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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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zischte ihr
in überaus glaubwürdiger Nachahmung eines Bühnenschurken die Worte zu: »Fürchte
nichts, schöne Dame, dein sündiges Geheimnis ist bei mir sicher.«
    »Wie können
Sie nur so etwas sagen?« flüsterte sie fiebernd.
    »Ich
wollte nur Ihr Gemüt erleichtern, was hätte ich sonst sagen sollen? Vielleicht:
>Sei mein, schönes Weib, oder ich bringe alles an den Tagbegegnete ihr Blick dem seinen, und sie sah den Schalk darin wie bei einem
kleinen Jungen. Da lachte sie plötzlich auf. Schließlich war es doch eine gar
zu alberne Situation. Er lachte auch, so laut, daß mehrere Chaperons aus der
Ecke herüberschauten. Als sie bemerkten, wie gut die Witwe Charles Hamiltons
sich mit einem Fremden unterhielt, steckten sie die Köpfe mißbilligend
zusammen.
    In diesem
Augenblick erscholl ein Trommelwirbel. Viele Stimmen zischten, Ruhe heischend,
als Dr. Meade auf das Podium trat und mit erhobenem Arm um Gehör ersuchte.
    »Wir sind
den liebenswürdigen Damen den größten Dank dafür schuldig«, hub er an, »daß
ihre unermüdliche Arbeit für das Vaterland diese Veranstaltung nicht nur zu
einem finanziellen Erfolg gemacht, sondern obendrein diese unwirtliche Halle in
einen festlichen Garten verwandelt hat, in den die reizenden Rosenknospen, die
ich hier um mich sehe, so recht hineinpassen.«
    Alles
klatschte Beifall.
    »Die Damen
haben ihr Bestes an Zeit und Mühe hergegeben, und alle die schönen Dinge in
diesen Buden sind doppelt schön, weil die feinen Hände unserer reizenden Frauen
aus dem Süden sie verfertigt haben.«
    Die
Beifallsrufe wurden lauter, aber Rhett Butler, der sich lässig neben Scarlett
über die Auslage lehnte, flüsterte ihr ins Ohr: »Pathetischer Ziegenbock!«
Erschrocken über diese Majestätsbeleidigung - Dr. Meade war doch Atlantas
beliebtester Bürger starrte sie ihn an. Aber tatsächlich sah der Doktor mit
seinem grauen Kinnbart, der heftig hin und her wackelte, wie ein Ziegenbock
aus, und nur mit Mühe unterdrückte Scarlett ein Kichern.
    »Aber das
ist noch nicht alles. Die guten Damen des Lazarettkomitees, deren kühle Hände
mancher Leidensstirn so wohlgetan und manchen Braven, der sein Blut für die
gute Sache vergossen hat, dem Rachen des Todes entrissen haben, kennen unsere
Bedürfnisse. Ich will sie nicht aufzählen. Wir brauchen mehr Geld, um Arzneien
aus England zu kaufen, und in unserem Kreise befindet sich heute abend der
verwegene Kapitän, der schon ein Jahr lang immer wieder die Blockade
durchbrochen hat und es auch künftig tun wird, um uns die notwendigen Arzneien
zu verschaffen: Kapitän Rhett Butler!«
    Das kam
unerwartet. Der Blockadebrecher machte eine anmutige Verbeugung - allzu
anmutig, fand Scarlett und versuchte zu deuten, was er damit ausdrücken wollte.
Fast schien es ihr, als übertreibe er seine Höflichkeit, weil seine Verachtung
für alle Anwesenden so über alle Maßen groß war. Ein Beifallssturm brach aus,
und die Damen in der Ecke reckten die Hälse. Das also war der Mann, mit dem
sich die Witwe des armen Charles Hamilton amüsierte, und Charlie war doch erst
ein Jahr tot.
    »Wir
brauchen mehr Gold, und ich bitte Sie darum«, fuhr der Doktor fort. »Ich bitte
Sie um ein Opfer, ein kleines Opfer, lächerlich klein im Vergleich zu den
Opfern, die unsere tapferen Grauen uns bringen. Meine Damen, ich brauche Ihren
Schmuck. Ich? Nein, die Konföderierten Staaten bitten darum, und ich weiß, da
wird niemand zurückhalten. Wie schön glitzert ein Geschmeide an einem
lieblichen Handgelenk, wie herrlich glänzt eine goldene Brosche am Busen
unserer patriotischen Frauen! Aber wieviel herrlicher als alles Gold, als alle
Edelsteine ist doch das Opfer auf dem Altar des Vaterlandes! Das Gold wird
eingeschmolzen, die Steine werden verkauft, und für das Geld werden Arzneien
und anderer Lazarettbedarf beschafft. Meine Damen, zwei unserer tapferen
Verwundeten werden jetzt mit einem Korb unter Ihnen die Runde machen ...« Das
Ende der Rede ging im Sturm und Tumult des Händeklatschens und der Zurufe
unter.
    Scarletts
erster Gedanke war inniger Dank dafür, daß die Trauer ihr verbot, Großmama
Robillards kostbare Ohrringe und schwere goldene Kette zu tragen oder ihre in
schwarzem Email eingefaßten goldenen Armbänder und die Granatbrosche. Der
kleine Zuave ging mit einem Spankorb am unverwundeten Arm langsam durch die
Menge, und alte und junge Frauen zogen in lachendem Eifer ihren Schmuck ab,
schrien vor gespieltem Schmerz auf, wenn sie die Ringe

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