehr, woran ich mit Gabloner war, und so genoß ich die Fahrt in Bauschs Karosse, die der höchsten Hubraumklasse angehörte.
    „In der Werkzeugkiste sind ein paar Dosen Bier, Zwieback, Konserven. Falls du einen Sandler in der Anlage siehst, erschlag ihn.“
    Ich hätte gerne drauflosgelacht, aber manche Leute meinen doch tatsächlich, was sie sagen. Auch Bausch hatte sich eigentlich schon immer ernstgenommen - in der Liebe wie im Geschäft.
    „Sie haben mir die Hütte schon zweimal aufgebrochen. Da ist der Schlüssel, ich habe noch einen Termin.“
    Bausch fuhr rücksichtslos wie ein LKW-Chauffeur auf den nördlichen Stadtrand zu. Stoppeläcker, Windbrüche, Kiesgruben, Lagerschuppen, Imbißstände in Wohnwägen. Neben vereinzelten Siedlungshäusern tauchten Ställe auf, kleine Glashäuser, hölzerne Verandas, Brunnen.
    „Der Wagen ist übrigens nur haftpflichtversichert. Wenn der Aschenbecher voll ist, kauf ich mir sowieso einen neuen.“
    „Du hast keine Angst wie deine Kunden?“
    „Ich bin zu dumm, um Angst zu haben.“
    Die Schrebergartenanlage lag wie von der Erde verschluckt in einer Mulde, und ich sah sie nicht, bis wir schon vor dem Haupttor standen. Bausch drückte mir noch ein Handy in die Hand und lud mich dann ab wie einen Sack Zement.
    „See you, Holmes.“
    Das Vorhängeschloß am Haupttor war mit einem Hammer aufgeschlagen worden. Ich brauchte den Schlüssel zu der Anlage mit rund vierzig Häusern, wovon manche kleinen Bungalows glichen, die meisten aber einfache, geteerte Holzhütten mit Schindeldach und ohne Keller waren, nicht zu benutzen. Die Gartenzwerge standen inmitten der abgestorbenen, gelbbraunen Vegetation verlassen Posten wie Medea. Die meisten Hütten hatten eingewinterte, verplankte Fensteraugen.
    Bauschs Häuschen lag im hinteren Teil, und das Vorhängeschloß war angerostet, aber unbeschädigt. Auch drinnen war alles so, wie er gesagt hatte: Das hier war meine äußerste Zuflucht, das hier war das Ende der Welt.
    Fettgelber Schnee begann plötzlich zu fallen, als ich das letzte Streichholz umsonst verbraucht hatte, um Bauschs Campingofen in Gang zu bringen. Der Himmel hatte sich wie ein erschrecktes Krötenmaul geöffnet und spuckte nun Tonnen von gefrorenem Wasser in die schwefeligen Industrieabgase Harlands.
    Das hölzerne Schrebergartenhäuschen war vollgerammelt mit rostigen Rechen, Schaufeln, Krampen, zwei Rasenmähern, einem Wasserfaß, einer Kiste und drei ausrangierten Gartenzwergen. Alle drei grinsten hämisch, als ich mit den letzten Zündern patzte.
    Auf einem Campingbett, das meinem Kampfgewicht vielleicht nicht standhalten würde, lagen Arbeitskleidung und ein neckischer Strohhut. Die Wasserleitung war

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