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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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kein Gentleman, und ich sollte machen, daß ich fortkäme,
sonst würden Sie einen der tapferen grauen Jungens bitten, mich zu fordern?«
    Eine
patzige Antwort lag ihr schon auf der Zunge, aber sie bezwang sich und brachte
liebenswürdig heraus: »Aber Kapitän Butler, wo denken Sie hin? Als wüßte nicht
jeder, wie berühmt und wie tapfer Sie sind und was für ein ... was für ein ...«
    »Ich bin
von Ihnen enttäuscht«, sagte er.
    »Enttäuscht?«
    »Ja. Bei
unserem ersten, so ereignisreichen Zusammentreffen dachte ich bei mir selbst,
ich hätte endlich ein Mädchen getroffen, das nicht nur schön, sondern auch
mutig ist. Nun aber sehe ich, daß Sie nur schön sind.«
    »Soll das
etwa heißen, daß ich ein Feigling bin?«
    »Allerdings.
Sie haben nicht den Mut, zu sagen, was Sie meinen. Als ich Ihnen zuerst
begegnete, dachte ich: da ist unter Millionen endlich ein Mädchen einmal nicht
wie die andern Gänse, die alles glauben und nachplappern, was Mama ihnen sagt,
einerlei, was sie dabei empfinden, die alle ihre Gefühle unter einem Strom von
süßer Heuchelei verbergen; ich dachte, Miß O'Hara ist ein Mädchen von seltenem
Temperament, sie weiß, was sie will, und scheut sich nicht, es auszusprechen -
oder Vasen zu zerschmeißen. «
    »Dann«,
sagte sie mit aufbrechender Wut, »werde ich Ihnen auf der Stelle sagen, was ich
von Ihnen denke. Wenn Sie überhaupt eine Spur von Kinderstube hätten, dann
wären Sie nie hergekommen und hätten nie mit mir gesprochen, dann hätten Sie
gewußt, daß Sie mir aus den Augen zu bleiben haben. Aber Sie sind kein
Gentleman! Sie sind ein unerzogener Flegel! Sie meinen, weil Ihre verdammten kleinen
Boote schneller fahren als die der Yankees, hätten Sie ein Recht, tapfere
Männer und Frauen, die alles für die heilige Sache opfern, zu verhöhnen ... «
    »Halten
Sie ein!« bat er lachend. »Sie fingen ganz hübsch an und sagten, was Sie
dachten, aber nun kommen Sie mir wieder mit der heiligen Sache. Ich mag nichts
mehr davon hören, und ich wette, Sie auch nicht.«
    »Was,
wieso ... roher ...« stammelte sie ratlos. Er hatte sie aus dem Gleichgewicht
gebracht, und schon kochte sie wieder vor Zorn, daß er sie so durchschaute.
    »Ich stand
dort in der Tür, ehe Sie mich sahen, und beobachtete Sie«, sagte er. »Ich
beobachtete auch die anderen Mädchen. Die sahen alle aus, als wären ihre
Gesichter aus einer einzigen Form gegossen. Nur Ihres nicht. In Ihrem Gesicht
ist leicht zu lesen. Ihr Gesicht war nicht bei der heiligen Sache, sondern es
war voll davon, daß Sie tanzen und sich amüsieren wollten und nicht durften.
Sagen Sie mir die Wahrheit, habe ich recht?«
    »Ich habe
Ihnen nichts mehr zu sagen, Kapitän Butler«, sagte sie so förmlich, wie sie nur
konnte, und raffte notdürftig die Reste ihrer Würde zusammen. »Wenn Sie sich
etwas darauf einbilden, der große Blockadebrecher zu sein, so gibt Ihnen das
noch lange kein Recht, eine Frau zu beschimpfen.«
    »Der große
Blockadebrecher! Das ist ein Witz! Bitte, schenken Sie mir noch einen
Augenblick Gehör, ehe Sie mich in die Finsternis hinabstoßen. Eine so reizende
kleine Patriotin soll nicht im Unklaren bleiben über das, was ich für die Sache
der Konföderierten tue.«
    »Es liegt
mir nichts daran, von Ihrem Heldentum zu hören!«
    »Bei mir
ist das Blockadebrechen kein Heldentum, sondern lediglich ein Geschäft. Ich
mache Geld damit. Wenn das nicht mehr geht, nehme ich meinen Abschied. Was
halten Sie nun davon?«
    »Ich halte
Sie für einen ganz gewöhnlichen Dollarjäger, genau wie die Yankees.«
    »Genauso!«
grinste er. »Die Yankees helfen mir beim Dollarjagen. Vor einem Monat bin ich
mit meinem Boot schnurstracks in den Hafen von New York gefahren und habe eine
Ladung an Bord genommen.«
    Wider
ihren Willen horchte Scarlett auf. »Wie, und die Yankees haben Sie nicht in
Grund und Boden geschossen?«
    »Sie
Unschuldsengel, die Yankees dachten gar nicht daran. Es gibt eine Menge
wackerer Patrioten in der Union, die gar nicht abgeneigt sind, den
Konföderierten Waren zu verkaufen und dabei zu Geld zu kommen. Ich laufe New
York an, kaufe bei einer Firma alles Nötige zusammen und bin wieder
verschwunden. Wird mir dort der Boden zu heiß, so fahre ich nach Nassau, wohin
die gleichen Patrioten der Union mir Pulver, Kanonenkugeln und Reifröcke
bringen. Das ist bequemer, als nach England zu fahren. Manchmal ist es nicht
ganz einfach, in Charleston oder Wilmington damit durchzukommen, aber Sie haben
keine Ahnung, was ein

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