Margaret Mitchell
aus dem Ohr lösten,
halfen einander, das Schloß der Halsketten zu öffnen, nahmen sich die Broschen
vom Busen. Fortwährend erklang der helle Laut, mit dem Metall gegen Metall
schlägt. Dazwischen rief es durcheinander: »Warten Sie ... einen Augenblick!
So, jetzt ist es los!« Maybelle Merriwether zog die hübschen
Zwillingsarmbänder, die sie über und unter dem Ellbogen trug, ab; Fanny Elsing
rief: »Ma, darf ich?« und löste den Perlenschmuck mit seiner schweren
Goldfassung, der seit Generationen in der Familie war, aus ihren Locken. Bei
jeder Gabe erhob sich neues Händeklatschen und Beifallsgeschrei.
Der grinsende
kleine Mann kam jetzt mit dem Korb auf Scarletts Bude zu, an Rhett Butler
vorbei, der ein schönes goldenes Zigarettenetui achtlos hineinwarf. Als er vor
Scarlett den Korb auf den Auslagentisch hinstellte, schüttelte sie den Kopf und
breitete beide Hände aus, um zu zeigen, daß sie keinen Schmuck zu geben hätte.
Da fiel ihr der helle Schimmer ihres breiten goldenen Eheringes ins Auge.
Während eines verworrenen Augenblicks suchte sie sich im Geiste Charles'
Gesicht, als er ihr den Ring an den Finger steckte, zu vergegenwärtigen. Aber
die Erinnerung ward durch die Gereiztheit, die jeder Gedanke an ihn in ihr
wachrief, ausgelöscht. Mit raschem Griff wollte sie den Ring abziehen, aber er
saß fest. Der Zuave ging weiter zu Melanie.
»Halt!«
rief Scarlett. »Ich habe etwas für Sie!« Der Ring glitt vom Finger, und als sie
die Hand hob, um ihn auf all die Schmucksachen in den Korb zu werfen, begegnete
sie Rhett Butlers Blicken. Seine Lippen waren zu einem winzigen Lächeln
verzogen. Trotzig warf sie den Ring in den Korb.
»Oh,
Liebste!« flüsterte Melly und packte sie am Arm, und die Augen funkelten ihr
vor Liebe und Stolz. »Ach, du tapferes Mädchen! Halt! Bitte warten Sie,
Leutnant Picard, ich habe noch etwas für Sie!«
Sie zog an
ihrem eigenen Trauring, von dem Scarlett wußte, daß er ihr nie vom Finger
gekommen war, seitdem Ashley ihn daraufgesteckt hatte. Scarlett wußte wie
niemand sonst, was dieser Ring ihr bedeutete. Er ließ sich nur mit
Schwierigkeit abziehen, und einen kurzen Augenblick umschloß die kleine Hand ihn
fest. Dann legte sie ihn sanft in den Korb. Beide Mädchen schauten dem Zuaven
nach, der zu den älteren Damen hinüberging, Scarlett trotzig, Melanie mit einem
unbeschreiblichen Blick, der tiefer zu Herzen ging als alle Tränen; und der
Mann, der neben ihnen stand, ließ sich nichts von dem entgehen, was auf den
beiden Gesichtern zu lesen war.
»Wärest du
nicht so tapfer gewesen, ich hätte mich nie dazu entschließen können!« Melly
legte den Arm um Scarletts Taille und drückte sie an sich. Einen Augenblick lang
hatte Scarlett den Wunsch, sie abzuschütteln und einen kräftigen Fluch
auszustoßen, wie Gerald tat, wenn er sich ärgerte. Aber sie sah Rhett Butlers
Blick auf sich gerichtet, und es gelang ihr, sich zu beherrschen. Es war ihr
verhaßt, wie Melly ihr immer Empfindungen unterschob, die sie gar nicht
verspürte ... aber vielleicht doch besser so, als wenn sie die Wahrheit ahnte!
»Welch
schöne Geste!« sagte Rhett Butler. »Solch ein Opfer wie das Ihre macht unseren
braven grauen Jungens wieder Mut.«
Eine
hitzige Erwiderung drängte sich ihr auf die Lippen, aber sie hielt sie zurück.
Mit jedem Wort, das er sprach, machte er sich über sie lustig. Er war ihr von
ganzem Herzen zuwider. Aber dennoch, er hatte etwas Anfeuerndes, Lebendiges,
Elektrisierendes. Ihr irisches Naturell bäumte sich gegen die Herausforderung
seiner schwarzen Augen auf. Sie beschloß, den Kampf mit diesem Mann
aufzunehmen. Daß er ihr Geheimnis kannte, gab ihm einen Vorteil, der sie zur
Raserei brachte. Aber die Versuchung, ihm ihre Empörung ins Gesicht zu sagen,
überwand sie. Mit Zucker fängt man mehr Fliegen als mit Essig, pflegte Mammy zu
sagen, und diese Fliege wollte sie fangen! Nie wieder durfte sie ihm auf Gnade
und Ungnade ausgeliefert sein.
»Vielen
Dank«, sagte sie liebenswürdig und überhörte geflissentlich seinen Hohn. »Ein
solches Kompliment von einem so berühmten Mann wie Kapitän Butler wissen wir zu
schätzen.«
Er warf
den Kopf zurück und lachte laut auf - kläffte, wie Scarlett zornerfüllt fand,
während sie fühlte, daß sie wieder rot wurde.
»Warum
sagen Sie nicht, was Sie meinen?« fragte er so leise, daß in dem Lärm
ringsumher nur sie es hören konnte. »Warum sagen Sie nicht, ich sei ein
verdammter Schuft und
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